Todeskleid: Thriller (German Edition)
ausgehalten.
Nun saßen sie hinten im Streifenwagen und fuhren zu Graysons Haus. Sein Arm lag noch immer um ihre Schulter. Sie hob eine bebende Hand zu dem dicken Pflaster auf seiner Stirn.
» Du hättest besser ins Krankenhaus fahren sollen«, murmelte sie.
»Ich wollte dich nicht allein lassen.« Er drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe, fest und entschlossen und verzweifelt, und sie wusste, was er empfand.
Bisher ist es nur um … um mich gegangen. Doch jetzt war auch er in Gefahr. Sie verbarg ihr Gesicht an seiner Brust, atmete seinen Duft, der sich mit dem des Brandes vermischt hatte. Er drückte sie fest an sich, und so blieben sie, bis der Wagen vor seinem Haus hielt.
Der Officer drehte sich zu ihnen um. »Ich komme mit und vergewissere mich, dass bei Ihnen alles in Ordnung ist.«
»Nicht nötig«, lehnte Grayson dankend ab. »Ich habe eine gute Alarmanlage, und sie hat einen großen Hund.«
»Ah, ein Rottweiler«, sagte der Beamte. »Er steht dort am Fenster. Hübsches Tier. Passen Sie auf sich auf.«
Im Haus war es still. Peabody stand wachsam im Flur, den Kopf gehoben, die Ohren gespitzt.
»Braver Hund«, sagte Paige, und der Rottweiler entspannte sich. Grayson schaltete die Alarmanlage aus und machte Licht. Das Wohnzimmer sah noch genauso aus, wie sie es zurückgelassen hatten. Sie trat an die Tür zum Arbeitszimmer. Alles schien an Ort und Stelle zu sein, auch die Fotos, darunter das eine, das einen kleinen Jungen und seine lächelnde Mutter zeigte.
Sie wandte sich um und sah, dass er sie beobachtete. »Ich dachte, ich könnte dich beschützen«, flüsterte er eindringlich.
»Das hast du auch.« Sie ging zu ihm. »Sogar mehrfach. Es ist lange her, dass jemand das für mich getan hat.«
»Es gibt vieles, was lange Zeit niemand mehr für dich getan hat. Mit dir«, sagte er mit rauher Stimme und ließ die Augen über ihren Körper wandern.
Ihr stockte der Atem. Ihr Herz fing an, so rasend schnell zu hämmern wie das eines Kolibris, ihr Kopf war wie leergefegt. Wie am Abend zuvor, strich er ihr mit dem Daumen über die Lippen, ein Versprechen auf einen Kuss, und sie verspürte ein Prickeln, als sie sich an den Kuss vor dem Restaurant erinnerte, bevor seine Mutter sie unterbrochen hatte.
Jetzt konnte sie niemand unterbrechen. Der Gedanke war verlockend. Verführerisch.
Plötzlich schnippte Grayson mit den Fingern, um Peabody auf sich aufmerksam zu machen, der knisternde Moment war vorüber.
»Nein!«, sagte sie vehement. »Du gehst nicht mit ihm raus. Man könnte wieder auf dich schießen. Wer weiß, ob nicht immer noch jemand versucht, dich umzubringen!«
»Ich gehe nicht durch die Haustür. Ich habe nach hinten raus einen Garten, er ist eingezäunt. Da ist nicht viel Platz, aber im Moment muss es reichen.«
Er ging um sie herum Richtung Küche, und sie folgte ihm mit Peabody.
Und blieb auf einmal wie angenagelt stehen. »Grayson«, stieß sie entsetzt hervor.
Er blieb im Türrahmen stehen, ohne sich umzudrehen. »Schon gut«, sagte er. »Mit mir ist nichts.«
Mit hastigen Schritten war sie bei ihm, streckte die Hände nach ihm aus und zog sie in letzter Sekunde zurück. »Aber dein Rücken.« Erschrocken starrte sie ihn an. »Da sind Brandlöcher. In deinem Mantel. Brandlöcher!« Große, schartige Löcher mit verkohlten Rändern. »Du hast gesagt, du bist nicht getroffen worden, als wir die Böschung hinuntergerollt sind. Du hast Brandwunden!«
»Es ist nichts«, wiederholte er. »Ich hatte …«
Doch sie hörte schon nicht mehr zu, sondern packte den Mantel und streifte ihn ihm von den Schultern. Die Löcher hatten sich durch die Anzugjacke gebrannt. Mit zitternden Händen nestelte sie an seinen Hemdknöpfen.
»Du hättest ins Krankenhaus fahren müssen. Warum bist du denn nicht mitgefahren?«, fragte sie mit tränenerstickter Stimme.
Er nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. »Paige, es geht mir gut. »Ich habe Kevlar getragen.«
Sie stieß schaudernd den Atem aus. »Kevlar? Aber … wieso?«
»Manchmal drohen mir Angehörige von Angeklagten, also habe ich mir irgendwann eine Weste besorgt. Ich habe sie übergezogen, als ich vorhin nach Hause gefahren bin, um Peabody rauszulassen. Als du mit meiner Mutter im Restaurant warst. Es erschien mir … klug. Joseph besorgt dir auch eine.«
Sie blinzelte und sah zu ihm auf. »Kevlar …«, wiederholte sie tonlos. »Wo ist die Weste?«
»Ich habe sie ausgezogen, als die Sanitäter nach mir gesehen haben. Die
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