Todesrennen
vollendete soeben seine Runde um die hohe Statue, und zwei Flieger folgten nicht weit hinter ihm. Im Feld fehlte Eddison-Sydney-Martins blaue kopflose Pusher, und Bell wusste, dass Josephine sich Sorgen machen musste, da der Engländer einen derart großen Vorsprung vor Stevens herausgeholt hatte, dass er bereits in Yonkers Tee trank.
Bell löste die linke Hand vom Steuerrad, ergriff das Fernglas, das er sich um den Hals gehängt hatte, und suchte die Wasserfläche nach kleinen Booten des Typs ab, der Frosts Absichten entgegenkam und wahrscheinlich von ihm gemietet worden war. Nördlich von seiner augenblicklichen Position bemerkte er einen Schleppverband und zwei große Fähren mit mächtigen Heckwellen, die auf einen freien Wasserstreifen zwischen Governors Island und der mit Pieren gespickten Spitze von Lower Manhattan zusteuerten. Bell hob das Fernglas ein wenig und erkannte vor ihnen eine hellblaue Flugmaschine, die im Wasser versank. Sir Eddison-Sydney-Martins kopflose Curtiss war in die Bucht gestürzt. Die untere Tragfläche und der Rumpf waren schon nicht mehr zu sehen.
Wie ein Automobil, das im Begriff war, in einen Graben zu schlittern, schwenkte die Eagle zur Seite. Bell ließ das Fernglas los und benutzte beide Hände, um die Flugrichtung zu korrigieren. Als die Maschine waagerecht in der Luft lag, lenkte er wieder mit einer Hand, stellte mit der anderen das Fernglas scharf, um das Wrack eingehender zu inspizieren, und fand den Engländer. Der Baronet kniete auf der oberen Tragfläche der Pusher. Seine Schutzbrille saß ihm schief auf der Stirn, und er hatte seinen Sturzhelm verloren, aber irgendwie war es ihm gelungen, trotz allem eine Zigarette anzuzünden. Mit dieser Zigarette winkte er dankbar dem ersten Schlepper, der ihn erreichte, um ihn aus der Bucht zu fischen.
Ehe Bell mit seinem Fernglas die Suche nach kleinen Booten wieder aufnehmen konnte, geriet er in ein Durcheinander von Luftturbulenzen, für deren Bewältigung er beide Hände zur Steuerung der American Eagle benötigte. Die Turbulenzen nahmen an Heftigkeit zu und warfen ihn wie bei einer Achterbahnfahrt hin und her. Bell vermutete, dass er in die Zone geraten war, wo der flussabwärts wehende Wind auf die Böen traf, die die New York Bay heraufkamen. Was immer der Grund für dieses Phänomen sein mochte, auf jeden Fall bemächtigte es sich kurzfristig seines Eindeckers und testete Di Vecchios Flügelkonstruktion auf Schwachstellen.
Plötzlich kippte die Maschine nach rechts und stürzte in die Tiefe.
18
Isaac Bell reagierte instinktiv, schnell und entschlossen, indem er versuchte, die Drehung durch Betätigung des Seitenruders zu stoppen. Gleichzeitig zog er das Rad mit der Steuersäule zurück, um die Nase seiner Maschine aufzurichten. Weder Seiten- noch Höhenruder hatten irgendeine Wirkung. Die American Eagle flog eine zunehmend engere Kurve und legte sich immer steiler auf die Seite.
Sein Instinkt hatte ihn getäuscht. Der Propeller zeigte zum leeren Himmel. Und die Schiffe im Hafen befanden sich plötzlich unter seiner rechten Schulter. Und dann, ehe er noch begriff, was er falsch machte, begann er zu trudeln.
Aus den Augenwinkeln nahm er einen gelben Fleck wahr. Blitzschnell wurde er riesengroß. Josephines Flugmaschine. Er flitzte wie ein Expresszug an ihr vorbei und verfehlte sie nur um Meter. Dabei stellte er sich Joe Van Dorns Reaktion vor, wenn sein Chefermittler im Zuge der Schutzmaßnahmen für Amerikas Sweetheart der Lüfte vor den Augen von Millionen Zuschauern mit ihr zusammengestoßen wäre.
Geschwindigkeit! Josephines erste Antwort, wenn er ihr eine Frage über Flugtechnik stellte. Geschwindigkeit ist dein Freund. Geschwindigkeit macht die Luft stark.
Bell stellte das Seitenruder in eine neutrale Position, zog nicht mehr an der Steuersäule, sondern drückte sie nach vorn. Dann, so sanft, als dirigiere er ein verängstigtes Pferd, schob er die Steuersäule zur Seite, hob den alettone am linken Flügel und senkte den alettone am rechten. Die American Eagle kam aus ihrer Schräglage, sackte nicht länger nach rechts ab, senkte die Nase und beschleunigte.
Innerhalb von Sekunden verließ er seine instabile Lage. Die Windböen warfen ihn zwar noch immer hin und her, aber die Eagle fühlte sich jetzt wieder wie ein Aeroplan an und nicht mehr wie ein Stein, der vom Himmel fiel. Geschwindigkeit, dachte er reumütig, während sich die Maschine beruhigte. Tröstlich zu wissen, wenn man gemütlich dahinflog, aber im
Weitere Kostenlose Bücher