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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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ein paar Tage für mich allein zu haben, nicht so tun zu müssen, als wäre alles bestens.
    Zweitens kam ich in der Arbeit nicht gut zurecht. Noch war nichts schiefgegangen, alle meine Kinder waren erfolgreich zur Welt gebracht worden und gesund. Mit Hilfe des Teams hatte ich Janet Kennedy vor ein paar Tagen wahrscheinlich das Leben gerettet. Aber irgendwie lief es nicht rund. Ich kam mir linkisch und ungeschickt vor, sowohl im OP als auch im Kreißsaal; und ich war mir ziemlich sicher, dass niemand mich wirklich mochte, weder die Patienten noch die Kollegen und anderen Mitarbeiter. Und das lag einzig und allein an mir. Ich konnte mich einfach nicht entspannen und ganz natürlich geben. Entweder war ich steif und abweisend, oder ich bemühte mich zu sehr, machte unpassende Scherze und bekam leere Blicke als Antwort.
    Drittens hätte ich nur zu gern gewusst, wie es mit den Mordermittlungen voranging. An dem Tag, nachdem DS Tulloch mich aufgesucht hatte, war ich noch einmal von einem Detective Chief Inspector aus Inverness befragt worden. Er hatte nichts anderes
getan, als die Fragen zu wiederholen, die Tulloch mir bereits gestellt hatte. Zu meiner Überraschung hatte er bedächtig genickt, als ich DI Dunns Theorie zitierte, dass die Ermordete nicht von den Inseln stammte. Danach erfuhr ich von Duncan, dass der größte Teil des Festlandteams zurückbeordert worden war und Dunn und Tulloch wieder das Sagen hatten. Aber auch Dunn, so Duncan, war normalerweise nicht auf den Shetlands stationiert, sondern auf dem Festland, in Wick.
    Ich überlegte, ob ich Dana Tulloch anrufen solle, hatte aber keine große Lust auf die unausweichliche Abfuhr, die ich mir einhandeln würde. Während der letzten Tage hatte ich sorgsam darauf geachtet, die Abendnachrichten im Fernsehen nicht zu versäumen, aber nichts Neues erfahren. In der Lokalpresse war darüber berichtet worden und auf Shetland TV, aber viel weniger, als ich erwartet hatte. Niemand von den Medien hatte versucht, mich zu interviewen. Niemand in der Klinik hatte sich die Mühe gemacht, sich danach zu erkundigen, obgleich ich mir sicher war, den einen oder anderen seltsamen Blick aufgefangen zu haben. Ebenso wenig hatte irgendeiner unserer Nachbarn, beseelt von freundlicher Neugier, vorbeigeschaut.
    Am Cafeteriatisch, zusammen mit ein paar Kollegen, hatte ich es unglaublich frustrierend gefunden, dass die Gespräche sich um Schulsportfeste, die Preiserhöhung für Busfahrscheine und die Bauarbeiten auf der A970 drehten. Mein Gott, hätte ich am liebsten losgebrüllt, wir haben vor vier Tagen eine Leiche ausgegraben, keine fünfzehn Kilometer von hier. Sie liegt jetzt in der Leichenhalle. Interessiert das denn keinen? Natürlich hatte ich das nicht getan, mich aber gefragt, ob Giffords verkappte Warnung mir gegenüber an jenem Abend im Pub in der ganzen Klinik wiederholt worden war: Sprecht nicht über diesen besonders grässlichen Mord, der sich da in unserer Mitte ereignet hat, denn das wäre schlecht für das soziale und ökonomische Wohlergehen der Inseln; sprecht nicht darüber, dann verschwindet das Ganze vielleicht einfach.
    Und dann war da noch Kenn Gifford.

    Ich hatte ihn erst vor vier Tagen kennengelernt, und während dieser Zeit war er mir sehr viel mehr im Kopf herumgegangen, als er eigentlich sollte. Ich war sogar so weit gegangen, mir Scotts Ivanhoe zu kaufen, hatte gierig jede Beschreibung der Figur aufgesogen, mit der er mich verglichen hatte, und war geradezu absurd geschmeichelt gewesen angesichts von Bezeichnungen wie »erhabene Größe«, »Haut von erlesener Blässe« und ȟppiges Haar von einer Farbe zwischen Braun und Flachsblond«.
    Ich war seit fünf Jahren verheiratet, und selbstverständlich war Gifford nicht der erste Mann, den ich während dieser Zeit anziehend gefunden hatte. Ich war auch durchaus einigen begegnet, die mich interessant gefunden hatten. Doch das war niemals wirklich ein Problem gewesen. Sehen Sie, ich habe da diesen ganz einfachen Test. Ich sage mir: »Tora, ganz gleich, wie liebenswert, ganz gleich, wie attraktiv er auch sein mag, kann er sich wirklich, ganz ehrlich, mit Duncan messen?« Und die Antwort war stets dieselbe: niemals, in einer Million Jahren nicht. Doch in Giffords Fall war die Antwort nicht ganz so eindeutig.
    Alles in allem hatte ich ziemlich viel zum Nachdenken.
    Henry, der möglicherweise meine Stimmung

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