Todeskleid: Thriller (German Edition)
förderte zwei Handys zutage. Das eine war ein schlichtes Modell, das andere ein Smartphone. Hyatt klappte das schlichte auf. »In der Liste steht Ihre alte Handynummer, Grayson. Datum von gestern.«
»Der Warnanruf«, sagte Grayson. »Kurz bevor die Bombe hochging.«
»Auf dem anderen Handy ist ein Anruf von einer ›Unbekannt‹-Nummer um elf Uhr zweiunddreißig heute Vormittag.«
»Zweieinhalb Stunden bevor er auf J. D. Fitzpatrick geschossen hat«, stellte Paige fest.
»Und damit im Zeitfenster, das uns der Rechtsmediziner in Toronto für den Angriff auf Rose angegeben hat«, fügte Hyatt hinzu. »Das dürfte wohl der Anruf der Person sein, die Violet entführt und von Silas verlangt hat, Sie zu erschießen.« Er blickte aufs Display und atmete leise aus. »Ein Bild von Rose. Sie sieht aus, als sei sie tot.« Wieder blickte er auf Dandridge hinab. In seinem Blick lag eine Mischung aus Wut und Mitleid. »Bei solch einem Anblick wären wohl viele Menschen durchgedreht.«
Ein heiserer Schrei an der Tür ließ alle Köpfe herumfahren. Dort stand Izzy, die Hand auf den Mund gepresst, die Augen schreckgeweitet. »O mein Gott.«
Grayson legte ihr einen Arm um die Schultern und drehte sie so, dass er ihr die Sicht auf die Leiche versperrte. »Hat Stevie dir nicht gesagt, dass er tot ist?«
»Doch.« Izzy rang um Luft. »Aber ich habe noch nie einen Toten gesehen.«
Hyatt erhob sich. »Lassen Sie uns in die Küche gehen. Ich brauche Ihre Aussage.«
»In Ordnung«, gab Izzy bebend zurück. Auf dem Weg zur Küche kam sie an Paige vorbei. »Könnten Sie und Grayson nebenan nach Stevie sehen, bevor Sie gehen?«
»Machen wir«, versprach Paige. Sie hatte verstanden. Izzy hatte den Rucksack drüben bei ihrer Schwester gelassen.
Izzy nahm Paige fest in den Arm. »Danke«, flüsterte sie. »Sie und Grayson haben uns das Leben gerettet.«
»Danke für das Make-up«, sagte Paige. »Dann sind wir ja jetzt quitt.«
Izzy versuchte, ein Lachen zustande zu bringen, dann ging sie Richtung Küche. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Er hat behauptet, er müsse Sie beide bis Mitternacht töten.«
»Wann hat er das gesagt?«, wollte Hyatt wissen.
»Als wir darauf warteten, dass Stevie nach Hause kam. Eine Zeitlang redete er ziemlich unzusammenhängendes Zeug. Er sagte ständig was von Kirschen. Denen er alle Schuld gab. Für die er seine Seele verkauft hätte.«
»Nicht Kirschen. Seine Tochter hieß Cherri«, erklärte Grayson. »Sie starb bei Violets Geburt. Sie war ihre Mutter.«
Izzy blinzelte. »Ach so, jetzt verstehe ich. Außerdem hat er ziemlich viel geflucht. Und Grayson konnte er auch nicht besonders gut leiden. Schimpfte ihn einen ›verdammten Anwalt‹, den er umbringen wolle.« Sie warf Grayson einen gepeinigten Blick zu. »Er hatte nichts Schönes mit dir vor. Er war krank vor Wut.«
Paige, Grayson und Hyatt sahen einander an.
»Und sonst hat er nichts gesagt? Hat er meinen Namen genannt?«, hakte Grayson nach.
»Nein. Hat dich immer nur ›verdammter Anwalt‹ genannt.« Sie riss die Augen auf. »Moment. Er hat gar nicht dich gemeint, richtig? Das ergibt mehr Sinn, denn nachher hat er zu Stevie gesagt, wenn sie täte, was er von ihr verlangte, würde er dich rasch und schmerzlos töten.«
»Was sonst noch?«, drängte Hyatt.
»Dass es ihm leid täte und er uns nichts tun wollte.« Izzy schluckte. »Stevie hat ihn gefragt, ob er wirklich ihr Kind für seins opfern würde, und er hat ›Ohne mit der Wimper zu zucken‹ geantwortet. Da wusste Stevie, dass sie mit ihm nicht mehr reden konnte.«
»Also blieb ihr nichts anderes übrig, als durchzuhalten und auf uns zu warten«, sagte Grayson leise. »Arme Stevie.«
»Ja«, sagte Izzy. »Aber sie wusste wenigstens, dass ihr kommt, ich nicht.« Sie schloss die Augen. »Ich habe wirklich gedacht, er würde uns umbringen. Ich habe uns bereits tot gesehen. Wenn ihr nicht im richtigen Moment gekommen wäret … Wenn’s euch nichts ausmacht, setze ich mich jetzt lieber.«
Hyatt hielt ihr die Küchentür auf und sah zu, wie sie sich auf einen Stuhl fallen ließ, während ihr neue Tränen über die Wangen strömten.
»Wir suchen tatsächlich nach einem Anwalt«, erklärte Hyatt. »In der Hinsicht hat Anderson nicht gelogen. Irgendwo zieht ein Rechtsanwalt die Fäden, und er hatte Silas unter Kontrolle. Wenn wir von dem Kontobuch, das wir in Dandridges Safe gefunden haben, ausgehen, war Silas jahrelang sein Auftragsmörder. Haben Sie noch immer vor,
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