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Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Titel: Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Palm
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Unglück geschah.
    Die Schritte näherten sich. Auch wenn er sich nicht ganz sicher sein konnte, ahnte er, dass es Ella war, die nach Hause gekommen war. Die Schritte waren bestimmt, aber leicht. Dann hielten sie plötzlich inne. Die Person, die die Wohnung betreten hatte, stand jetzt nicht mehr als einen Meter von der Tür entfernt. Durch den Spalt an den Scharnieren hindurch erahnte der ungebetene Gast ganz richtig eine Frauengestalt.
    Ella betrat entspannt die Wohnung, während sie die Post öffnete. Ihrer Gewohnheit treu schlitzte sie die Briefumschläge mit einem der extrem scharfen Messer auf, das sie aus der Küche geholt hatte. Das Messer hätte auch ebenso gut im Flur liegen können, da sie es dort am häufigsten anwendete. Die Briefe waren nicht gerade interessant. Hauptsächlich Rechnungen und Kontoauszüge von der Bank. Sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie zuletzt einen handgeschriebenen Brief mit der Post erhalten hatte. Obwohl sie wusste, dass Markus es nicht mochte, wenn sie die Post einfach irgendwo ablegte, ließ sie den kleinen Stapel mit Umschlägen und Briefbögen auf der Stereoanlage liegen und ging in Richtung Schlafzimmer. Auf der Schwelle blieb sie stehen. Sie fühlte sich beobachtet. Ein eiskalter Schauer fuhr ihr den Rücken hinunter. Die winzigen Haare in ihrem Nacken stellten sich senkrecht auf. Es geschah nicht oft, dass Ella so reagierte. Auch wenn sie einmal etwas über eine Theorie gelesen hatte, die erklärte, aus welchen Gründen der Mensch diese Art von Gefühl erlebt, schob sie ihre Wahrnehmung beiseite. Sie weigerte sich, ihre Handlungsfähigkeit durch eine unbegründete Angst einschränken zu lassen. Das Gefühl der Bedrohung bildete sich in einem entwicklungsmäßig älteren Teil des Gehirns, dem Stammhirn aus, das auch manchmal Reptilhirn genannt wurde. Ella war überzeugt davon, dass gewisse Funktionen des Reptilhirns im Anfangsstadium der menschlichen Entwicklung zum Überleben notwendig gewesen waren, aber heutzutage eher hemmend wirkten. Aus diesem Grund ging sie mit entschlossenen Schritten ins Schlafzimmer und griff sich ihren Morgenmantel. Für einen Augenblick vernahm sie denselben Parfümgeruch, den sie schon früher wahrgenommen hatte. Der würzige, nach Leder riechende Duft hing in der Luft und verstärkte ihre Unruhe noch.
    Der Mann hinter der Tür versuchte sich so unsichtbar wie möglich zu machen. Er stand jetzt vollkommen unbeweglich da. Eine Konfrontation zu diesem Zeitpunkt wäre gelinde gesagt unangenehm gewesen. Dennoch war er davon überzeugt, dass er sich irgendwie aus dieser prekären Situation hätte herauswinden können. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als er den Gegenstand in der Hand der Frau erblickte. In der kleinen Hand, die nicht viel größer als die eines Kindes zu sein schien, blitzte ein klauenförmiges Messer auf. Sein Herz schlug so wild, dass es ihm ausgeschlossen erschien, dass die Frau es nicht hörte. Der Schweiß lief ihm über den Rücken. Die Situation, die er eben noch unter Kontrolle gehabt hatte, verwandelte sich unmittelbar in eine drohende Katastrophe. Wer zum Teufel spazierte denn mit einem Messer durch seine Wohnung? Dann beugte sich die Frau plötzlich hinunter und hob einen Morgenmantel auf, der auf dem Fußboden lag, drehte sich um und verließ mit entschlossenen Schritten das Zimmer. Langsam sank der Besucher aus seiner aufrechten Position zusammen. Seine Hände zitterten immer noch. Der Adrenalinstoß war so intensiv gewesen, dass der Mann, der sich hinter der Tür versteckte, beim kleinsten Geräusch zusammenzuckte.
    Ella zog sich aus, während das heiße Wasser in die Badewanne lief. Auch wenn es wünschenswert gewesen wäre, wies keines der Fenster im Bad aufs Meer. Stattdessen ließ Ella die Tür zum Wohnzimmer immer offen stehen, damit sie aufs Meer schauen konnte, während sie in der ausladenden Badewanne lag. Sie setzte sich auf die Kante und tauchte einen Fuß ins heiße Wasser. Es brannte im ganzen Körper. Obwohl sie so oft badete, war es ihr unmöglich, eine angemessene Wassertemperatur einzustellen. Vorsichtig und methodisch schob sie einen Körperteil nach dem anderen ins Wasser, und nach ein paar Minuten lag ihr gesamter Körper in dem dampfenden Nass. Sie warf einen Blick hinaus aufs Meer. Dann holte sie tief Luft und glitt unter die Wasseroberfläche. Vom Wasser umschlossen fühlte sie sich nahezu schwerelos. Sie lag dort so lange, wie ihre Lungen es zuließen. Das war ihre Art, alle Gedanken

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