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Todesnacht: Thriller (German Edition)

Todesnacht: Thriller (German Edition)

Titel: Todesnacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Hayman
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Kassiererin im Drogeriemarkt in Machias verdiente. Und so kam es, dass Maggie in der letzten Juliwoche und den ganzen August über an drei Nachmittagen pro Woche, während Em in der Eisenwarenhandlung arbeitete und Sam angeblich über seinem Roman brütete, ins Atelier kam und sich von Julia malen ließ. Obwohl sie oftmals nur kleine Skizzen in athletischen, tänzerischen Posen anfertigte. Sie brauchte nie länger als fünf Minuten für eine.
    Bei einer Gelegenheit entdeckte Maggie, dass Sam vor dem offenen Fenster stand und ihren nackten Körper anstarrte. Er wandte sich auch nicht ab, als er ihren Blick bemerkte. Lächelte lediglich verschmitzt und betrachtete sie noch ein, zwei Minuten länger. In seinem Blick lag Verlangen. Maggie hielt ihre Pose, erwiderte Sams Blick und empfand eine Art prickelndes, verbotenes Vergnügen, das der Gewissheit entsprang, dass sie, wenn sie Sam wirklich haben wollte – sei es heute oder an jedem anderen Tag –, ihn haben könnte. Zumindest so lange, bis jemand Neueres, Interessanteres des Weges käme.
    » Hör auf, Maggie anzustarren, Sam « , sagte Julia, als sie ihn ebenfalls bemerkte. » Das ist unanständig. Geh wieder an die Arbeit. «
    Maggie hatte Emily nie etwas von dieser Begegnung erzählt. Was hätte sie auch sagen sollen? Es war ja nichts passiert. Gar nichts. Nur ein Blick, ein Lächeln, eine stumme Einladung. Trotzdem fragte sie sich jetzt, wie so oft in der Vergangenheit, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie damals mit achtzehn den Mut aufgebracht hätte, ihrer besten Freundin zu sagen, dass sie dem Mann, dem sie von diesem Sommer an blindlings verfallen war, niemals vertrauen durfte.
    Zwei Jahre später starb Julia. Sie hinterließ Sam das Haus, etliche hundert Gemälde – darunter auch ungefähr ein Dutzend von Maggie – sowie einen Batzen ihres ansehnlichen Vermögens. In ihrem Testament äußerte sie die Hoffnung, dass er das Haus genauso nutzen möge wie sie: als einen Ort, an dem er Kunst schaffen und den er sich mit einem geliebten Menschen teilen konnte.

21
    Samstag, 22. August 2009, 22.17 Uhr
    Eastport, Maine
    Das Dirty Annie’s trug seinen Namen zu Recht. Es war ohne Frage die schäbigste, schmuddeligste, heruntergekommenste Kneipe in ganz Eastport – mehr noch: im gesamten Washington County. Wäre irgendjemand auf die idiotische Idee gekommen, einen Wettbewerb für die fieseste Spelunke in ganz Maine zu veranstalten, das Annie’s wäre als klarer Favorit ins Rennen gegangen.
    Trotzdem gab es den Laden schon lange, und nach Ansicht einer großen Mehrheit der Einheimischen würde es ihn auch noch viele weitere Jahre geben. Annie verkaufte billigen Schnaps und scherte sich nicht weiter darum, wie man sich bei ihr aufführte, solange man dabei nichts kaputt machte oder zumindest im Anschluss bereit war, den Schaden wiedergutzumachen. Sie verfügte über eine stattliche Gemeinde aus trinkfesten Stammkunden, die sich entweder keine andere Kneipe leisten konnten oder nirgendwo anders hingehen wollten.
    Luke Haskell war einer von Annies besten Kunden. Schon seit Jahren. Kam jeden Nachmittag vorbei, sobald er die Katie Louise vertäut hatte. Genehmigte sich ein paar Drinks. Als Appetitanreger, wie er zu sagen pflegte. Dann bestellte er sich etwas zu essen. Eine Schüssel Chili oder eine Fischsuppe. Wenn er satt war, fing er an, sich systematisch die Kante zu geben, und schüttete den Rest des Abends so viel Schnaps in seinen dürren Körper, wie er nur bei sich behalten konnte. An den meisten Abenden schubste Annie ihn kurz vor der Bewusstlosigkeit hinaus, drehte ihn auf der Water Street in Richtung Hafendamm und ermahnte ihn, sich den Wecker zu stellen, weil er am nächsten Morgen wieder früh raus müsse, um für Pike Stoddard Hummer zu fangen.
    Auch an diesem Samstagabend nickte Luke auf Annies Anweisungen hin und machte sich torkelnd auf den Weg nach Hause, wobei zu Hause wieder einmal nur die enge, dunkle Kabine der Katie Louise war. Bedingt durch seinen Zustand, musste er seine gesamte Konzentration darauf verwenden, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Daher bemerkte er den Mann nicht, der aus der Gasse neben dem Dirty Annie’s huschte und ihm in sechs, sieben Metern Entfernung folgte.
    Luke kam nur langsam voran. Immer wieder musste er stehen bleiben und sich mit der linken Hand an einer Hauswand oder – wenn er gerade ein wenig dichter an den Bordstein geraten war – mit der rechten an einem parkenden Auto abstützen, um zu verhindern,

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