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Todesküste

Todesküste

Titel: Todesküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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wüsste, dass er viel
Geld für hoch bezahlte Obergefreite ausgeben muss, die ihren Tag damit
verbringen, Zeitung zu lesen.«
    Lüder sah auf. »Moin, Friedhof. Wenn Beamte halb so
viel verdienen würden wie die unfertigen Kicker von Holstein Kiel, dann wäre
der Finanzminister schon lange pleite.«
    »Ich habe mich immer schon gewundert, woher das
Staatsdefizit kommt«, sagte der Bürobote lachend. » Du bist es. Bei den
Störchen verdienen die Spieler kein Geld«, verteidigte er dann seine Lieblingsmannschaft.
»Aber wenn endlich meine Erbtante in Amerika stirbt, dann spendiere ich
Holstein ein paar erstklassige Spieler.«
    »Hast du eine Erbtante?« Lüder senkte die Stimme.
»Wenn du mir etwas abgibst, verrate ich dir ein paar Tricks, wie du sie um die
Ecke bringen kannst, ohne dass es auffällt.«
    »Na schön. Du kriegst einen Hunderter ab. Aber erst
einmal muss überhaupt jemand entdecken, dass ich eine Tante in Amerika habe.«
Friedjof legte den Poststapel auf die Schreibtischkante. »Und wenn es mit der
Erbschaft nicht klappt, kriege ich von Margit zumindest ein großes Eis
spendiert, wenn ich ihr verrate, dass du eine Freundin hast.«
    »Wie kommst du darauf?« Lüder lachte. »Hast du mich
erwischt?«
    »Das nicht. Aber sie schreibt dir heimlich
Liebesbriefe.« Friedjof tippte auf einen weißen Umschlag, der auf dem Stapel
obenauf lag. »Hier. Ohne Absender.« Dann drehte er sich um. »Ich muss jetzt
weiter.«
    »Wie weit kannst du zählen, Friedhof?«, rief ihm Lüder
hinterher.
    »Weshalb?«
    »Du kannst mir heute Nachmittag berichten, wie viele
andere Kollegen du noch mit der Zeitung auf dem Tisch erwischt hast.«
    »Mach ich«, sagte der Bürobote und verschwand auf dem
Flur.
    Lüder besah sich den Umschlag, ohne ihn zu berühren.
Es war nichts Auffälliges zu erkennen. Es war ein handelsüblicher weißer
Briefumschlag, fensterlos, ohne Absender. Die Adresse war mit einem gummierten
Aufkleber auf das Kuvert geklebt. Kripo Kiel. Landeskriminalamt. Herr Lüder. Es
fehlte das »s« von Lüders. Aufgegeben war der Brief am Vorabend. Nach der
Umorganisation der Post war leider nicht mehr der Aufgabeort, sondern nur noch
das Briefzentrum zu ersehen. »Briefzentrum fünfundzwanzig«, las Lüder. Das
begann an der hamburgischen Landesgrenze und reichte über die gesamte Westküste
bis zur Nordspitze von Sylt. In diesem Bereich hatten die beiden Morde
stattgefunden. Merseburger wohnte dort, und George Hunter hatte vorgegeben, in
dieser Region seinen Urlaub zu verbringen.
    Lüder suchte in seinem Schreibtisch nach
Einmalhandschuhen. Als er dort keine fand, zog er ein Paar aus seinem Sakko
hervor und streifte sie über. Vorsichtig fingerte er den Inhalt aus dem
Umschlag. Es war ein einfaches Blatt Papier im DIN-A 4-Format,
ohne Wasserzeichen und sonstigen erkennbaren Hinweis. Dieses Papier wurde an
jeder Ecke verkauft.
    Das Blatt war einseitig mit einem Tintenstrahldrucker
beschrieben. Natürlich fehlten Datum, Anrede und Unterschrift. Dafür war der
Inhalt umso aufschlussreicher:
    »Der Afroamerikaner, der in Husum ermordet wurde,
heißt Jethro Jackson und stammt aus Washington. Jethro war Corporal bei der
173. Luftlandebrigade.«
    Das war alles. Mehr umfasste das anonyme Schreiben
nicht.
    Lüder sah nachdenklich auf das Papier. Wer mochte
hinter dieser Mitteilung stecken? Und warum wurde die Nachricht anonym
zugestellt? Auf diese Fragen wusste er im Augenblick keine Antwort. Zunächst
rief er in der Spurensicherung an und bat, dass man das Schreiben bei ihm
abholen und analysieren sollte.
    Warum hatte ihm George Hunter am Vorabend unbedingt
versichern wollen, dass der unbekannte Tote kein US -Bürger war, und warum war er beharrlich der Frage
ausgewichen, ob er auch in den Datenbanken der Armee hatte nachforschen lassen?
Außerdem interessierte Lüder, wie der Amerikaner in den Besitz der
Fingerabdrücke und anderer Informationen gelangt war.
    Zunächst rief Lüder Frau Dobermann an.
    »Das ist wieder einmal typisch«, fauchte ihn die
Hauptkommissarin an, als er vom Gespräch und dem Brief berichtet hatte. »Wir
leisten an der Front die Kärrnerarbeit, und den Herren in Kiel fällt alles in
den Schoß.«
    »Ich entschuldige mich ergeben, dass der Absender mich
mit der Offenbarung bedacht hat, und schlage vor, dass Sie ihn fragen, warum er
die Nachricht nicht an Sie geschickt hat.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde war es still in der
Leitung, bevor Frauke Dobermann antwortete. »Wenn das eine besondere

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