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Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Todesnacht: Island-Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Island-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ragnar Jónasson
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das Gespräch zu steuern.
    »Geister? Tja, ich kann ja nicht für deine Großmutter sprechen. Sie hatte einfach Angst im Dunkeln. Der Ausbruch der Hekla 1947 machte ihr schwer zu schaffen.«
    »Ach ja?«
    »Ja, sie sprach oft davon. Wir waren beide um die zwanzig, als die Katastrophe über uns hereinbrach. Die Luft füllte sich mit Asche, der Himmel wurde finster und bedrohlich, und die verfluchte Asche zerstörte die Felder. Es ist wirklich unheimlich, wenn es plötzlich dunkel wird, obwohl man überhaupt nicht damit rechnet. Ein unangenehmes Gefühl. Deine Großmutter kam nicht gut damit zurecht.« Katrín senkte die Stimme und beugte sich zu mir. »Sie nannte es Todesnacht. Daran erinnere ich mich gut. Wenn wir später über den Vulkanausbruch sprachen, benutzte sie immer dieses Wort. ›Kata, weißt du noch, als die Todesnacht über uns hereinbrach?‹, sagte sie.«
    Ich schaute aus dem Fenster.
    Ein kurzer Schauer lief mir über den Rücken.
    Zum Glück war es draußen hell, trotz des verdammten Sturms.
    »Ich war nicht so belesen wie deine Großmutter«, fuhr Katrín fort. »Sie hatte für alles eine Bezeichnung. Für mich war Dunkelheit einfach Dunkelheit. Aber zuweilen fühle ich mich unwohl, wenn es dunkel wird, ein unheimliches Gefühl befällt mich dann, das hat man ja schon mal, und dann muss ich immer an dieses Wort denken.«

26 . Kapitel
    Ari hatte die Gelegenheit genutzt, als Tómas in der Wache noch Unterlagen geholt hatte, und eine CD mit klassischer Klaviermusik in den CD -Player des Polizeijeeps geschoben.
    Er hatte nicht vor, im Wagen zu sitzen und sich den ganzen Weg nach Akureyri alte isländische Schlager aus der Zeit des Heringsbooms anzuhören.
    Tómas liebte diese alten Tanzlieder, hatte damals bestimmt im Hafen das Tanzbein geschwungen und ein paar Schäferstündchen in der romantischen Talmulde Hvanneyrarskál verbracht. Jetzt klang Chopin durch den Wagen, und Tómas war zu träge, um eine Bemerkung darüber zu machen. Er wirkte bedrückt, wie so oft in der letzten Zeit.
    Sie erreichten Akureyri zeitig, was Ari nur recht war, denn dann konnte er Natan noch treffen und sich kurz mit dem armen Mann unterhalten, dem der Arzt so übel mitgespielt hatte.
    »Ich wollte noch einen Bekannten treffen, ist das in Ordnung?«, fragte Ari höflich.
    »Kann der nicht mitkommen, wenn wir uns einen Hamburger mit Fritten genehmigen?«, fragte Tómas mit Nachdruck.
    »Ich wollte eigentlich kurz mit ihm weg und mir unterwegs ein Sandwich kaufen.«
    Der nahezu kahlköpfige Polizeiwachtmeister blickte starr auf die Straße und versuchte vergeblich, seine Enttäuschung zu überspielen.
    »Dann mach das«, sagte er unwirsch.
    Im Wagen herrschte frostiges Schweigen, bis Tómas’ Handy klingelte. Er ging ran. Das Handy war an die Freisprechanlage angeschlossen, und Hlynurs Stimme drang durch die Autolautsprecher: »Wo seid ihr eigentlich?«, fragte er mit leicht zittriger Stimme.
    »Auf dem Weg nach Akureyri«, antwortete Tómas.
    »Nach Akureyri? Warum zum Teufel?«
    »Wegen des Mordfalls. Wir haben eine Besprechung wegen des Mordfalls«, sagte Tómas zögerlich.
    Am anderen Ende der Leitung entstand eine kurze Pause. Dann sagte Hlynur »okay« und legte auf.
    »Das war ja merkwürdig.« Tómas strich sich mit der Hand durch die wenigen Haare, die er noch auf dem Kopf hatte. »Höchst merkwürdig!«
    »Warum?«
    »Ich habe ihm das doch erst vor einer halben Stunde erzählt.«
     
    Hlynur saß da und starrte auf das Telefon.
    Er war alleine in der Wache, und ihm war ziemlich heiß.
    Draußen war es warm, eigentlich sehr warm für Anfang des Sommers.
    Sie waren auf dem Weg nach Akureyri wegen des Mordfalls.
    Jetzt erinnerte er sich, dass Tómas ihm davon erzählt hatte, bevor er mit Ari losgefahren war. Und dennoch hatte er plötzlich das unangenehme Gefühl gehabt, er sei ganz alleine auf der Welt, Tómas und Ari seien plötzlich verschwunden und hätten sich noch nicht mal von ihm verabschiedet. Er war vom Stuhl aufgestanden, durch die ganze Polizeiwache gegangen und hatte nach seinen Kollegen gerufen. Hatte nicht verstanden, wo zum Teufel sie hingegangen waren. Leute verschwanden ja nicht einfach spurlos, zumindest nicht in einem so kleinen Ort wie Siglufjörður.
    In einer Art Wutanfall hatte er zum Hörer gegriffen, Tómas angerufen und nach einer Antwort verlangt.
    Was war eigentlich los mit ihm?
    Wie hatte er das vergessen können?
    Er sank auf den Boden, psychisch und körperlich völlig erschöpft,

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