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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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all diese Errungenschaften. Leise bog ich um eine Ecke und fand eine Reihe von acht Fenstern, alle mit geschlossenen Rollos. Ich ging weiter. Ungefähr zehn Meter vom Haus entfernt sah ich eine Reihe von Schuppen. Dahinter wollte ich mich verstecken.
    Ich war vielleicht noch sechs Meter von den Schuppen entfernt, als plötzlich ein entsetzlicher Lärm losbrach: das wahnsinnige Gebell mehrerer großer Hunde. Ich ließ mich zu Boden fallen, rollte mich instinktiv so klein zusammen, wie ich es vermochte, und zog die Hände fest an die Brust.

    Das Gebell wurde heftiger, Krallen kratzten an Holz, Tiere winselten, verletzten sich gegenseitig in ihrer Gier, an mich heranzukommen, der Erste zu sein, der mich in Stücke riss.
    Nichts geschah: Ich hörte kein Getrappel großer Pfoten, keine spitzen Zähne bohrten sich in mein Fleisch. Doch der Krach ging weiter, die Hunde wurden immer wütender, aufeinander, auf mich, auf die ganze Situation. Und mit einem Mal wurde mir klar, dass sie mich nicht erreichen konnten. Sie waren eingesperrt. Die Erleichterung war so groß, dass ich fast ohnmächtig wurde.
    Langsam zwang ich mich dazu, mich wieder zu bewegen. Ich schob mich den Weg zurück, den ich gekommen war, zu dem Aufenthaltsraum und der Küche. Als meine Witterung sich verflüchtigte, beruhigten sich die Hunde allmählich. Kurz darauf hörte ich eine Männerstimme, die auf sie einredete, sie beschwichtigte.
    Der Fernseher im Aufenthaltsraum war eingeschaltet, und einige der Männer hatten sich darum versammelt und sahen voller Interesse zu. Mit ein bisschen Glück würde sie das eine Weile ablenken. Außerdem ging ich davon aus – obgleich ich nach meinem Ausflug von eben in die Welt der Kaniden noch immer heftig zitterte  –, dass die Gegenwart der Hunde ein gutes Zeichen war, solange sie eingesperrt blieben. Wenn Wachhunde auf der Insel für Sicherheit sorgten, verließen sich die Leute hier vielleicht weniger auf Einrichtungen wie Alarmanlagen und Kameras. Waren die Hunde natürlich erst einmal draußen, betrug meine Lebenserwartung noch etwa zehn Minuten.
    Die Küche war leer, das Raucherfenster stand noch immer offen.
    Es war lächerlich, bescheuert, das auch nur in Erwägung zu ziehen, wenn die Hälfte des Klinikpersonals im Nebenzimmer saß. Viel besser wäre es, über die Insel zurückzuschleichen, in mein Boot zu steigen und nach Unst zu segeln. Helen irgendwie dazu zu bringen, früher als geplant wieder hier aufzutauchen, Tronal zu überrumpeln. So könnte ich mich vielleicht noch des Lebens erfreuen, wenn die Sonne aufging. Doch wäre Dana dann auch noch am Leben?

    Ich schaute mich um, entdeckte einen hohen Busch und rannte darauf zu. Dahinter zerrte ich den Rucksack herunter und zog mein Ölzeug aus. Darunter trug ich die Krankenhauskleidung, die ich schon den ganzen Tag anhatte. Ich stülpte mir eine Haube über den Kopf und stopfte mein Haar darunter. Flüchtig und aus der Ferne erblickt, war es gerade eben möglich, keinen Großalarm auszulösen. Ich rannte los, hielt inne, um zu überprüfen, ob die Küche immer noch leer war.
    Der Fernseher nebenan lief ziemlich laut, und ich war mir fast sicher, dass niemand mich gehört hatte. Ich krabbelte über einen Edelstahltresen, ließ mich zu Boden fallen und lauschte: nichts als die gedämpften Fangesänge eines voll besetzten Stadions im Fernsehen und ein gelegentlicher Fluch aus dem Nebenzimmer. Ich beugte mich vor und zog das Fenster herunter, bis es fast, aber nicht ganz zu war. Mit etwas Glück würde es jeder für geschlossen und verriegelt halten. Ich ging durch die Küche und öffnete leise die Tür. Der Korridor war leer, und ich lief los, nach links, weg vom Aufenthaltsraum. Als ich hochschaute, bemerkte ich Kameras, die unauffällig im Winkel zwischen Wand und Decke klemmten. Ich musste einfach darauf bauen, dass niemand die Aufnahmen auf irgendwelchen Bildschirmen überwachte.
    Langsam und leise ging ich weiter und horchte wachsam auf das leiseste Geräusch, das mir hätte verraten können, dass jemand kam. In der Wand zu meiner Rechten befanden sich mehrere Fenster, die einen undeutlichen Blick auf den Innenhof gewährten. Auf der anderen Seite des Hofs gab es einen zweiten beleuchteten Korridor mit Fenstern. Es würde nicht leicht sein, unbemerkt zu bleiben. Von außen wirkte das Gebäude alt, doch

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