Todesriff
Schlafzimmer, zog sich aus, legte sich ins Bett und träumte sich ins Meer, hinunter in die blaue Tiefe, wo es keine Liebe und keine Enttäuschung gab.
19
Ungeduldig trommelte er aufs Lenkrad. Er sah auf die billige Digitaluhr an seinem Handgelenk.
Er musste die Zeit bis dreiundzwanzig Uhr totschlagen. Kreuz und quer war er durch die Stadt gefahren. Jede Minute musste er die innere Stimme niederkämpfen, die ihm befahl, seinen Plan aufzugeben und abzureisen . Seit zehn Minuten stand er nun im Stau. Vor ihm lag d ie City mit ihren Hochhäusern und glitzernden Fassaden . Auf dem Stadtplan hatte er gesehen, dass er gleich n ach der Brücke n ur nach links in den Riverside Expressway einbiegen und sich rechts halten müsste, von dort ging e es direkt in die Turbot Street .
Endlich fädelte er sich in den dichten Verkehr auf der Victoria Bridge ein, die wegen Bauarbeiten nur einspurig befahren werden konnte. Er passierte die Brücke und tauchte in die Häuserschluchten der City ein. Wenn er nicht in die Turbot Street abbog, würde er in die Roma Street kommen. Dort befand sich das Police Headquarte rs , das wusste er. Er kannte ihre Namen, er könnte sie anzeigen, sich selbst stellen ...
Und dann wiederholte er sein Mantra: Der, der tötet, kann nie jede Reue und Schuld überwinden, er kann nur akzeptieren, dass das, was er getan hat, nötig und richtig war.
Einen Moment zögerte er an der Kreuzung, blickte auf das uneinnehmbar wie eine Burg wirkende Headquarter s , dann wischte er die Bedenken beiseite und steuerte links daran vorbei in den Riverside Expressway.
Zuerst dachte er, genau diesen Ort gewählt zu haben, weil es dunkel war und keine Fenster in den Hinterhof des Dalmatia hinausgingen. Aber als er so dastand, neben den Müllcontainern, wusste er, dass es wegen des Geruchs war. In seiner Erinnerung sah er die streunenden Hunde in den kilometerlangen Müllkippen wühlen, die sich entlang der Straßen bis in die Stadt hineinzogen. Brandschutt - zerstörtes Mobiliar, ausgebrannte Kühlschränke, Öfen, Autowracks. Und über allem lag der beißende Gestank von Verwesung und Tod.
Drei Minuten vor elf. Tellerklappern, Küchengeräusche und Stimmengemurmel ... d urch eine schmale Milchglasscheibe fällt fahles Neonlicht in eine Ecke des Hinterhofs. Doch er steht im Dunkeln. Er lässt noch ein paar Minuten verstreichen, wählt dann die Nummer des Dalmatia . Von seinem Platz aus hört er, wie drinnen das Telefon läutet.
„ Restaurant Dalmatia
, guten Abend.
”
„Ich habe eine Nachricht für einen Gast. Er heißt Andrew Barber, ist er schon bei Ihnen? Bitte richten Sie ihm aus, der Freund von Leke wartet hinter dem Restaurant auf ihn .”
Es klickt in der Leitung. Er streift die Handschuhe über. Tastet nach dem Messer. Metallisches Quietschen. Ein Streifen Licht fällt durch die sich öffnende Tür auf den Boden. Seine Hand fasst den Messergriff fester.
20
Die Sonne war untergegangen, und der Himmel glühte rosarot über der Stadt. In den Hochhäusern fingen die Fenster die letzten Lichtreflexe ein. Auf ihren Dächern leuchteten rote und blaue Lampen, um Landeplätze für Helikopter zu markieren oder einfach nur um Aufmerksamkeit zu erregen. Die Fahrt vom Flughafen nach Hause hatte wegen einer großen Straßenbaustelle länger gedauert. Gerade mal eine Viertelstunde war Shane nun in seinem Apartment, hatte mit Jack im Krankenhaus telefoniert, als er auch schon um halb neun die Tür wieder hinter sich zuschloss u nd auf den Aufzug wartete. Zum Breakfast Creek Hotel waren es von Shanes Wohnung aus nur zehn Minuten zu Fuß oder drei mit dem Auto.
Er
entschied sich
zu Fuß zu gehen.
Es würde
keine Feier mit Mineralwasser werden, und im üblichen Stau um diese Uhrzeit würde er nur im Schneckentempo vorwärts kommen.
Er schlenderte aus der Hofeinfahrt die wenigen Meter hinunter auf den Kingsford Smith Drive, warf einen Blick auf den nicht abreißenden Stau, der sich entlang des Flusses hinzog. Die Autoabgase wehte der Wind glücklicherweise immer wieder davon, doch der Lärm blieb.
Shane merkte, dass er es eilig hatte, er nahm die Abkürzung über den voll besetzten Parkplatz und trat durch die geöffnete Glastür in den Teil des Restaurants, der sich “Spanischer Garten” nannte. Gartentische- und Bänke, bunte Tischdecken und Sonnenschirme, über denen die bunten Lichterketten, die unter dem freien Himmel gespannt waren, wie Sterne leuchteten. Er fühlte sich zu Hause.
S eine Kollegen hatten den
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