Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
gemacht hatte.
Er begann zu sprechen, ohne dass sie ihn dazu auffordern musste.
»Ich bin mit Lufthansa geflogen«, sagte er. »Die deutsche Fluglinie, kennen Sie die? Nur vier Stunden und fünfundfünfzig Minuten mit einer Zwischenlandung in Frankfurt. Sehr schnell, sehr effizient. Mit British Airways dauert es zwei Stunden länger – und dazu ist es auch noch teurer.«
»Ihr Englisch ist wirklich sehr gut, Sergeant Kotsev.«
»Ah, merci . Danke. Und in deutschen Flugzeugen hat man sieben Zentimeter mehr Beinfreiheit. Wussten Sie das? Das ist
auch wichtig. Für mich zumindest. Sind die Briten kleiner als die Deutschen? Nein, vermutlich nicht. Oh, und dann gibt es noch Czech Airways. Völlig lächerlich natürlich.«
»Dann sind Sie also ein Bewunderer deutscher Effizienz?«
»Ihre Errungenschaften verdienen schon Anerkennung«, sagte er.
Glücklicherweise stand Frys Peugeot in der Nähe des Eingangs. Sie konnte es kaum erwarten, in den Wagen zu steigen und loszufahren.
»Sind die Deutschen nicht im letzten Weltkrieg in Bulgarien einmarschiert?«, fragte sie, als sie die Heckklappe für seinen Koffer öffnete.
Die Frage war ihr herausgerutscht, bevor es ihr überhaupt in den Sinn gekommen war, dass sie womöglich wie eine Figur aus einer Episode der Fernsehserie Das verrückte Hotel – Faulty Towers klang. Tja, das war eben die Gefahr, wenn man Small Talk machte. Der Druck, irgendetwas zu sagen, um die Stille zu füllen, führte zu dummen Bemerkungen.
Kotsev nickte, dann schien er seine Meinung zu ändern und schüttelte ihn stattdessen energisch. »Nein, nein – wir waren auf ihrer Seite. Die Russen sind bei uns einmarschiert.«
»Tatsächlich?«
Er klappte den Griff seines Koffers ein und lud diesen in den Wagen. »Leider herrscht hier ziemliche Unwissenheit, was unsere Geschichte betrifft.«
Fry dachte an die Leute, denen Kotsev in Edendale begegnen würde. »Ich kann Ihnen nichts anderes versprechen.«
Er schwieg höflich, während sie aus dem Parkhaus hinaus und vom Flughafengelände fuhr und den Wegweisern zurück zur Autobahn folgte. Als sich die Stille langsam unbehaglich anfühlte, suchte sie in Gedanken fieberhaft nach einem Gesprächsthema. Was sagte man in einer solchen Situation? Was, zum Teufel, haben Sie hier verloren? Warum fliegen Sie nicht einfach wieder nach Hause, wo Sie hingehören?
»Wo haben Sie denn so gut Englisch gelernt, Sergeant Kotsev?«
»Oh, ich habe eine gute Schule in unserer Hauptstadt Sofia besucht, und später war ich an der Universität. Bedauerlicherweise gibt es in meinem Land nach wie vor nur sehr wenige Polizisten, die gut Englisch sprechen. Auch wenn Sie mehrere Polizeireviere in Bulgarien besuchen würden, könnte es Ihnen durchaus passieren, dass Sie keinen einzigen Polizisten finden, der überhaupt Englisch spricht.«
Fry lachte. »Das ist kein Grund, sich zu schämen. Was denken Sie, wie viele Polizisten wir hier in Edendale haben, die Bulgarisch sprechen?«
Kotsev lächelte. »Das ist etwas anderes. Sobald wir der Europäischen Union beitreten, werden wir viel mehr Leute brauchen, die Englisch sprechen.«
»Trotzdem ist es doch bestimmt ziemlich ärgerlich, wenn wir dauernd in Ihr Land kommen und erwarten, dass Sie Englisch mit uns sprechen.«
»Ach, aber unsere Sprache ist unbedeutend.«
Es war faszinierend, wie Kotsev das ohne Sarkasmus und Verbitterung sagte, als sei es tatsächlich seine Überzeugung. Sie hatte damit gerechnet, dass er zumindest ein bisschen gekränkt sei.
»Tja, es stimmt schon, dass keine Bulgarischkurse angeboten wurden, als ich studiert habe«, sagte sie.
Ihr Gast schien alles in sich aufzusaugen, woran sie auf dem Rückweg vom Flughafen vorbeikamen. Nicht, dass es neben der Ringautobahn M60 viel zu sehen gegeben hätte. Er hatte den Beifahrersitz so weit wie möglich nach hinten geschoben, um seine langen Beine unterzubringen, und Fry war sich der Tatsache bewusst, dass er sie aus dieser Position unbemerkt beobachten konnte. Sie widerstand der Ungewissheit, so lange sie konnte, dann drehte sie sich um und sah ihm in die Augen. Kotsev hatte sie zu Recht als dunkelbraun beschrieben.
Sie erinnerten Fry an Bitterschokolade. Thorntons Apricot parfait .
»Dann haben Sie also einen Hochschulabschluss, Sergeant Fry?«, sagte Kotsev. »Einen Bachelor of Arts oder einen Bachelor of Science? Mitarbeiter der Polizei sollten eine gute Ausbildung haben, finde ich. Das ist sehr wichtig, wenn die Leute Respekt vor ihnen haben sollen.
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