Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
sicher, dass dem Typen einfach nur langweilig war und er nicht wirklich etwas zu verbergen hat. Mal ganz ehrlich«, fügte er lächelnd hinzu und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn, »der schien mir auch nicht besonders helle zu sein, wenn ich das mal so sagen darf. Also eher unwahrscheinlich, dass der im Keller einen geheimen Verteilerring illegaler Pornos unterhält.«
»Ich unterbreche ja nur ungern«, sagte Julia Durant. »Aber wie kamen wir eigentlich so schnell von der Pizza-Bude auf den Porno-Laden?«
»Weil die eine der drei Muli-Filialen ganz in der Nähe liegt«, kam es sofort von Hellmer. »Die wäre mir übrigens am liebsten, wenn ich es mir raussuchen darf«, fügte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr hinzu. »Wenn ich schon Bereitschaft schiebe, hätte ich sie gerne aufgewertet durch eine Extraportion Salami-Schinken-Pilze.«
»Kein Problem für mich.« Julia erhob sich.
»Vermutlich wirst du am Nibelungenplatz vorbeifahren wollen«, sagte sie dann zu Sabine, die das mit einem Nicken bestätigte.
»Prima, dann übernehmen wir das Ostend«, sagte Doris. »Mir ist gerade nach Spinat-Gorgonzola-Sardellen.«
»Pfui Spinne«, entfuhr es Peter, der sich damit einen vernichtenden Blick einfing und seiner Lebensgefährtin sogleich reumütig den Arm streichelte.
»Paragraph eins: Den Gelüsten einer Schwangeren ist unmittelbar Folge zu leisten«, lachte Hellmer, und Sabine stimmte mit ein.
Julia Durant schob ihre Papiere zusammen, und gemeinsam verließ die Gruppe das Konferenzzimmer. Da fiel ihr noch etwas ein.
»Eines noch, Kollegen«, sagte Julia laut, und alle verharrten und drehten sich aufmerksam zu ihr. »Ich habe eine Beschreibung von Alexander Bertram herausgegeben. Offiziell wird morgen früh ab neun Uhr nach ihm gesucht, das ist die früheste Frist, die ich als Ende der vierundzwanzig Stunden festsetzen konnte.«
»Mutig«, kommentierte Kullmer, »ich war doch erst gegen elf Uhr bei ihm im Büro.«
»Aber er hätte heute um halb zehn bereits dort sein müssen«, erklärte Julia mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck, »und wurde bereits vorher zu Hause von der Nachbarin nicht gesehen. Damit wären wir bei zirka neun Uhr, richtig?«
»So betrachtet hätten wir auch acht Uhr nehmen können, oder sogar Mitternacht«, meinte Hellmer, doch Kullmer schüttelte mit zusammengekniffenen Augen den Kopf.
»Nein, wir sollten das nicht überreizen, oder?«
»So sieht’s aus«, nickte Julia. »Parallel zur Fahndung liegt dann hoffentlich auch die Genehmigung vor, in die Villa zu gehen, ich kümmere mich noch um einen Schlüsseldienst und diese Alarmfirma. Sabine, Peter, übernehmt ihr das dann morgen?«
»Klar«, antwortete Kaufmann.
»Gerne sogar«, bekräftigte Kullmer.
Mittwoch, 22.04 Uhr
V erdammt noch mal, dieses dreckige, kleine Luder«, fluchte Holger Kellermann und warf sein Handy wütend auf den Beifahrersitz. Er hasste es, versetzt zu werden, besonders in solchen Situationen, in denen das Timing eine besondere Rolle spielte. Schweißperlen standen auf der Stirn des Fünfundvierzigjährigen, als er mit zerknirschtem Gesichtsausdruck sein neues Fahrziel in den Bordcomputer eintippte.
Kellermann war Außendienstmitarbeiter einer großen Firma im Ruhrgebiet – Verbindungselemente, Einzelbauteile für mechanische Anlagen, also Verkaufskram, den man Außenstehenden nicht so einfach beschreiben konnte. Aber es interessierte ohnehin niemanden, und Holger hatte sich längst abgewöhnt, seinen Beruf schillernd zu umschreiben. Schicker Firmenwagen, klimatisiert, hundertsiebzig PS, lag auf der Straße wie eine Eins, hinten zwei Hemden zum Wechseln und ein paar Musterkoffer. Daneben die obligatorische Reisetasche, Unterwäsche für ein paar Tage, je ein Paar bequeme und schicke Schuhe, Rasierer und Waschutensilien, eben alles, was man auf Reisen so benötigte. Holger Kellermann kam von einer Großbaustelle in Frankfurt, sein nächstes Ziel lag im Osten, morgen früh, irgendwo in der Nähe von Halle, und am selben Tag würde er aufbrechen in Richtung München. Mit etwas Glück endete dann seine Reise durch die Republik, und er durfte noch am Donnerstagabend oder eben am Freitag zurück nach Gelsenkirchen fahren, den Wagen abstellen und ein langes Wochenende mit Elena und den Kindern verbringen.
»Voraussichtliche Ankunft um ein Uhr sechsundfünfzig«, teilte die Computerstimme mit.
Verdammt und zugenäht, da krieg ich doch niemals mehr nen Termin, dachte Kellermann und überlegte
Weitere Kostenlose Bücher