Todesrennen
einzige Antwort auf diese Frage zu sein.
»Haben Sie etwas gesagt, Mr. Bell?«
Isaac Bell wiederholte mit zusammengebissenen Zähnen, was er soeben halblaut gemurmelt hatte. »Ich hasse Zufälle.«
»Ja, Sir! Das war das Erste, was sie mir beibrachten, als ich seinerzeit in die Van Dorn Agency eintrat.«
»Ihre Flugmaschine ist eine wahre Schönheit!«, rief Josephine begeistert. »Und Sie müssten sich einmal selbst anschauen, Mr. Bell! Sie sehen so glücklich aus, als gehörte Ihnen der ganze Himmel.«
Bell grinste. Andy Moser und die Mechaniker, die Bell als seine Helfer angeheuert hatte, zogen die Flug- und Landedrähte fest, die die Tragfläche spannten. Sie mussten noch einige Arbeiten am Schwanz und an den Steuerkabeln durchführen, und bislang lag der Motor in seine Einzelteile zerlegt in ihrem blitzsauberen Werkstattwagen verstreut. Aber da sich die Tragfläche mittlerweile über dem Rumpf spreizte, begann der Apparat allmählich so auszusehen, als könnte er irgendwann tatsächlich fliegen.
»Ich muss gestehen, dass ich in meinem ganzen Leben noch nichts gekauft habe, das mir so gut gefallen hat.«
Josephine ging um die Maschine herum und betrachtete sie mit professionellem Blick.
Bell beobachtete sie und wartete auf ihre Reaktion, als er sagte: »Andy Moser erklärte mir, dass Di Vecchio das Lenksystem in Lizenz von Breguet übernommen hat.«
»Das sehe ich.«
»Dieses Rad lässt sich drehen wie bei einem Automobil. Dreht man es nach links, lenkt das Seitenleitwerk die Maschine nach links. Drückt man die Lenksäule nach links, werden die Flügel entsprechend verformt, indem die alettoni dafür sorgen, dass sich die Maschine in eine Linkskurve legt. Drückt man die Radsäule nach vorn, neigt sich die Maschine abwärts. Zieht man sie zurück, lassen die Höhenruder die Maschine aufsteigen.«
»Man kann sie praktisch mit einer Hand lenken, wenn man richtig gut ist«, stellte Josephine fest.
Und hatte eine Hand für eine Pistole frei, wodurch Bell sofort zurückschlagen konnte, falls jemand Josephine in ihrer Flugmaschine angriff. Er sagte: »Es funktioniert genauso wie bei Ihrer eigenen Maschine.«
»Es ist die neueste Technik.«
»Damit müsste es um einiges einfacher sein, das Fliegen zu erlernen«, sagte Bell.
»Sie haben da eine absolute Schönheit erstanden, Mr. Bell. Aber ich warne Sie, sie ist auch ziemlich schwierig. Das Problem bei hohem Tempo ist nämlich, dass sie bei der Landung auch sehr schnell runterkommt. Und dieser Gnome-Motor macht es noch schwieriger, da er keine richtige Drossel besitzt wie mein Antoinette.«
Während die Ähnlichkeiten frappierend waren, musste Bell eingestehen, dass sich der Celere- und der Di-Vecchio-Eindecker im Hinblick auf ihre französischen Motoren grundlegend voneinander unterschieden. Josephines Celere wurde von einem konventionellen wassergekühlten V-8 Antoinette, also einem starken, leichtgewichtigen Motor angetrieben, wohingegen Di Veccio den neuen und revolutionären luftgekühlten Gnome-Omega-Sternmotor in seine Konstruktion eingebaut hatte. Da die Zylinder um eine zentrale Kurbelwelle rotierten, zeichnete sich der Gnome durch eine größere Laufruhe und eine bessere Kühlung aus, all dies jedoch auf Kosten eines höheren Treibstoffverbrauchs, einer komplizierteren Wartung und eines primitiven Vergasers, der es fast unmöglich machte, den Motor mit einer anderen als der höchsten Umdrehungszahl zu betreiben.
»Können Sie mir ein paar Tipps geben, wie ich die Maschine abbremsen kann, um genauso zu landen, wie ich es bei Ihnen gesehen habe?«
Josephine deutete mit dem Zeigefinger auf das Steuerrad. »Ehe Sie irgendwelche gewagten Experimente versuchen, sollten Sie üben, mit diesem coupe- Knopf den Magneten aus- und einzuschalten.«
Bell schüttelte den Kopf. Die Zündung an- und abzuschalten, also den elektrischen Strom zur Zündkerze zu unterbrechen, war auf ihre Art auch eine Methode, um die Motorleistung zu drosseln. »Andy Moser meint, ich solle den coupe- Knopf nur sehr sparsam benutzen, sonst verbrenne ich die Ventile.«
»Besser die Ventile als Sie selbst, Mr. Bell«, meinte Josephine mit einem lausbubenhaften Grinsen. »Ich brauche meinen Beschützer lebend. Und haben Sie keine Angst, den Motor abzuwürgen, die Massenträgheit hält ihn ausreichend in Gang.« Ihre Miene wurde ernst. »Tut mir leid, meine Bemerkung, dass ich Sie lebend brauche, war wirklich dumm. Wie geht es Archie?«
»Er hält sich ganz gut. Man hat
Weitere Kostenlose Bücher