Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
beruhigen. Das war der Punkt der Fahrt, an dem die Gondeln langsamer wurden und schließlich für ein bis zwei Minuten hoch oben über dem Tal stehen blieben.
»Haben wir eine Panne?«, fragte Kotsev nervös. »Müssen wir gerettet werden?«
Doch dann fingen die Räder wieder an zu surren, und die Gondeln näherten sich dem Gipfel des Masson Hill durch eine Schneise im Wald, wo das Seil über die erste Stütze lief. Von da an verlief die Fahrt unspektakulär, vorbei am Fuß des steinernen Turms zur Bergstation.
»Jetzt können Sie die Augen wieder aufmachen«, sagte Cooper.
Kotsev nahm die Hand vom Gesicht und öffnete die Augen. »Ja, okay. Das war mir nun doch ein bisschen zu hoch.«
Fry fand Jed Skinner in der Autowerkstatt des Vertriebszentrums am Stadtrand von Edendale, wo er als Kfz-Mechaniker angestellt war. Er hatte Einweghandschuhe an, wie sie auch Mitarbeiter der Spurensicherung trugen, und arbeitete am Motor eines größeren Lieferwagens. Heutzutage gab es bei Automechanikern also keine schmutzigen Lumpen und öligen Hände mehr. Gavin Murfin hatte übertrieben.
»Wissen Sie zufällig, wo sich Ihr Freund Brian Mullen zurzeit aufhält?«, fragte Fry, nachdem sie ins Büro des Werkstattleiters gegangen waren.
»Er ist bei seinen Schwiegereltern. Die wohnen in Darley Dale.«
»Dort ist er nicht mehr.«
»Oh?«
»Wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt mit ihm?«
»Gestern. Ich durfte Brian nicht besuchen, als er im Krankenhaus lag, aber er hat mich gestern Nachmittag angerufen, um mir zu sagen, dass er entlassen wurde. Er hatte ziemlich die Schnauze voll, deshalb habe ich ihn am Abend besucht.«
»In Darley Dale?«
»Ja.«
»Hat er Ihnen gegenüber erwähnt, dass er woandershin möchte?«
»Nein, kein Wort.«
»Sie wohnen in Lowbridge, nicht wahr, Mr. Skinner?«
»Ja, aber dort werden Sie Brian nicht finden. Er hätte schon bei mir wohnen können, wenn er mich gefragt hätte, weil wir Kumpels sind. Aber er hat mich nicht gefragt.«
»Aha.«
»Rufen Sie doch meine Frau an, wenn Sie mir nicht glauben.«
»Das werden wir vielleicht tun«, erwiderte Fry.
Skinner beobachtete durchs Fenster des Büros, wie ein Lastwagen rückwärts aus der Werkstatt fuhr, in der sein Rückwärtsgang-Warnsignal widerhallte.
»Hat Brian das Baby bei sich? Luanne?«, fragte er.
»Davon gehen wir aus, Sir.«
»Scheiße. Hoffentlich finden Sie die beiden.«
»Das hoffen wir auch.« Fry hielt inne. »Da wir gerade von Luanne sprechen – wir wissen von der Adoption. Mr. Mullens
Schwiegervater hat uns erklärt, dass Brian und Lindsay keine Kinder mehr bekommen konnten, weil Brian nach einer Mumps-Erkrankung unfruchtbar geworden ist.«
»Mumps?«, sagte Skinner. »Das hat er Ihnen gesagt?«
»Ja. Er hat gesagt, die Krankheit hätte Brian unfruchtbar gemacht.«
»Tja, Brian hat mir damals was anderes erzählt. Mit Mumps hatte das nichts zu tun.«
»Was war es dann?«
»Eine Geschlechtskrankheit.«
»Eine Geschlechtskrankheit?«
»Genau. An die exakte Bezeichnung kann ich mich allerdings nicht mehr erinnern. Irgendwas mit ›klamm‹.«
»Meinen Sie Chlamydien?«
»Ja, das ist es, was Brian hatte. Und auch nicht zum ersten Mal. Chlamydien haben den Schaden angerichtet. Er hat mir alles darüber erzählt. Wenn man die zu oft bekommt, verursachen sie Narben und blockieren die... Sie wissen schon, den Durchfluss.«
Fry starrte ihn an und stellte sich gedanklich auf eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten ein. »Nicht Mumps?«
»Mich würde interessieren, ob er seinen Schwiegereltern gesagt hat, dass es Mumps war«, sagte Skinner. »Ich habe Henry Lowther einmal getroffen. Er ist so ein Typ, für den alles schön anständig sein muss. Auch sein Schwiegersohn – da er ihn nicht mehr loswird.«
»Versteht sich Brian nicht mit den Lowthers?«
»Na ja, Sie wissen ja, wie das so ist. Eigentlich war er ihnen von Anfang an nicht gut genug für ihre Tochter. Ihnen wäre es lieber gewesen, wenn Lindsay jemanden mit viel Kohle geheiratet hätte. Eine Stufe rauf auf der gesellschaftlichen Leiter, wenn Sie wissen, was ich meine. Nicht ein paar Stufen runter wie mit Brian.«
»Mr. Skinner, waren Sie sich irgendwelcher Probleme in der
Ehe der Mullens bewusst? Gab es Schwierigkeiten zwischen Brian und Lindsay?«
»Schwierigkeiten? Warum hätte es die geben sollen?«
»Tja, zunächst einmal gehe ich davon aus, dass Lindsay von den Chlamydien wusste, oder? Ich kann mir vorstellen, dass das ihre Beziehung bestimmt
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