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Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Titel: Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Palm
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nicht, wurde oft erst durch die Dauer der Liegezeit in der Erde entschieden. Nach einigen Jahre hatten sich die Haut, die Muskeln, das Fett und alle anderen Weichteile aufgelöst und das knöcherne Skelett zurückgelassen, das in vereinzelten Fällen Auskunft darüber geben konnte, wie genau die Person ums Leben gekommen war. Simon hatte höchstwahrscheinlich dieselben Überlegungen angestellt, bevor er mit dem Dienstwagen losfuhr, aber wie er es vor Ort schaffen würde, seine akkurate Kleidung nicht zu beschmutzen, war für sie ein Mysterium. Im Gegensatz zu Ella sah Simon immer aus, als müsse er demnächst zu einem Gerichtstermin. Wenn er keinen Anzug trug, dann zumindest ein Paar dunkle, sorgfältig gebügelte Hosen und ein passendes Hemd mit Krawatte. Im Dienstwagen hatte er, soweit sie wusste, nur ein Paar Stiefel und eine Taschenlampe liegen.
    Nachdem Ella zwei Tabletts mit Gewebeproben von Fällen abgearbeitet hatte, die sie vor den Weihnachtsfeiertagen obduziert hatte, nahm ihre Neugier überhand, und sie wählte sich erneut ins Internet ein. Der Gedanke an die Uhr, die ihr so bekannt vorkam, ging ihr einfach nicht aus dem Kopf. Das Bieten für den Spiegel mit dem blauen Glas war in vollem Gange, obwohl der Abschluss der Auktion erst in neun Tagen angesetzt war. Auktionen waren immer zeitlich begrenzt und oft ziemlich ereignislos, bis dann gegen Ende das große Wettbieten anfing. Für die Tischuhr wurde bislang nur der Ausgangspreis geboten. Ella schloss die Augen und versuchte sich die Uhr vor ihrem inneren Auge in der Umgebung vorzustellen, mit der sie sie in Zusammenhang brachte, doch ohne Erfolg. Bevor sie die Augen wieder öffnete, schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf. Sie saß vor dem Bildschirm, starrte auf das Foto der Uhr und versuchte die Bedeutung des Gedankensplitters zu erfassen, der ihr gekommen war. Sie konnte das Stück weder zeitlich noch räumlich einordnen, aber sie wusste sicher, dass es schwerer war, als es aussah.
    Dem in der Beschreibung stehenden Text zufolge war die Uhr, die von Putten in patinierter Bronze gekrönt war, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hergestellt worden. Und ehe sie wusste, wie ihr geschah, hatten ihre Finger auf der Tastatur ein Gebot eingetippt, das ein wenig unter dem geschätzten Wert lag. Sie beschloss, die Auktion innerhalb der letzten Tage zu verfolgen. Wenn irgendjemand ein Gebot abgeben würde, das höher war als ihres, würde sie eine Mitteilung per Mail erhalten.
    Es dauerte gut drei Stunden, bis Simon wieder zurück im Büro war. Er trug ein Paar verschlissene Jeans und einen grauen Kapuzenpulli, die beide ziemlich mit Erde beschmiert waren. Ella schämte sich ein wenig, dass sie ihn falsch eingeschätzt und nicht begriffen hatte, dass er genau wie sie eine Garnitur Kleidung zum Wechseln für derlei Fälle in der Arbeit hatte. Ohne seine elegante Kleidung und mit verstrubbelten Haaren sah er nicht mehr wie der Schwiegermuttertraum aus, den er zu verkörpern versuchte, wie Ella ihm unterstellte. Er hatte sich in die Bibliothek der Rechtsmedizin gesetzt, in die sie durch die Glasscheiben von ihrem Raum aus freie Einsicht hatte. Einer der älteren Ärzte schien in den Regalen gerade ein Buch für ihn herauszusuchen. Nach fünf Minuten hielt Ella es nicht länger aus. Sie ging ebenfalls in die Bibliothek und tat so, als suche sie auch nach einem Buch. Die Bibliothek wurde von einem großen Konferenztisch dominiert, an dem sie ihre Meetings abhielten. An einem Ende des Raums stand ein großes Mikroskop, an dem mehrere Ärzte gleichzeitig dasselbe mikroskopische Präparat begutachten konnten.
    »Und, wie ist es gelaufen?«, fragte sie, während sie sich eine Zeitschrift griff.
    »Der Kerl war draußen im Wald und hat nach Morcheln gesucht«, antwortete der ältere Arzt namens Kauffman.
    »Ich kann noch nicht viel mehr sagen, als dass es sich um eine menschliche Leiche jüngeren Datums handelt«, meinte Simon. »Die Techniker vor Ort haben noch einiges an Ausgrabungsarbeit vor sich, aber als ich ging, hatten sie bereits fast den gesamten Oberkörper freigelegt.«
    »Und, war nur noch das Skelett erhalten?«, fragte Ella neugierig.
    »Es waren jedenfalls keine erkennbaren Weichteile mehr vorhanden, aber aufgrund all der Wurzeln und des verrottenden Laubs in der Erde war es nicht ganz leicht auszumachen.«
    »Und wie kannst du dir da so sicher sein, dass die Leiche nicht antik ist?«
    »Auf Höhe des Beckens haben die Techniker die Metallschnalle

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