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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Vater, das Haus, Garten, Sonnenschein, Weihnachten, Irmgard in der Küche, lacht, Onkel Paul, Vater, Gerda …
    Die Tür fliegt auf, die Thailänderin mit einem Pfleger, kühler Luftzug vom Fenster.
    »So, Frau Kirchenberg, einmal müssen wir noch zur Untersuchung, dann ist gut für heute.« Singstimme mit kindlicher Freundlichkeit. Mutter dreht sich auf den Rücken, zieht die Stirn nach oben, tiefes Einatmen durch die Nase. Mühevolle Aufgeräumtheit, Täuschungsmanöver. Die Schwester merkt es, zieht das Laken straff, legt eine Hand auf Mutters Brust.
    »Wollen doch mal sehen, ob hier alles wieder in Ordnung ist.« Der Pfleger löst die Bremse mit einem Knall, sie schieben ab. Mutter sieht zur Decke, leicht geöffneter Mund. Der Pfleger bugsiert das Bett mit Mühe um die Ecke.
    »Wird länger dauern, ich glaube, es lohnt sich nicht zu warten.« Er verschwindet aus dem Blickfeld, die Sohlen quietschen auf dem Boden. Ein Martinshorn heult durchs Fenster rein, wird abgestellt. Notfall.
    Gerda.
    17 Uhr 22
    Vorn im Stacheldraht vom Weidezaun ein Büschel filzige Haare. Hinterm Eingangsgatter der Weide ist der Boden zertrampelt, kleine Pfützen in den Hufspuren. Direkt daneben ein halbierter Heizöltank als Tränke. Weiter unten den Hang hinab Obstbäume, sehen aus wie Apfelbäume. Einige Äpfel leuchten gelb an den oberen Ästen. Die Kühe liegen im Schatten, kauen, glotzen gleichgültig. Auf dem Rand des Tanks landet ein Vogel, wippt hektisch, versucht an den Wasserspiegel zu kommen, es klappt nicht. Er fliegt weg.
    Gerda. Gerda.
    Über den Apfelbäumen riesige Kumuluswolken, Schattierungen von Weiß, eine graue dazwischengepinselt. Aus der grauen löst sich ein Motordrachen wie ein Insekt, das Surren des Propellers ist ganz schwach zu hören.
    Gerda. Das stimmt nicht. Die sah doch immer aus wie Vater. Haben doch immer alle gesagt.
    Könnte auch ein Berg sein, die Wolke. Mindestens ein Viertausender. Mindestens.
    Über dem Geröll der Moräne bricht das Eis wie Käse. Der Eisbruch zieht sich in sanftem S bis zum Sattel. Mit ausgestrecktem Arm erklärt der Bergführer den Weg.
    Das kann nicht stimmen. Gerda. Sie hat ja auch gesagt, könnte sein, war sich nicht sicher.
    Die Küche, Sonne fällt durchs Fenster, Vaters Wagen ist zu hören. Raus. Ein paar Tage nicht gesehen. Was mitgebracht? Natürlich. Mutter in der Tür. War da sonst noch was? Nichts. Keine Ahnung. Ach, Scheiße, hilft alles nichts. Jetzt ’ne Kippe.
    Vor dem Astra ein Karnickel, haut beim Näherkommen ab. Der Anlasser orgelt, keine Zündung. Zweiter Versuch, dasselbe. Die Scheißkarre sollte man in den See fahren. Zwischen das Orgeln mischt sich ein Blubbern, unregelmäßig, Fuß vom Gas, er kommt langsam, die Ventile klappern. Im Autoradio die Bundesligaergebnisse, Schalke hat verloren.
    Hehmeyers Laden hat zu. Der wohnt bestimmt im Haus. Eingang von der Seite. Die Schelle schnarrt wie das Fehlergeräusch bei Quizsendungen im Fernsehen. Wer kauft sich denn so ein Ding? Die Tür geht auf, eine Frau mit grauem Lockenkopf, weißem Kittel und fragender Miene.
    »Entschuldigen Sie die Störung. Mein Name ist Kirchenberg. Ich nehme an, Sie sind Frau Hehmeyer?«
    »Genau die bin ich. Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    »Ja, ich wollte eigentlich Ihren Mann kurz sprechen, ist der da?« Im Hintergrund öffnet sich eine weiße Tür, Hehmeyer kommt aus dem Keller. Sieht im Hemd ohne Kittel ganz anders aus. Er kommt zum Eingang, seine Frau geht nach hinten, bleibt auf Beobachtungsposten.
    »Wenn Leute aus dem Dorf um diese Zeit klingeln, brauchen sie meistens Backpulver oder etwas Ähnliches. Bei Ihnen nehme ich das nicht an.«
    »Nur eine kurze Frage, Herr Hehmeyer. Und entschuldigen Sie noch mal die Störung am Samstagabend. Einer meiner Kollegen hat gehört, es hätte in der Mine irgendwann mal einen Vorfall mit einem Schwein gegeben, soll lange her sein. Können Sie mir was darüber sagen?«
    »Hm«, er schiebt die Unterlippe vor, zieht die Mundwinkel nach unten. »Mit ’nem Schwein? Tja.«
    »Doch, die Sache mit dem Schwein«, sie aus dem Hintergrund, behält den Finger am Mund. »Mein Gott, wie lange muss das aber her sein.« Sie kommt wieder zur Tür. »Das ist doch mindestens dreißig Jahre her.«
    »Und was war das?«
    Sie stemmt die Rechte in die Hüften, legt die flache Linke auf die Brust.
    »Hach, genau ist das damals nie rausgekommen. Es wurde nur viel erzählt. Irgendwie haben da Jungens Blödsinn gemacht in der Höhle. Da wurde eine Zeit lang

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