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Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)

Titel: Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Wilhelmy
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zitternd auf dem Fußboden der Umkleidekabine, unfähig zu antworten.
    „Ich habe euch gefragt, was ihr hier macht?“, brüllte Rainer unbeherrscht und wandte sich direkt an Annabell. Grob zog er sie zu sich hoch und hielt ihre beiden dünnen Oberarme wie Stahlklammern umschlossen. Sie wimmerte leise. Ihre Beine knickten ein und sie hing wie eine Puppe in der Luft.
    Mutig versuchte Julian aufzustehen, um ihr zu Hilfe zu kommen, doch der Unbekannte stieß ihn mit voller Wucht zurück auf den Boden und hielt Julian die Pistole an die Schläfe.
    „Sitzenbleiben!“, sagte der Mann mit einer ruhigen monotonen Stimme, die Julian weit mehr in Panik versetzte als Rainers aggressives Gebrüll. Der Umstand, dass man ihm eine Pistole an den Kopf hielt, quälte ihn. Das Gefühl der Übelkeit kroch langsam in ihm hoch und er hoffte, sich nicht übergeben zu müssen.
    Rainer schüttelte Annabell heftig. Vor Schmerz oder Angst, Julian wusste es nicht, schrie sie laut auf. Er fühlte sich hilflos und erkannte die Furcht in ihren Augen. Aber er sah auch die immer größer werdende Wut hinter dieser Furcht.
    Annabell , dachte er verzweifelt, mach jetzt keinen Fehler .
    „Lass mich runter, Rainer, du tust mir weh!“, hörte er Annabell kreischen, doch dieser packte sie noch fester.
    Er wird ihr alle Knochen brechen.
    „Okay, okay, ich sag’s dir ja.“ Annabell schaute zu Julian hinüber. In ihren Augen standen Tränen, aber dann lächelte sie. „Julian und ich, wir sind ein Liebespärchen, Rainer. Frisch verliebt. Wir wollten nur ein bisschen allein sein. Verstehst du das, Rainer?“ Provozierend funkelte sie den wütenden Mann an und fuhr fort: „Und als wir Geräusche hörten, haben wir uns versteckt. Es tut uns leid. Wirklich. Lass uns jetzt gehen, bitte. Und sage deinem Gorilla, dass er die Knarre wegstecken soll.“ Atemlos beobachtete Julian das bullige Gesicht des kräftigen Mannes. Ganz langsam lockerte Rainer den Griff und ließ Annabells Arme los. Mit zitternden Beinen blieb sie vor ihm stehen. Sekundenlang passierte nichts. Das Tropfen des Wasserhahns durchbrach die eisige Stille.
    Doch dann … Völlig unerwartet holte Rainer mit seinem rechten Arm aus und schlug Annabell flach mit der Rückseite seiner riesigen Pranke ins Gesicht. Durch die Wucht des Schlages flog Annabell nach hinten und blieb mit blutiger Nase auf dem Boden liegen. Mit schmerzverzerrtem Blick tastete sie ihr Gesicht ab und schaute entsetzt auf ihre blutigen Hände.
    „Verarsch mich nicht, Annabell! Das mit dem Schnauzer, das war doch wohl deine glorreiche Idee, oder? Wir wissen, dass ihr in meinem Büro wart, also erzähle mir keine Märchen.“ Er wandte sich dem anderen Mann zu: „Steck die Knarre weg, Mario. Nicht, dass das Ding noch losgeht.“
    Julian beobachtete mit Erleichterung, dass der Mann dessen Befehl befolgte und die Pistole langsam senkte. Dabei schaute er Julian direkt in die Augen. Julian senkte den Blick.
    „Was machen wir mit ihnen?“, fragte der Mann. Aus den Augenwinkeln betrachtete Julian den Fremden. Neben Rainer wirkte dieser Mann klein und schmächtig. Eine Täuschung. Auch er war muskulös und gut durchtrainiert. Der Mann, gekleidet in einem grauen schicken Anzug und einem weißen Oberhemd, wirkte elegant. Er trug keine Krawatte.
    Ein südländischer Typ mit Anzug, feinen Manieren und perfektem Deutsch , direkt dachte Julian an die Mafia und erschrak. Gleichzeitig versuchte er sich zu beruhigen und sagte sich, nur weil jemand wie ein Italiener aussah, gehörte er noch lange nicht zur Mafia. Ein Kahlrasierter war ja auch nicht automatisch ein Neonazi. Doch die Angst blieb.
    „Das Zeug muss weg.“ Genervt blickte Rainer sich im Raum um. „Hier geht’s nicht, aber hinten den Gang entlang haben wir eine kleine Kammer mit Turngeräten. Dort schließen wir die beiden ein, schaffen die Ware weg und dann …“ Er sprach nicht weiter, sondern drehte sich um und ging in Richtung Tür.
    „Also los, ihr zwei, ihr habt es gehört.“ Der Mann mit Namen Mario zückte erneut seine Pistole und wies ihnen damit den Weg.
    Julian erhob sich. Niederschmetternde Hoffnungslosigkeit breitete sich in ihm aus. Seine Beine fühlten sich an wie Gummi, als er zu Annabell schlich, um ihr behilflich zu sein. Das hier war kein Spiel, das war bitterer Ernst. Zusammen taumelten sie Richtung Ausgang. Annabells hübsches Gesicht war blutverschmiert.
    „Wartet!“ Marios scharfe Stimme hielt sie zurück. „Eure Handys, her damit!“

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