Todesnacht: Thriller (German Edition)
sie davon ausgegangen, dass er an einem dienstfreien Samstagmorgen um halb zehn noch im Bett lag – wahrscheinlich zusammen mit seiner Freundin Kyra.
» Gestern Nacht war’s einfach viel zu heiß zum Schlafen « , meinte er. » Und heute früh auch. Kyra ist nicht da, daher bin ich mit Casey hier heruntergekommen. Immerhin haben sie hier Käseomeletts und eine Klimaanlage. « Casey war McCabes bezaubernde, sechzehnjährige Tochter. Sie war auch einer der Hauptgründe für seinen Umzug nach Maine gewesen. McCabe hatte ihr eine kinderfreundlichere Umgebung als die Straßen von Manhattan bieten wollen. » Komm doch vorbei, und setz dich zu uns « , fuhr er fort. » In deiner Wohnung muss es ja noch heißer sein als in meiner. «
» Liebend gern. Aber leider muss ich arbeiten, und zwar ungefähr vier Autostunden von Portland entfernt. «
» Ehrlich? Wo denn? Und was machst du da? «
Maggie erzählte ihm von dem Anruf ihres Vaters mitten in der Nacht. Von Stoddards und Blakemores Ermordung. Und von Emilys Verletzungen. McCabe kannte Em. Sie hatten in der Vergangenheit schon häufig Zeit miteinander verbracht, und er mochte sie sehr.
Erst nachdem sie ihm die Einzelheiten der Vorfälle auf dem Parkplatz des Machias State Park und ihr Gespräch mit Sergeant Sean Carroll von der Maine State Police geschildert hatte, fragte er: » Wie ist Carroll denn so? «
» Kann ich noch nicht beurteilen. Bis auf die Tatsache, dass er besser aussieht, als gut für ihn ist. «
» Verstehe. Aber Sergeant Gut Aussehend will sich von dir helfen lassen? «
» Will er. Allerdings vorerst nur bis Montag. Danach wird neu entschieden. Kann sein, dass ich in der nächsten Woche noch ein paar Tage Urlaub beantrage, vorausgesetzt, du bist damit einverstanden. «
McCabe antwortete nicht sofort. Anscheinend ließ er sich durch den Kopf gehen, was sie über die Morde gesagt hatte. » In Ordnung « , sagte er schließlich. » Ich sage in der Chefetage Bescheid. Im Moment ist ja nicht besonders viel los, es dürfte also keine Probleme geben. «
Kyle Carnes musste vor den Haftrichter geführt werden, aber damit kamen er und Cleary hervorragend alleine klar. Falls irgendetwas geschehen sollte, würde er für sie einspringen, so gut es eben ging. Und wenn es nicht mehr ging, dann würde er ihr mitteilen, dass es an der Zeit sei, nach Portland zurückzukehren.
» Eine letzte Sache noch « , fügte er hinzu. » Hat Carroll dich als Partnerin mit ins Team geholt, oder arbeitest du auf eigene Faust? «
» Ich soll direkt für ihn und mit ihm zusammenarbeiten. Ob er sich dann vornehm zurückhält und den stillen Beobachter gibt oder sich lieber gemeinsam mit mir die Finger schmutzig machen will, ist mir noch nicht ganz klar. «
McCabe blieb einen Augenblick lang stumm. Sie spürte, dass er mit ihrer Antwort nicht vollends zufrieden war. » Verstehe « , sagte er schließlich. » Wenn das so ist, dann möchte ich, dass du mich anrufst, wenn das Ganze irgendwie schwierig wird. «
» Das wird nicht nötig sein, McCabe. «
» Doch. Ich habe ein ungutes Gefühl, wenn du als die Neue alleine einer unüberschaubaren und potenziell gefährlichen Situation ausgesetzt bist. «
» Es ist wirklich kein Problem « , erwiderte Maggie. » Ich will dich da bestimmt nicht mit hineinziehen. «
» Das brauchst du auch gar nicht. Sag mir einfach Bescheid, dann komme ich sofort. Du würdest das Gleiche doch auch für mich tun. «
Sie widersprach ihm nicht. Er hatte recht.
Niemand reißt sich darum, Angehörige eines Todesopfers zu benachrichtigen. Es ist alles andere als einfach, einem Menschen mitzuteilen, dass er den Mann oder die Frau oder – schlimmer noch – ein Kind verloren hat. Sämtliche Standardphrasen – » Es ist ein schmerzhafter Verlust für Sie, und es tut mir sehr leid « , » Sie hat nicht gelitten « , » Dort, wo er jetzt ist, geht es ihm besser « –, ganz egal, wie ernst sie gemeint waren, klangen hölzern und einstudiert. Aber angesichts der Tragödien, die die Stoddards schon erlitten hatten, würde dies hier ein besonders schrecklicher Besuch werden.
Als Maggie an die Haustür klopfte, hörte sie zunächst nur ein grollendes, lautes Bellen. Sie klopfte noch einmal. Das Bellen wurde noch lauter. Sie überlegte schon, ob sie zur Rückseite des Hauses herumgehen sollte, als die Tür sich einen Spalt weit öffnete. Die schwarz-braune Schnauze eines großen Rottweilers schob sich in den Spalt, und das Bellen ging in ein tiefes, drohendes
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