Todeskleid: Thriller (German Edition)
dir ist?«
»Genau«, antwortete sie und sah zu dem großen, dunklen Mann hinüber, der sie eingehend beobachtete.
»Ruf mich morgen früh an«, sagte Grayson. »Es gibt ein paar Dinge, die ich dir mitteilen muss.«
»Den Fall betreffend?«
»Ja und nein. Ich habe dir ja gesagt, dass Anderson über Muñoz Bescheid wusste. Nun, er weiß auch Dinge über mich. Persönliche Dinge, die er gegen mich verwenden will, sollte ich den Fall nicht auf sich beruhen lassen.«
Stevies Puls beschleunigte sich. »Und heute Nacht macht es plötzlich bumm! «
»Richtig. Ich erzähl es dir, wenn wir allein sind. Sieh zu, dass du auch ein bisschen zur Ruhe kommst. Mir geht’s bestens.«
Sie runzelte die Stirn, als er auflegte, dann wandte sie sich an Clay. »Paige geht’s gut.«
»So weit war ich auch schon.« Er betrachtete sie einen Moment lang. »Wie geht es Ihrer kleinen Tochter?«
Sie blinzelte, überrascht von der Frage. »Gut. Danke.«
»Ich habe das Foto noch, das Sie mit der Weihnachtskarte geschickt haben. Danke.«
»Ich war mir nicht sicher, ob ich es wirklich schicken sollte. Ich wollte nicht, dass Sie auf falsche Gedanken kommen.«
Er zog die Brauen hoch. »Auf was für Gedanken?«
»Dass ich … mich aufdrängen möchte.«
»Hm. Ich verstehe.«
»Nein«, sagte Stevie traurig. »Ich glaube nicht.«
»Sie sind Witwe. Ihr Mann wurde ermordet.« Er zuckte die Achseln, als sie ihn wortlos anstarrte. »Ich habe recherchiert. Auch ich war neugierig.«
Sie hätte ihre Neugier leugnen können, aber er würde mit Sicherheit merken, dass sie log. »Ich bin alleinerziehend und habe einen Beruf, der mir schon jetzt zu wenig Zeit für meine Tochter lässt.«
Er unterbrach den Augenkontakt nicht. »Sie haben mir damals gesagt, Sie würden eines Tages vielleicht meine Hilfe einfordern. Falls Sie einmal Informationen brauchten, an die man durch konventionelle Methoden nicht kommt.«
»Oder durch legale«, ergänzte sie.
»Gehupft wie gesprungen. Bislang haben Sie das nicht getan.«
»Ich stand schon öfter kurz davor«, sagte sie. »Mehrmals sogar.«
»Aber?«
Sie blickte zur Seite. »Ich weiß nicht.«
»Das Angebot steht noch«, sagte er. »Keinerlei Verpflichtungen. Keine Erwartungen.«
Sie begegnete seinem Blick. Traf eine Entscheidung, von der sie hoffte, dass sie sie nicht bereuen würde. »Danke. Ich denke, diesmal könnte ich das Angebot annehmen.«
»Für diesen Fall? Korrupte Cops?«
»Und vielleicht auch Staatsanwälte. Graysons Chef zum Beispiel. Er wusste, dass Muñoz nur ein Sündenbock war.«
»Soll ich mir diesen Chef mal genauer ansehen? Ganz diskret?«
Sie nickte. »Er heißt Charlie Anderson. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er aus reiner Herzensgüte beim Fall Muñoz weggesehen hat. Irgendwo muss Geld im Spiel gewesen sein.«
»Ich könnte seine Finanzen unter die Lupe nehmen.«
Sie zögerte, denn sie wusste sehr gut, um was sie ihn da bat. Aber dann sah sie vor ihrem geistigen Auge Graysons qualmenden Wagen, und ihre Zweifel verschwanden. »Ja, bitte. Aber niemand darf etwas davon wissen. Nicht einmal Grayson oder Paige.«
»Und wieso nicht?«, fragte Clay.
»Weil Grayson mich davon abhalten würde. Wir haben keine richterliche Verfügung, und Grayson ist ein Idealist. ›Frucht des verbotenen Baumes‹ nennt er so etwas gerne.«
»Fast in die Luft gejagt zu werden ändert die eigene Einstellung nicht selten radikal.«
Sie stieß den Atem aus. »Wohl wahr. Behalten Sie es bitte dennoch für sich. Versprechen Sie mir das?«
Er nickte. »Niemand erfährt etwas. Ich melde mich, wenn ich etwas finde.«
»Danke.« Sie ging zur Tür. »Haben Sie meine Handynummer noch?«
»Ja«, sagte er, ohne zu zögern.
»Gut, dann rufen Sie mich an.« Sie wandte sich zum Gehen und wollte schon in den Flur hinaustreten, als er plötzlich auf sie zukam und die Tür behutsam wieder zudrückte.
»Ich habe Ihnen niemals gedankt«, sagte er ruhig. »Dafür, dass Sie Nickis Mörder gefasst haben. Dadurch konnte die Familie ihren Tod endlich verarbeiten, und dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.«
Sie sah zu ihm auf. Er war so nah, viel zu nah. Und ihr Herz hämmerte viel zu heftig. »Das war mein Job. Schlafen Sie jetzt etwas, Mr. Maynard. Ihre Partnerin ist im Augenblick in Sicherheit.«
Ohne ein weiteres Wort öffnete er die Tür. Erst unten in der Lobby wagte Stevie es, die Hand auf ihr wild jagendes Herz zu pressen.
Donnerstag, 7. April, 7.15 Uhr
Das Schrillen des Telefons riss Grayson aus
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