Todesrennen
Kolben stampfen und kein Propeller zerbrechen kann.«
Abermals hörte Bell allgemeine Zustimmung von den versammelten Flugmaschinentechnikern. Platows Motor konnte, zumindest in der Theorie, so ruhig laufen wie eine Turbine, also anders als die meisten Benzinmotoren, deren heftiges Rütteln einem Piloten die Backenzähne lockern konnte. Ein anderer Mechaniker erschien im Laufschritt. »Mr. Platow! Mr. Platow! Könnten Sie mal schnell zu unserem Werkstattwagen kommen?«
Platow griff nach seiner ledernen Werkzeugtasche und eilte hinter dem Mann her.
»Was war das denn jetzt?«, fragte Bell.
»Er ist ein hervorragender Maschinist«, sagte Archie, »verdient seinen Lebensunterhalt damit, auf Auftrag zu arbeiten und Maschinenteile herzustellen. Die Werkstattwagen verfügen über Drehbänke, Standbohrmaschinen, Schleifmaschinen und Gewindeschneider. Wenn sie irgendein Bauteil brauchen, kann Platow es schneller herstellen, als es die jeweilige Firma imstande ist zu liefern.«
»Da kommt unser Teufelsmädchen!«, sagte Isaac Bell.
»Endlich«, meinte Archie trotz seiner vorherigen Prophezeiung sichtlich erleichtert.
Bell beobachtete den gelben Fleck, den seine scharfen Augen am Horizont entdeckt hatten. Er wurde schnell größer. Viel eher, als Bell erwartet hatte, war er nahe genug, um die Form eines schlanken Eindeckers zu erkennen. Schon konnte er das zuverlässige gleichmäßige Brummen des Motors hören.
Archie sagte: »Das ist die Celere, die Preston Whiteway den Gläubigern von Marco abgekauft hat.«
Isaac Bell betrachtete die Maschine mit Bewunderung. »Neben Marcos jüngster Konstruktion sehen die meisten anderen Maschinen wie Kastendrachen aus.«
»Sie ist ein echtes Rennpferd«, pflichtete ihm Archie bei. »Aber auf dem Innenfeld erzählt man sich, dass sie bei weitem nicht so stabil ist wie die Doppeldecker. Und es gibt Gerüchte, dass Marco deswegen pleitegegangen ist.«
»Welche Gerüchte?«
»Damals in Italien, wird erzählt, hat Marco der italienischen Armee eine Maschine verkauft und sich Geld auf bevorstehende Einkünfte geliehen. Dann wanderte er nach Amerika aus und baute zwei herkömmliche Doppeldecker, die er an Josephines Ehemann verkaufte. Danach lieh er sich noch mehr Geld, um die Maschine zu bauen, mit der sie jetzt fliegt. Unglücklicherweise, so wird erzählt, verlor die Maschine, die er der Armee verkaufte, eine Tragfläche, und ein General brach sich bei dem Absturz beide Beine. Die Armee kündigte den Vertrag, und Marco war eine Persona non grata in Italien. Ganz gleich, ob die Geschichte zutrifft, erfahrene Mechaniker sind sich jedenfalls darin einig, dass Eindecker nicht so robust sind wie Doppeldecker.«
»Aber die Stabilität des Doppeldeckers kostet ihn einiges an Geschwindigkeit.«
»Schon möglich, aber die Flieger und Mechaniker, mit denen ich mich unterhalten habe, sagen alle, dass es verdammt schwierig wird, San Francisco überhaupt zu erreichen. Maschinen, die nur auf hohe Geschwindigkeiten ausgelegt sind, werden das gesamte Rennen wohl nicht überdauern.«
Bell nickte. »Der sechzig PS starke Vierzylinder Thomas Flyer Model 35, mit dem das Automobilrennen New York-Paris gewonnen wurde, war sicher nicht der schnellste Motor, aber der robusteste und stärkste. Hoffen wir, dass Preston unserer Klientin da keine fliegende Todesfalle gekauft hat.«
»Der Flut von Telegrammen nach zu urteilen, die Whiteway ihr jeden Tag schickt, kannst du sicher sein, dass er die Maschine von der Nase bis zum Schwanz gründlich inspiziert hatte, ehe er sie erwarb. Whiteway würde ihr Leben niemals aufs Spiel setzen. Der Mann ist verliebt.«
»Und was hält Josephine von Preston?«, wollte Bell wissen.
Es war keine müßige Frage. Falls überhaupt jemand ihre innere Haltung in Bezug auf Whiteway kannte, wäre Archie derjenige. Ehe er der am glücklichsten verheiratete Detektiv in Amerika wurde, hatte Archibald Angel Abbott IV. viele Jahre als New Yorks meistverfolgter heiratswürdiger Junggeselle verbracht.
»Meiner Meinung nach«, sagte Archie mit einem wissenden Lächeln, »bewundert Josephine das Flugzeug, das Preston ihr gekauft hat, sehr.«
»Niemand hat Preston Whiteway jemals eine ausgeprägte Intelligenz hinsichtlich seiner privaten Angelegenheiten vorgeworfen.«
»Hat er nicht auch mal nach Marion geschmachtet?«
»Und in seiner Blindheit nicht erkannt, dass er damit Leib und Leben riskiert«, sagte Bell grimmig. »Genau was ich meinte.«
Er steuerte auf den freien Bereich
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