Todesreigen
gemalten Himmelskörpern, denen der Raum seinen wenig juristischen Namen verdankte.
Bolt betrachtete den Gefangenen auf der Anklagebank. Charles Cooper war bleich, und ein Verband verdeckte seine Schläfe. Zwei große bewaffnete Sergeanten standen hinter dem Gefangenen. Die Öffentlichkeit war zu den Verhandlungen der Star Chamber nicht zugelassen, doch hatte das Gericht in all seiner Milde die Anwesenheit Margaret Coopers, der Ehefrau des Angeklagten, gestattet. Bolt beobachtete, dass das Gesicht der ansonsten hübschen Frau so bleich war wie das ihres Mannes und dass ihre Augen von Tränen gerötet waren.
Am Tisch der Verteidigung entdeckte Bolt einen cleveren Anwalt aus einer der Juristenvereinigungen und einen anderen Mann in den späten Dreißigern, an dem ihm irgendetwas vage bekannt vorkam. Er war schmal, hatte lange braune Haare und eine beginnende Glatze und trug ein Hemd, Kniehosen und halbhohe Schnürstiefel. Vielleicht ein Leumundszeuge. Bolt wusste genau, dass Cooper angesichts der Fakten in diesem Fall keine Chance hatte, einem Schuldspruch zu entrinnen; die Verteidigung würde sich vielmehr darauf konzentrieren, die Bestrafung zu mildern. Bolts wichtigste Aufgabe lag darin, diese Taktik nicht zum Erfolg kommen zu lassen.
Bolt nahm den Platz neben seinen eigenen Zeugen ein – dem Constable und dem Lakaien, die mit nervös verschränkten Händen nebeneinander saßen.
Eine Tür öffnete sich, und fünf Männer in Talaren und Perücken traten ein, die Richter der Star Chamber, die sich aus mehreren – heute waren es drei – Mitgliedern des Geheimen Rates der Königin sowie zwei Richtern des Obersten Gerichts, einem Strafgerichtshof, zusammensetzten. Die Männer nahmen Platz und ordneten ihre Unterlagen.
Bolt war zufrieden. Er kannte jeden Einzelnen dieser Männer und las aus ihren Augen, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach schon ihr Urteil im Sinne der Anklage gefällt hatten. Er fragte sich, wie viele von ihnen wohl von Murtaughs besonderen Fähigkeiten im Tilgen von Schulden profitiert hatten. Vielleicht sogar alle.
Der Großkanzler, ein Mitglied des Geheimen Rates, las von einem Blatt Papier ab. »Dieser besondere Gerichtshof, einberufen unter der Autorität Ihrer Königlichen Hoheit Elizabeth Regina, hat seine Sitzung eröffnet. Alle, die vor diesem Gericht etwas zu verhandeln haben, mögen vortreten und ihre Sache darlegen. Gott schütze die Königin.«
Dann fixierte er den Gefangenen auf der Anklagebank und fuhr mit ernster Stimme fort: »Die Krone klagt Euch, Charles Cooper, des Mordes an Sir Robert Murtaugh an, einem Ritter und Peer des Königreiches, den Ihr am fünfzehnten Juni im zweiundvierzigsten Jahr der Regentschaft unserer Herrscherin, Ihrer Majestät der Königin, ohne Provokation oder Entschuldigung auf schwerwiegendste Weise angegriffen und ums Leben gebracht habt. Der Ankläger der Krone wird den Fall vor den hier versammelten Kanzlern und Richtern darlegen.«
»Wenn es dieser edlen Versammlung beliebt«, hob Bolt an, »so haben wir hier einen Fall von höchst eindeutigen Umrissen, der nur wenig von Eurer Zeit beanspruchen wird. Der Weinhändler Charles Cooper hat, vor Zeugen, auf dem Temple Wharf Sir Robert Murtaugh aus unbekannten Motiven angegriffen und ermordet. Wir haben Zeugen für diese gewaltsame und ohne Provokation erfolgte Tat.«
»Ruft sie auf.«
Bolt nickte dem Lakaien Henry Rawlings zu, der sich erhob, den Eid ablegte und mit seiner Aussage begann: »Ich, Sir, war gerade auf dem Weg zum Temple Wharf. Da kam ein Mann und sagte, ich sollte mich beeilen. Er sagte: ›Schaut nur, da vorn gibt’s Ärger, denn das ist Sir Robert Murtaugh.‹ Ehrlich, meine Herren, der Gefangene da vor unseren Augen, auf der Anklagebank, der hat Sir Murtaugh mit dem Schwert bedroht. Dann machte er einen Satz auf den unglücklichen Peer zu und stieß die schlimmsten Drohungen aus.«
»Und was genau waren seine Worte?«
»Sie waren ungefähr so: ›Schurke, Ihr sollt sterben!‹ Dann ging das Duell weiter. Und Sir Murtaugh schrie: ›Hilfe! Hilfe! Mord, Mord!‹
Dann rannte ich los, um den Constable zu Hilfe zu rufen. Wir kamen zurück, mit den Amtsdienern als Verstärkung, und konnten gerade noch sehen, wie der Gefangene auf den armen Sir Murtaugh einschlug. Er stürzte durch das Geländer hindurch zu Tode. Es war schrecklich, ein furchtbarer Anblick.«
Dann stellte das Gericht es dem Verteidiger frei, den Lakaien ins Kreuzverhör zu nehmen, doch Coopers Anwalt entschied sich,
Weitere Kostenlose Bücher