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Todesopfer

Todesopfer

Titel: Todesopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Bolton
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ich sage Ihnen, was nicht gepasst hat.«
    Â»Was denn?«
    Â»Na ja, anscheinend war Melissa Gair schwanger, als sie das erste Mal zu ihrem Frauenarzt gegangen ist. Noch im Frühstadium. Nicht mal Stephen Gair wusste davon.«
    Â»Gifford hat’s mir erzählt.«
    Ein scharfes Luftholen. »Der verdammte Kerl ist die Pest. Jedenfalls hat Melissa bei ihrem Arzt eine Urinuntersuchung machen lassen, die gezeigt hat, dass sie schwanger war. Aber bei der Autopsie, drei Wochen später, war sie’s nicht mehr.«
    Es tat mir leid, Danas Enthusiasmus einen Dämpfer zu verpassen, doch ich wollte nicht, dass sie Phantomen nachjagte.
    Â»Das lässt sich ganz einfach erklären.«
    Â»Wie denn?«
    Â»Viele frühe Schwangerschaften entwickeln sich nicht weiter. Sobald ein Ei befruchtet wird, lassen sich die Schwangerschaftshormone im Blut der Frau nachweisen, was dann zu einem positiven Schwangerschaftstest führt, aber dann stirbt das Ei ab. Melissa könnte zwischen ihrem Besuch beim Frauenarzt und ihrer Einlieferung ins Krankenhaus eine Periode gehabt haben, die in Wirklichkeit eine sehr frühe Fehlgeburt war. Wenn man bedenkt, wie invasiv der Krebs war, würde ich das für ziemlich wahrscheinlich halten.«
    Es herrschte Schweigen, während Dana die Information verarbeitete, die ich ihr gerade gegeben hatte.
    Â»Dana«, fuhr ich fort, als sie noch immer nichts gesagt hatte. »Ich habe nachgedacht. Vielleicht war die Frau, die mit Krebs ins Krankenhaus gekommen ist, gar nicht Melissa Gair. Vielleicht sind die Krankenakten verwechselt worden.«
    Â»Daran haben wir auch gedacht.«
    Â»Und …«
    Â»Sie war es. Ihr Arzt schwört Stein und Bein, dass Melissa ihn aufgesucht hat. Er kannte sie seit Jahren. Wir haben auch mit der
Arzthelferin am Empfang der Praxis gesprochen. Sie kannte Melissa auch. Das Klinikpersonal hatte sie nicht persönlich gekannt, aber ich habe den Leuten Fotos gezeigt, und sie waren sich ziemlich sicher, dass sie es war. Natürlich hatte sie sich sehr verändert, als sie eingeliefert wurde. Anscheinend ist das so, wenn Leute schlimme Schmerzen haben. Aber sie haben sich alle, jeder Einzelne, genau an ihr Haar und an ihre Haut erinnert. Sie war eine unheimlich schöne Frau.«
    Â»Sie könnten lügen.«
    Sie schwieg einen Moment.
    Â»Na ja, möglich wär’s. Aber ihre Geschichten decken sich alle. Wir sind das Ganze wieder und wieder mit ihnen durchgegangen, und nichts änderte sich.«
    Ich überlegte kurz. »Hatte sie eine Zwillingsschwester?«
    Â»Nein. Einen älteren Bruder, lebt in Amerika.«
    Â»Dann liegen Stephen Renney und ich also falsch? Habe ich mich mit den Zahnaufnahmen geirrt?« Ich konnte es nicht glauben, doch es schien die einzig mögliche Erklärung zu sein.
    Â»Nein, Sie haben sich nicht geirrt. Wir haben die Unterlagen noch von einem anderen Zahnarzt begutachten lassen. Die Leiche in der Pathologie ist definitiv Melissa. Und es wurde noch eine Autopsie durchgeführt. Sie hat auf jeden Fall ein Kind geboren. Außerdem haben sie einen kleinen Knoten in ihrer linken Brust gefunden. Sie untersuchen ihn noch, aber sie glauben, dass er wohl nicht bösartig war.«
    Einen Augenblick lang schwieg ich. Mein Gehirn konnte die Fakten, mit denen ich es fütterte, einfach nicht verarbeiten.
    Â»Wir drehen uns im Kreis«, stellte ich schließlich fest.
    Â»Das kann man wohl sagen.«
    Â»Also, wie geht’s jetzt weiter?«
    Â»Das weiß anscheinend niemand. Die Leute vom Klinikpersonal und der Hausarzt sind alle nach Hause gegangen. Stephen Gair auch.«
    Â»Sie haben sie gehen lassen?«
    Sogar durchs Telefon konnte ich Danas Hilflosigkeit spüren.
»Tora, wer ist unser Verdächtiger? Weswegen sollen wir Anklage gegen ihn erheben? Wir haben sechs – nein, sieben – respektable Angehörige medizinischer Berufe, die alle das Gleiche aussagen: Eine Frau namens Melissa Gair wurde im September 2004 mit akutem Brustkrebs aufgenommen. In Anbetracht des fortgeschrittenen Krankheitsstadiums hat man nicht damit gerechnet, dass sie noch mehr als ein paar Wochen zu leben hatte, und sie ist im Krankenhaus gestorben. Alles ist genau nach Vorschrift abgelaufen. Es gibt keinen Grund, an ihren Aussagen zu zweifeln.«
    Â»Vom Offensichtlichen mal abgesehen«, fauchte ich. Der Kopf des Papageientauchers ruckte zu mir herum, und der Vogel flog davon.

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