Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Gedanken ihren Liebsten. Das Übel ist allgegenwärtig und ich habe keineswegs die Absicht, das nächste Opfer in diesem Drama zu spielen.
Inzwischen war Molly am Haus der Familie Richter/Witt angelangt. Diesmal wurde die Haustür von Frau Richter persönlich geöffnet. Diese entschuldigte sich sofort, dass sie nur wenig Zeit hätte, der Umzug und das ganze Drumherum.
Wie beim letzten Mal stand Molly wieder in der Diele umgeben von Kartons und allerlei Durcheinander. Auch die Kommode mit den Fotografien stand noch an derselben Stelle.
„Was sind das nur für reizende kleine Kinder, eines hübscher als das andere!“, rief Molly verzückt mit Blick auf die Fotos. Aus den Augenwinkeln konnte sie beobachten, dass Theresas Gesicht sich kaum merklich verkrampfte.
„Meine Kinder, vor etwa 20 Jahren. Da war die Welt noch in Ordnung.“ Ein leichtes Zittern lag in ihrer Stimme, doch schnell hatte sie sich wieder im Griff. „Was kann ich denn für Sie tun? Am Telefon erwähnten Sie, dass Sie noch ein paar Hinweise zu den alten Familienfotos meines Mannes bräuchten?“
Molly beugte sich mit Theresa über die mitgebrachten Bilder und ließ sich von ihr die Identität einzelner unbekannter Personen erklären.
„Leider besitze ich kein einziges Foto von meinem Neffen Christoph. Ich habe ihn ja nie persönlich zu Gesicht bekommen.“ Wehmütig schaute Molly Theresa an. Sie hatte ihr am Telefon schon ein wenig von den Umständen erzählt, die sie wieder nach Heiligenburg gebracht hatten.
„Mein Sohn Sebastian war sehr eng mit Christoph befreundet. Sie haben zusammen Sport gemacht und auch sonst war Sebi sehr häufig bei ihm zuhause. Er vermisst seinen Freund so sehr“, erzählte Theresa Molly mit einem unendlich müden und traurigen Ausdruck in den Augen, sodass diese es nicht wagte, von ihrem Verdacht zu berichten. Wozu die arme Frau noch mehr belasten. Vielleicht bin ich ja auf einer ganz falschen Fährte und Sebastian hat mit allem nichts zu tun. Auf jeden Fall würde sie Sebastian von nun an im Fokus behalten, man konnte ja nie wissen.
Enttäuscht, nicht noch mehr über die Familie Richter/Witt erfahren zu haben, wollte sich Molly wieder auf den Heimweg machen. Da hielt Theresa sie noch einmal zurück.
„Warten Sie, beim Sortieren habe ich kürzlich ein Foto von Sebastian und Christoph gefunden. Hier links im Bild, das ist Christoph, er war ein sehr gut aussehender junger Mann, genau wie mein Sebastian es ist. Das Foto ist nicht mehr das Aktuellste, muss vor ein paar Jahren auf einer Geburtstagsparty aufgenommen worden sein. Aber so haben Sie eine kleine Vorstellung von Ihrem Neffen, ein letztes Erinnerungsstück.“ Mitleidig drückte sie Molly das Foto in die Hand und verabschiedete sich dann von ihr.
Draußen vor dem Haus betrachtete Molly nachdenklich die Personen auf dem Foto, die beiden jungen Männer im Vordergrund und etwas verschwommen im Hintergrund zwei hübsche Mädchen. Zuhause an ihrem Küchentisch würde sie versuchen, die in ihrem Kopf völlig konfus umherwirbelnden Puzzleteilchen zu einem größeren Ganzen zusammenzufügen.
D ie aufgestellten Ventilatoren hatten die Zimmertemperatur im Besprechungsraum ein wenig erträglicher gemacht. Erfreut nahmen dies die inzwischen wieder versammelten Mitglieder der vorzeitig unterbrochenen Besprechung zur Kenntnis. So konnte Maike Gottburg zügig mit ihrem Bericht über die Obduktionsergebnisse fortfahren. Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht und zeigte auf das Tatortfoto von Christoph Stein.
„Sie haben alle eine Kopie meines Berichtes vorliegen. Kurz zusammengefasst: Herr Stein starb an einer Überdosis Anabolika. Er starb nicht unmittelbar nach Verabreichung der Droge, sondern etwa 15 Minuten nach der tödlichen Injektion. Wahrscheinlich wurde er im Schlaf überrascht, was es für den Täter einfach machte, ihm die tödliche Dosis zu verabreichen. Kraft ist in diesem Fall nicht nötig, auch nicht unbedingt medizinische Vorkenntnisse. Die Nadel wurde regelrecht in seinen Oberschenkel hineingestoßen, das beweist dieses Hämatom.“ Maike nahm ein Foto aus der Mappe und hing es an die Wandtafel. „Der Schmerz wird groß gewesen sein und ihn vermutlich geweckt haben. Wir haben kleine Tropfen Blut vom ihm auf der Bettwäsche gefunden. Als er versuchte zu fliehen, stolperte er die Treppe hinunter und brach dann in der Garage tot zusammen. Die Vermutung, dass er floh, wird unterstützt von der Tatsache, dass er keine Schuhe trug, jedoch Socken, an
Weitere Kostenlose Bücher