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Todesküste

Todesküste

Titel: Todesküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Der
amerikanische Traum erfüllt sich für diese Menschen nicht. So sehen viele die
einzige Chance, diesem Elend zu entkommen, darin, zur Armee zu gehen und sich
dort durch herausragende Heldentaten auszuzeichnen. Verbunden mit dem
ausgeprägten Nationalstolz der Amerikaner ist das eine brisante Mischung, wenn
solche Menschen sich und anderen plötzlich etwas beweisen können. Wenn Sie viel
Pech haben, kommen die Jungs aus Slums, wo die Gewalt regiert, und haben bis
zum Eintritt in die Armee nichts anderes kennengelernt. Nicht umsonst ist
gerade Washington eine Hochburg der Gewalt. Wenn Sie sich ermorden lassen
wollen, haben Sie in der Bundeshauptstadt die größte statistische Chance.«
    »Wenn ich meiner Fantasie freien Lauf lasse«, sagte
Lüder, »wäre es denkbar, dass unser Mordopfer während seiner Militärzeit in
Afghanistan oder im Irak bei einem Einsatz übers Ziel hinausgeschossen und nun
einem Racheakt zum Opfer gefallen ist.«
    »Das wäre eine Möglichkeit. Eine andere könnte sein,
dass Ihr Schwarzer Kontakt zur Rauschgiftmafia bekommen hat. Afghanistan ist
einer der größten Produzenten weltweit. Wenn er da hineingeraten ist, könnte
man es ihm auch übel genommen haben. Die Leute sollen ja nicht spaßen. Aber das
ist nicht mein Gebiet, sondern Ihres. Prost.«
    Erneut tranken sie. Als Lüder sich leicht schüttelte,
lächelte der Professor verschmitzt.
    »Es gibt kaum eine Betätigung auf diesem Erdenrund, wo
Übung nicht den Meister macht.« Dann tippte er sich auf die Brust. »Und ich bin
nachweislich ein Meister.«
    Lüders Mobiltelefon klingelte ein weiteres Mal. »Was
ist denn, Jonas«, sagte er ärgerlich, weil er vermutete, dass sein Sohn am
Apparat war.
    »Ich hab es ausgerichtet«, sagte Jonas. »Aber die
blöde Tussi wollte mir nicht glauben. Ich soll nicht so einen Mist erzählen,
hat sie gesagt, als ich ihr erzählte, dass du besoffen an der Förde hockst.«
    »Jonas! Ich habe nicht gesagt, dass ich betrunken
bin.«
    »Das klingt aber so«, antwortete das Kind, und auch
Lüder bemerkte, dass seine Zunge schwer wurde und er in ein leichtes Lallen
verfallen war.
    »Wer hat angerufen?«
    »Na, die blöde Ziege aus Flensburg. Diese Hundefrau.«
    Auch das noch. Ausgerechnet mit Frauke Dobermann hatte
sich Jonas angelegt.
    »Ich komme bald«, sagte Lüder.
    »Schön. Dann vergiss aber die Blumen nicht. Mama ist
auch ganz schön sauer, dass du auf einer Sauftour bist.«
    Das kann ja heiter werden, befürchtete Lüder im
Stillen. Wie sollte er Margit verständlich machen, dass er einer Spur gefolgt
war und der anstrengende Einsatz zu seinen Ermittlungen gehörte?
    Sie wechselten das Thema und unterhielten sich über
verschiedene belanglose Dinge. Zwischendurch lästerten sie über die braven
Mitbürger, die immer noch an ihrer Parkbank vorbeizogen.
    Lüder hatte endgültig abgewunken, als Meister erneut
nachschenken wollte. Endlich hatte auch der Professor genug.
    »Ich muss langsam nach Hause«, sagte er. »Da wartet
noch Arbeit auf mich.«
    Für Lüder war es klar, dass er heute Abend
nicht mehr weiterarbeiten würde. »Wo steht Ihr Auto?«, fragte er.
    Professor Meister brach in ein schallendes Gelächter
aus, das die Aufmerksamkeit aller Spaziergänger weckte.
    »Das ist der gelungenste Scherz der Woche. Ich und ein
Auto? Glauben Sie wirklich, ich fahre? Weder heute noch sonst wann.«
    Als sie sich verabschiedeten, nahm der Professor wie
selbstverständlich die Flasche mit. Viel konnte sie nicht mehr enthalten. Und
Lüder war sich sicher, dass die Neige den Abend nicht überstehen würde. Er sah
Meister nach, der mit unsicherem Gang, als hätte ein Seemann nach stürmischer
Überfahrt wieder Land unter den Füßen, langsam auf der Kiellinie an den
Ministerien und dem Landtag vorbei Richtung Innenstadt wankte.
    Lüder rief sich ein Taxi herbei, ließ sich in die
Polster der Rückbank fallen und nannte seine Adresse.
    »Na, Chef? Auf Herrentour gewesen?«, griente der
ältere Taxifahrer.
    »Geschäftsbesuch«, sagte Lüder.
    »Kenn ich«, erwiderte der mitfühlende Chauffeur. »Fahre
ich öfter. Besonders die Schlitzaugen gönnen sich einen. Die sind dann
abgefüllt – das glaubst du nicht. War denn eure Sitzung erfolgreich?«
    »Oh – jaaa«, sagte Lüder und schloss für einen kurzen
Moment die Augen. Er schreckte erst wieder hoch, als ihn der Taxifahrer sanft
anstieß.
    »Wir sind da, Chef.« Der Chauffeur kassierte ein
großzügiges Trinkgeld und rief Lüder, der sich bemühte, möglichst

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