Todesreigen
ein Dutzend Häuser wie dieses – modern, mit viel Glas, riesig. Hätte die Georgia-Pacific durch den Ort geführt, dann würde die makellose Gegend, in der Jim und Sandra May DuMont sich niedergelassen hatten, wohl als »richtige« Seite der Gleise gelten.
Sie nippte an ihrem Eistee und glättete ihr Trägerkleid aus Jeansstoff, betrachtete die gelben Lichtreflexe eines halben Dutzends Leuchtkäfer.
Ich glaube, er ist der Mann, der uns helfen kann, Mama, dachte sie.
Vom Himmel kommend…
Bill Ralston war seit dem Tag, an dem sie sich mit ihm getroffen hatte, täglich in die Firma gekommen. Er hatte sich mit aller Energie der Aufgabe verschrieben, DuMont Products Inc. zu retten. Als sie heute Abend um sechs das Büro verlassen hatte, war er immer noch dort gewesen, obwohl er seit den frühen Morgenstunden die Bilanzen der Firma, Jims Korrespondenz und seinen Terminkalender durchgearbeitet hatte. Vor einer halben Stunde hatte er sie angerufen und ihr mitgeteilt, dass er etwas gefunden habe, von dem sie besser erfahren solle.
»Kommen Sie rüber«, hatte sie ihn aufgefordert.
»Bin gleich da«, hatte er geantwortet und sich den Weg erklären lassen.
In diesem Moment hielt er direkt vor dem Haus, und sie bemerkte Schatten in den Erkerfenstern der Häuser auf der anderen Straßenseite. Ihre Nachbarinnen, Beth und Sally, wollten sich die ungewohnte Aktivität nicht entgehen lassen.
So, die Witwe hat einen Freund, der vorbeischaut.
Sie hörte das Knirschen auf dem Kies, ehe sie sehen konnte, wie Ralston sich in der Dunkelheit näherte.
»Hey«, sagte sie.
»Das sagt
tatsächlich
jeder hier unten«, entgegnete er. »›Hey.‹«
»Natürlich. Nur dass es ›je’er‹ heißt. Nicht ›jeder‹.«
»Wird beachtet, Ma’am.«
»Ihr Yankees.«
Ralston nahm auf der Schaukel Platz. Er hatte sich den Südstaatensitten angepasst. Heute Abend trug er Jeans und ein Arbeitshemd. Und, mein Gott, Stiefel. Er sah aus wie einer der Jungs in einer der Kneipen am Straßenrand, die ihren Ehefrauen für einen Abend entflohen, um mit ihren Kumpels Bier zu trinken oder mit so hübschen und bereitwilligen Mädchen wie Loretta zu flirten.
»Hab ein bisschen Wein mitgebracht«, sagte er.
»Na, das klingt nicht schlecht.«
»Ich liebe Ihren Akzent«, erklärte er.
»Langsam –
Sie
sind derjenige mit dem Akzent.«
Im breitesten Mafioso-Nuscheln entgegnete er: »Vergisses. Ich hab kein’ Akzent.« Sie lachten, und er deutete zum Horizont. »Schauen Sie sich diesen Mond an.«
»Keine Städte in der Nähe, keine Lichter. Man sieht die Sterne so klar wie sein Gewissen.«
Er goss ihnen Wein ein. Pappbecher und einen Korkenzieher hatte er mitgebracht.
»Oh, hey, langsam.« Sandra May hielt eine Hand hoch. »Ich hab nicht viel getrunken seit… Nun, nach dem Unfall hab ich beschlossen, dass ich die Zügel fest in der Hand behalte.«
»Trinken Sie einfach, was Sie wollen«, beschwichtigte er sie. »Mit dem Rest gießen wir die Geranien.«
»Das ist eine Bougainvillea.«
»Oh, vergessen Sie nicht, dass ich ein Junge aus der Stadt bin.« Er stieß seinen Becher gegen ihren und trank einen Schluck Wein. Leise sagte er: »Es muss ziemlich hart gewesen sein. Mit Jim, meine ich.«
Sie nickte, sagte aber nichts.
»Auf bessere Zeiten.«
»Bessere Zeiten«, entgegnete sie. Sie prosteten sich zu und tranken noch einen Schluck.
»Okay, ich sag Ihnen jetzt, was ich entdeckt hab.«
Sandra May atmete tief durch und trank noch einen Schluck Wein. »Fangen Sie an.«
»Ihr Mann… hm, wenn ich ehrlich sein soll… Er hat Geld versteckt.«
»Versteckt?«
»Na ja, vielleicht ist der Ausdruck zu hart. Sagen wir, er hat es so deponiert, dass man seinen Weg ziemlich schwer nachvollziehen kann. Es sieht aus, als hätte er in den letzten Jahren einen Teil der Gewinne aus der Firma abgezogen und Aktien von ausländischen Firmen gekauft… Hat er das nie erwähnt?«
»Nein. Damit wäre ich nicht einverstanden gewesen. Ausländische Firmen? Ich halte nicht einmal viel vom amerikanischen Aktienmarkt. Ich denke, die Leute sollten ihr Geld auf die Bank bringen. Oder besser noch unters Bett stecken. Das war die Philosophie meiner Mutter. Sie nannte es die Erste Ergonomische Nationalbank.«
Er lachte. Sandra May trank ihren Becher aus. Ralston schenkte ihr nach.
»Um wie viel Geld geht es?«, fragte sie.
»Etwas mehr als zweihunderttausend.«
Sie blinzelte. »Mein Gott, das könnte ich wirklich gebrauchen. Und zwar bald. Gibt es eine
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