Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
damals sein hauseigenes Warn- und Schließsystem gelobt hatte.
Einige Häuser weiter, direkt vor der Bertram-Villa, glänzte ein frisch polierter BMW in der Sonne. Erst beim zweiten Hinsehen erkannte Kullmer, dass es sich um Hellmers Wagen handelte.
»Mensch, da hat man einmal nen Einsatz im Bonzenviertel, und du kommst ohne den Porsche daher!«, rief Kullmer lachend.
»Hatte ja auch schon einen Termin an der Uni«, entgegnete Hellmer, der bereits ausgestiegen war. Er ließ die Tür zufallen und ergänzte dann: »Da wäre ich wohl selbst mit nem Dienstwagen vom Präsidium aufgefallen.«
Sabine Kaufmann stieg ebenfalls aus und lächelte Kullmer freundlich zu. »Grüß dich, Peter. So schnell sieht man sich wieder. Wolltest du nicht eigentlich auf die Sündenmeile?«
»Da erreicht man ja um diese Zeit noch niemanden. Außerdem möchte ich mir einen weiteren Besuch im Hause Bertram ungern entgehen lassen. Ich bin mächtig gespannt, was der uns zu erzählen hat.«
Hellmer klopfte seinem Kollegen auf die Schulter.
»Na, dann lass uns mal reingehen. Julia hat uns schon vorgewarnt, dass wir auf keinen Fall ohne dich anfangen sollen.«
»Wartet ihr schon lange?«
»Ein paar Minuten.«
Sabine fügte hinzu: »Lange genug, um den Nachbarn aufzufallen und um zu sehen, dass sich in der Bertram-Villa nichts regt.«
»Sind die Vögelein also alle ausgeflogen«, ulkte Kullmer.
»Na, werden wir ja sehen.«
Sie öffneten das schmale Tor neben der Einfahrt, ein altes, vor nicht allzu langer Zeit frisch gestrichenes Eisengitter, das auf zwei verwitterten, gut gefetteten Scharnieren lag und fast geräuschlos aufschwang. Die Pfosten waren aus Naturstein gemauert, gelblich roter Taunusquarzit, dazwischen ein nicht allzu hoher Gitterzaun. Alles in allem wirkte die Villa einladender als das Anwesen, welches Kullmer zuerst passiert hatte. Er lief voran und ließ den Blick den Gehweg entlanggleiten, die Fichtenstämme hinauf und über die dicht wachsenden Büsche. Wilder Wein kletterte die Seitenfassade der Villa hinauf. Es gab nichts, was Kullmer irritierte. Alles schien genauso zu sein wie damals, im September 2008, als er zum ersten Mal hier gewesen war. Er stieg die Stufen hinauf, wandte sich zu seinen beiden Kollegen um und legte mahnend den Finger an die Lippen. Dann betätigte er die Türklingel, ein versilberter Knopf inmitten eines auf Antik gemachten Silberornaments unterhalb einer weißen Metallplatte, in der sich ein Codefeld, ein Kartenleser und eine Kamera befanden. Gebannt lauschte er, ob sich im Inneren des Hauses etwas tat. Sabine reckte den Hals in Richtung Panoramafenster, und Hellmer ließ seinen Blick über die anderen Fenster wandern, nach einer halben Minute trafen sich die Blicke der drei wieder.
Kopfschütteln. Alles ruhig.
Kullmer läutete noch einmal, klopfte anschließend laut.
»Da ist keiner da!«
Erschrocken fuhren Hellmer und Kullmer herum, auch Sabines Kopf flog in Richtung der Straße, von wo die fremde Stimme gekommen war. Es war eine Frau Mitte sechzig, vielleicht sogar schon weit darüber, das ließ sich bei der Menge an Schminke, dem eleganten Auftreten und den zweifelsohne frisch gefärbten Haaren nur schwer einschätzen. Elf Uhr durch, dachte Kullmer verächtlich, und Madame haben sich wahrscheinlich nur zum Postholen so in Schale geworfen. Womöglich besaß sie sogar einen maßgeschneiderten Bademantel.
»Danke für die Information«, nickte Kullmer und zwang sich zu freundlicher Höflichkeit. Er eilte die Treppenstufen hinab auf die Dame zu, die am Tor stehen geblieben war und keine Anstalten machte, das Grundstück zu betreten. Er zog seinen Dienstausweis hervor, nahm ihn in seine Linke und streckte der Frau, die beinahe ebenso groß war wie er selbst, die rechte Hand entgegen.
»Kommissar Peter Kullmer, Kriminalpolizei. Das dort oben sind meine Kollegen.«
»Das habe ich mir bereits gedacht. Ich wusste das gleich, als ich Ihre Kollegen im Auto sitzen sah«, antwortete die Frau spitz. »Nicht, dass ich den ganzen Tag die Straße beobachten würde«, fügte sie schnell hinzu.
»Nein, natürlich nicht«, bekräftigte Kullmer schnell. »Im Gegenteil, wir wären ja froh, wenn alle Nachbarn so wachsam wären. Aber darf man fragen, wieso Sie gleich an die Polizei dachten?«
»Ach, es geht mich ja nichts an«, erwiderte die Nachbarin und verzog das Gesicht. »Aber so nachlässig, wie dieser junge Bertram mit allem umgeht, ich weiß ja nicht. Mein Rüdiger jedenfalls war in diesem Alter
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