Todesnacht: Thriller (German Edition)

nicht.
    Maggie grübelte über die Konsequenzen all dessen nach, als die ersten vier Töne von Beethovens Fünfter Sinfonie erklangen. Da-da-da daaa!
    Sie nahm das Telefon vom Nachttisch. Das Display meldete Savage, John. Warum rief ihr Vater mitten in der Nacht bei ihr an?
    » Was ist passiert? « , fragte sie ohne Begrüßung, ging hinüber ins Wohnzimmer, schaltete das Licht an und setzte sich aufs Sofa. Am anderen Ende der Leitung waren jede Menge Nebengeräusche und ein lautes Knistern zu hören. » Wo bist du? «
    » In Machiasport « , brüllte ihr Vater ins Telefon. » Auf dem Parkplatz am State Park. Wir haben gerade ein heftiges Gewitter. Falls wir unterbrochen werden, rufe ich noch mal an. «
    Maggie war schlagartig hellwach. Es krachte in der Leitung. Es hörte sich an wie ein heftiger Donnerschlag.
    » Kannst du mich hören? « , brüllte ihr Vater.
    » Ja, ich höre. «
    » Vielleicht willst du ja schon früher kommen als geplant. «
    » Wie kommst du darauf? «
    » Hier herrscht gerade ein ziemliches Tohuwabohu. Besser gesagt, ein doppeltes Tohuwabohu. «
    » Was denn für ein Tohuwabohu? «
    » Ein Mord. Eine junge Frau. Man hat ihr die Kehle aufgeschlitzt, erst vor wenigen Stunden. Der Mörder hat ihr beinahe den Kopf abgeschnitten. Und nicht nur das. Sie muss innerhalb von Minuten verblutet sein. «
    » Tut mir wirklich leid, aber was habe ich damit zu tun? Dafür ist die State Police zuständig. «
    » Ich rufe dich an, weil auch Emily um ein Haar ermordet worden wäre. «
    Maggies Eingeweide krampften sich zusammen. Um ein Haar, hatte er gesagt. Das bedeutete, dass Em noch am Leben war. » Wie geht es ihr? «
    » Nicht gut. «
    » Wird sie es überleben? « Maggie hielt den Atem an und wartete auf die Antwort. Emily Kaplan war seit der Vorschule ihre beste Freundin, mit ihr zusammen die beste Spielerin und so etwas wie ihr Alter Ego im Basketballteam der Machias Memorial Highschool gewesen, das die State Championship gewonnen hatte. Em war fast so etwas wie ihre Schwester. Eine Zwillingsschwester, wenn auch siebeneinhalb Zentimeter größer als sie selbst und die mit Abstand bessere Sportlerin. Wenn Emily stürbe, dann stürbe auch ein Teil von Maggie.
    » Ich weiß es nicht « , erwiderte John Savage.
    Langsam ließ Maggie den Atem aus ihrer Lunge entweichen. » Was ist passiert? «
    » Alles, was wir im Moment sagen können, ist, dass Em überfahren wurde, und zwar in unmittelbarer Nähe des Mordopfers. Dabei hat sie sich eine schwere Schädelverletzung zugezogen. Meine Theorie ist, dass der Killer, nachdem er sein Opfer mit dem Messer traktiert hatte, in seinen Wagen gesprungen ist und Emily bei der Flucht überrollt hat. Anschließend hat sie im Straßengraben gelegen, mindestens drei, vier Stunden lang. Dann hat es angefangen zu regnen. Wenn nicht dieses Teenagerpärchen auf den Parkplatz gekommen wäre, um zum Abschluss des Abends noch ein bisschen rumzumachen, dann hätten die beiden womöglich die ganze Nacht dort gelegen. Der Rettungshubschrauber ist schon unterwegs. Sie bringen sie runter nach Bangor ins Eastern Maine. «
    » Ist die State Police schon da? « , erkundigte sich Maggie. Die Maine State Police, abgekürzt MSP , war für alle Mordfälle im Bundesstaat Maine außerhalb von Portland und Bangor zuständig. Manchmal forderte sie für ihre Ermittlungen zusätzliche Unterstützung aus dem Sheriffbüro des County oder von der örtlichen Polizei an. Manchmal auch nicht.
    » Vor zehn Minuten sind ein Detective namens Emmett Ganzer und ein Team Kriminaltechniker hier angekommen. Zuvor waren nur ich, einer meiner Hilfssheriffs und ein paar Streifenbeamte da. Aber jetzt stapft dieser Ganzer hier durch die Gegend wie ein Feldwebel und will, dass alle nach seiner Pfeife tanzen. «
    Maggie kannte Ganzer noch aus der Ausbildung. Sie mochte ihn nicht besonders. Er war ein guter Kriminalpolizist. Klug, aber übertrieben aggressiv. Vor allem für Frauen war es immer schwierig gewesen, mit ihm klarzukommen.
    » Da wären noch zwei Dinge, die dich vielleicht interessieren könnten. «
    » Schieß los. «
    » Gestern Abend gegen Viertel vor neun hat Em versucht, mich von ihrer Praxis aus zu erreichen. Sie hat sowohl zu Hause als auch auf meinem Handy angerufen. Und jedes Mal hat sie eine Nachricht hinterlassen: einmal, dass ich sie zurückrufen, das andere Mal, dass ich zu ihr kommen solle. Und dass es sehr dringend sei. «
    » Wo warst du? «
    » Ich stand unter der Dusche, und Anya war nicht