Todeslauf: Thriller (German Edition)
gegen den Eindringling. Er stürzte rücklings zu Boden, und in dem schwachen Lichtschein, der vom Arbeitszimmer hereinfiel, riss er die Pistole hoch und richtete sie auf mich. Ich trat mit dem Fuß gegen sein Handgelenk, und die Kugel pfiff über den teuren Hartholzboden hinweg. Nach einem zweiten Fußtritt ließ er die Waffe fallen, und ich kickte sie von ihm weg.
Der Eindringling blieb genauso still wie seine Waffe. Kein Schrei, kein wütender Fluch. Er war größer als ich, und ich spürte seine rohe Muskelkraft, als er mich zurück ins Schlafzimmer stieß. Wir landeten auf dem Bett, und mit einer blitzschnellen Bewegung packte er das Laken und schlang es mir um den Hals. Sein Atem schien kaum schwerer zu werden von der Anstrengung.
Er begann mich zu würgen, und ich griff mir das Kissen und presste es ihm ins Gesicht. Es war ein stilles Patt – beide hatten unter dem Sauerstoffentzug zu leiden. Die Dunkelheit wurde tiefer. Ich ließ das Kissen fallen, und er zog die Schlinge um meinen Hals mit aller Kraft zu. Verzweifelt hämmerte ich ihm die Fäuste in die Rippen. Immer wieder. Beim sechsten Hieb spürte ich Knochen brechen, und der Druck an meinem Hals verringerte sich. Mir war übel und schwindelig, ich rang nach Luft, doch ich riss mich los und verpasste ihm einen wuchtigen Tritt ins Gesicht.
Der Mann fiel vom Bett, und ich griff nach der Lampe, erwischte aber das Buch, das mir Ollie gegeben hatte. Ich knallte den fünfhundert Seiten starken Buchrücken gegen die Kehle des Mannes und drückte zu, so fest ich konnte. Er wehrte sich aus Leibeskräften und versuchte mich abzuschütteln, doch ich bekam wieder Luft und hatte vor allem eine unbändige Wut. Wenn jemand in dein Haus eindringt, um dich umzubringen, dann setzt irgendein uralter Instinkt ein, und man wird von einer rohen, brutalen Energie angetrieben. Ich biss die Zähne zusammen und drückte mit aller Kraft zu.
Er wehrte sich immer verzweifelter. Ich legte mein ganzes Gewicht in das Buch – ich wollte, dass er das Bewusstsein verlor, damit ich ihn fesseln und hinterher vernehmen konnte. Doch dann spürte ich, wie seine Luftröhre nachgab, und das Knirschen ließ meine Arme erzittern.
Er hörte auf, sich zu wehren, und ich riss das Buch von ihm weg. Der Eindringling sprach seine ersten Worte, aber es drang nur noch ein Röcheln aus seinem Mund. Vielleicht hatte er nach seiner Mama gerufen; vielleicht war es bloß irgendein Schimpfwort, oder er verfluchte seinen Boss, der ihn in den Tod geschickt hatte.
Ich erwartete, dass Howells Leute jeden Moment auftauchen würden, wenn sie den Kampf belauscht hatten – doch es kam niemand. Sie hatten offenbar keine neuen Wanzen installiert. Ich blickte auf den Toten am Boden hinunter und dachte über das Problem nach. Einige Augenblicke später war mein Kopf wieder klar.
Ich hatte also eine Leiche in der Wohnung. Ich schleifte ihn ins Badezimmer, schloss die Tür und machte das Licht an. Dann hob ich ihn in die Badewanne, um ihn leichter säubern zu können. Tote sondern alles Mögliche ab.
Ich hatte noch nie einen Menschen getötet. Noch nie. Die Zahl der Opfer in meinen Einsätzen war null. Ich hatte meine Methoden, wie ich Leute dazu brachte, mir etwas zu erzählen, und dann ging ich wieder. Ich tötete sie nicht. Das war auch bisher unnötig gewesen.
Aber jetzt bin ich ein Killer, dachte ich. Doch in meinem Kopf meldete sich eine Stimme, die mir sagte: Hör auf, dich zu quälen. Du hast getan, was du tun musstest. Und tu weiter, was du tun musst.
Einen Menschen zu töten, unterteilt das Leben in ein Davor und ein Danach. Ich war jedenfalls im Danach angelangt – aber die Alternative wäre gewesen, selbst tot in der Badewanne zu liegen.
Ich lehnte mich an die Wand und betrachtete das Gesicht des Mannes. Er war ungefähr in meinem Alter, Mitte zwanzig. Olivbraune Haut, dunkles, kurz geschnittenes Haar. Große Ohren, breiter Mund, eine römische Nase, die ich mit meinem Fußtritt gebrochen hatte. Er trug schwarze Jeans, ein schwarzes T-Shirt und eine schwarze Jeansjacke. Dunkle schwere Stiefel. Ich durchsuchte ihn. Ein schweres Messer im Stiefel, das er nicht mehr hatte ziehen können, ein Schweizer Fabrikat. Ein Extra-Magazin für seine Pistole in der Jackentasche. Ein Handy, klein und leicht, ein einfaches billiges Modell. Kein Pass, keine Papiere. Am Oberarm hatte er eine kleine, aber mit viel Sorgfalt gearbeitete Tätowierung. Eine stilisierte blaue Neun. Der obere Teil der Neun war eine orange
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