Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
überrascht er gewesen war, als sie ihm von Großmutter Alma erzählt hatte. Das war also die geheimnisvolle Verwandte, die auf unerklärliche Weise vor so vielen Jahren verloren gegangen war. Und wenn ihn nicht alles täuschte, war sie die Besitzerin des Häuschens, dessen Existenz seinem ehrgeizigen Plan noch ganz gehörig im Weg stand. Hubert fühlte die aufkommende Spannung, die sich langsam in seinem Körper ausbreitete. Ein Leichtes, diese absonderliche Frau für seine Belange einzuspannen. Ein Kinderspiel, leider , dachte er mit leichtem Bedauern, denn nichts liebte er mehr als neue Herausforderungen.
„Du bist Hubert, nicht wahr? Friedrichs Junge.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
Er konnte es kaum glauben, dass dies die Frau sein sollte, von der seine Oma ihm als Kind immer erzählt hatte. Damals hatte er Großmutters Schmerz gespürt, als sie von ihr sprach. Nie hatte er erfahren, was seine Cousine dazu veranlasst hatte, ihre Heimat zu verlassen, um bis jetzt nie wieder zurückzukehren. Dieses Geheimnis hatte Oma mit ins Grab genommen, und ehrlich gesagt interessierte es ihn auch nicht im Geringsten. Das einzige und bedeutungsvolle an dieser Geschichte war die Tatsache, dass er scharf auf etwas war, das dieser alten Schachtel gehörte. Er wollte ihr Haus. Er wollte es unbedingt. Und da nun glücklicherweise kein Christoph mehr dazwischenfunken konnte und er laut Testament seiner Großeltern als nächster Verwandter dieser entzückenden Dame nun das alleinige Vorkaufsrecht besaß, stand dem Kauf ja nichts mehr im Wege. Hubert beschloss, sein Sonntagsgesicht zu präsentieren und lächelte die Frau freundlich an.
„Ganz genau, meine Dame.“ Seine Stimme klang einschmeichelnd und sein Dackelblick hatte ihn bei den alten Herrschaften in der Vergangenheit noch nie im Stich gelassen. Doch als der stumme vorwurfsvolle Blick seiner Cousine ihn mit voller Wucht traf und die Erkenntnis sich in ihm breitmachte, sie hier während der Versammlung angetroffen zu haben, wusste er augenblicklich, dass das Spiel noch lange nicht gewonnen war. Ich verwette meinen Arsch , dachte er verdrossen, dass der schwachsinnige Pütz kein gutes Haar an mir gelassen und mit seinem Gejammer die Alte auf seine Seite gezogen hat . Anders konnte er sich diesen Blick nicht erklären, und siehe da, mit den nächsten Worten bestätigte sich diese Annahme, als sie sagte:
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, schon dein Vater war ein Nichtsnutz. Aber was du dir hier leistest, schlägt dem Fass den Boden aus. That definitely takes the biscuit.“ Donner und Blitz in der Ferne untermalten die beleidigenden Worte der alten Frau und Huberts schlechte Laune verwandelte sich langsam in unbändige Wut. Nur mit allerletzter Mühe hielt er die scharfen Worte zurück, die ihm auf der Zunge lagen.
„Es wird viel erzählt, Cousinchen“, antwortete er stattdessen, aber seine Stimme klang spöttisch, „du solltest nicht alles glauben und dir erst selber ein Bild machen, bevor du urteilst.“ Er lächelte, doch sein Lächeln erreichte seine Augen nicht. Ein weiterer Blitz erhellte den Himmel und ganz plötzlich wusste er, was zu tun war. Zuerst musste er die Nervensäge hier abwimmeln. „Weißt du was, ich lade dich in den Steinhof ein, dann können wir über alles sprechen und du kommst endlich in den Genuss, Oma Almas Kartoffelsalat zu genießen. Schau doch in den nächsten Tagen einfach vorbei. Leider bin ich zurzeit etwas in Eile.“ Er wandte sich zum Gehen, drehte sich jedoch noch einmal um und sagte mit sanfter Stimme: „Ach ja, war nett, dich kennenzulernen. Und übrigens, sie hat viel geweint wegen dir, die Oma Alma.“ Die Betroffenheit in den Gesichtszügen seines Gegenübers zeigte ihm, er hatte voll ins Schwarze getroffen. Gut gelaunt nahm er sein Handy aus der Jeans und wählte Sebastians Nummer.
S ebastian Witt war wütend. Die Polizei hatte Christophs Auto beschlagnahmt und er musste in der brütenden Hitze zu Fuß gehen. Die Hitze machte ihm im Allgemeinen nichts aus, aber die hohe Luftfeuchtigkeit brachte ihn bei der kleinsten Bewegung ins Schwitzen. Er hätte das Auto gerne behalten, ein eigenes konnte er sich noch nicht leisten. Die Modeljobs blieben aus und die wenigen schlecht bezahlten Aufträge, die Hubert ihm hin und wieder zusteckte, deckten gerade einmal seine nötigsten Ausgaben. Bald kam noch hinzu, dass er das neue Apartement bezahlen musste. Wovon er die erste Miete zahlen sollte, war ihm vollkommen
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