Todesküste
zimperlich. Vielleicht haben sie hinter vorgehaltener
Hand gedroht, Jethro Jackson sonst in Deutschland zu beerdigen«, sagte Lüder.
»Was mir persönlich immer noch besser gefällt, als auf
einem amerikanischen Friedhof verscharrt zu werden«, schloss Große Jäger das
Thema ab.
Sie kehrten ins Landeskriminalamt zurück. Während
Große Jäger noch vor der Tür blieb, um dort seiner Nikotinsucht zu frönen, rief
Lüder an seinem Schreibtisch die inzwischen eingegangenen Nachrichten ab.
Interessant war das Ergebnis des Druckers, den sie aus Holls Wohnung
mitgebracht hatten. Die Kriminaltechnik hatte das Druckbild des Geräts mit dem
anonymen Schreiben verglichen, mit dem Lüder auf den Namen des Husumer
Mordopfers hingewiesen worden war.
»Bekanntlich setzt sich das Druckbild aus lauter
kleinen Punkten zusammen«, schrieb der Kriminaltechniker, »die dadurch
entstehen, dass aus einer Vielzahl von Düsen die Tinte mit Druck auf das Papier
gespritzt wird. Das ist die heute gängige Methode. Dabei wird das Schriftbild
nicht durch den Drucker selbst, sondern durch den Druckkopf erzeugt, der
Bestandteil der Tintenpatrone ist. Wenn diese ausgetauscht wird, lässt sich nur
schwer nachweisen, dass es sich um dasselbe Gerät handelt. Im vorliegenden Fall
wurde aber dieselbe Patrone benutzt. Das war einwandfrei nachweisbar, weil
unter dem Mikroskop eindeutig erkennbar war, dass eine Düse in der unteren
Reihe nur unzureichende Funktion geliefert hat. Sie war teilweise verstopft. So
ergab sich ein mit bloßem Auge nicht erkennbares fehlerhaftes Schriftbild, das
bei allen Buchstaben gleichmäßig auftritt. Außerdem gibt es eine ebenfalls
nicht auf Anhieb sichtbare Asymmetrie im Blatteinzug. Der Vorschub zieht links
ein wenig kräftiger als rechts. Der Unterschied liegt in der vertretbaren
Toleranz von unter null Komma eins Millimeter, auf das DIN-A 4-Format bezogen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt
es sich bei dem untersuchten Drucker um das Gerät, auf dem die
Vergleichsdokumente erstellt wurden.«
Die Formulierung »mit hoher Wahrscheinlichkeit«
überraschte Lüder nicht. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter im LKA vermieden den Absolutheitsanspruch.
Holl war der Absender des Briefes. Und der Poststempel mit dem Briefzentrum
fünfundzwanzig, der Lüder zunächst irritiert hatte, war jetzt auch erklärbar.
Holl hatte dazu nur das kurze Stück durch den Wald in das benachbarte Quickborn
zurücklegen müssen, das den gleichen Poststempel wie Itzehoe, Heide, Husum oder
Sylt trug. Woher wusste der Mann von der Existenz Jethro Jacksons in Husum?
Lüder wurde in seinen Überlegungen durch Große Jäger unterbrochen.
»Das ist ja ‘nen Ding«, kommentierte der Oberkommissar
die neuen Erkenntnisse. »Wenn man weiter fabuliert, könnte man glauben, dass
Achim Holl an einer unsauberen Aktion beteiligt war, an der auch die Amerikaner
Jackson und Tahiro mitgemischt haben. Dann ist es verständlich, dass Holl
seinen Filius da heraushalten möchte. An den beiden Amis wird die zu erwartende
Rache vollzogen. Da hat es auch nicht geholfen, dass sie sich hier in
Schleswig-Holstein versteckt haben. Es ist gut denkbar, dass das mit
Unterstützung der Amerikaner erfolgte und Hunter über alles informiert ist.
Umso erstaunter muss der US -Geheimdienst
sein, wenn die Verfolger, von denen einer als Geist beschrieben wird, sie doch
aufgespürt hat. Und wenn die Bundeswehr mit dem KSK daran beteiligt war, möchte man es hier gern im Verborgenen belassen. Deshalb
die Zurückhaltung unserer Sicherheitsdienste bei den Anfragen und
Auskunftsersuchen. Potz Blitz! Da haben wir in ein Wespennest gestochen.«
Wie auf Bestellung klingelte das Telefon.
»Sie dürfen sich nicht beklagen, dass wir nicht
Langmut bewiesen haben«, meldete sich die Lüder inzwischen vertraute Stimme des
Erpressers. »Sie hatten hinreichend Zeit und Möglichkeiten, Ihre Haltung zu
überdenken. Doch Sie schnüffeln weiter in Angelegenheiten, die Sie nichts
angehen. Lüders! Das Maß ist voll. Heute wird die Annonce Ihres Sohnes ins Netz
gestellt. Wir fangen mit einem kleinen Werbefilm an. Ist es Ihnen recht, wenn
wir dazu Ihre Internetadresse und die private Telefonnummer veröffentlichen?
Übrigens …« Der Anrufer legte eine kleine Kunstpause ein. »Viele Grüße an Ihren
ungewaschenen Assistenten. Er hat seinen Hund hoffentlich in guter Erinnerung.
Da der Köter nicht umsonst Blödmann heißt, wird er die von uns spendierte Wurst
sicher mit Heißhunger
Weitere Kostenlose Bücher