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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Polizisten und floh nach Kuba, wo Castro ihr Asyl gewährte. Bis heute sind wir davon ausgegangen, dass sie noch immer dort ist.«
    Für Max ergab das keinen Sinn. Überhaupt keinen Sinn. Er wollte seine Zweifel in Worte fassen, aber Perez las sein Gesicht und hob die Hand.
    »Ich habe Ihnen bereits sehr viel mehr erzählt, als ich hätte erzählen sollen, Max. Sie erinnern sich doch sicherlich noch an die Vorschriften. Jetzt muss ich Ihre Aussage aufnehmen.«
    Perez legte den Vordruck für die Zeugenaussage auf den Tisch und zog die Kappe vom Stift.
    »Erzählen Sie mir bitte, was heute Abend passiert ist. Und alles, was Sie sonst noch wissen. Fürs Protokoll.«
    Max spulte zurück bis zu dem Zeitpunkt, als er Joe auf der Terrasse des Mariposa getroffen hatte. Joe hatte an einem Tisch gesessen, das Hemd aus der Hose gezogen, um die Waffe zu verbergen, das Jackett über die Rückenlehne gehängt, die Anspannung war ihm ins Gesicht geschrieben gewesen. Von da an erzählte er weiter: wie Joes Auge implodierte, wie aus seinem Hinterkopf das Blut auf die Gäste hinter ihm spritzte, wie Salz- und Pfefferstreuer durch die Luft flogen, als Joe nach hinten stürzte, wie neben seinem Kopf die Teller zu Boden krachten, wie in den Rinnsalen aus Blut die Salatblätter schwammen. Perez schrieb alles mit.
    Neunzig Minuten später waren sie fertig. Perez nummerierte die elf Seiten durch, auf die sich Max’ Aussage belief. Dann gab er Max seine Karte.
    »Und jetzt tun Sie mir, der Polizei und sich selbst einen großen Gefallen«, sagte er. »Halten Sie sich aus der Angelegenheit heraus. Überlassen Sie das uns. Ich weiß, dass Joe Ihr Freund war. Und ich weiß, dass auch Eldon Ihr Freund war. Aber dies ist nicht Ihr Fall und nicht Ihre Verantwortung. Wir werden den Mörder finden. Und wir werden Vanetta Brown finden. Es tut nicht not, dass Sie die Stadt zusätzlich unsicher machen. Verstanden?«
    »Klar«, sagte Max, schon in Gedanken versunken: über Eldon, über Joe und über Vanetta Brown.
    8
    Es war nach ein Uhr nachts, als Max vor dem Haus der Familie Liston in Biscayne Park vorfuhr. Drinnen brannte noch Licht.
    Nate Rollins, der Pfarrer der Familie, öffnete ihm die Tür. Er hatte Joe und Lena getraut und ihre Kinder getauft. Er begrüßte Max mit einem Handschlag, der am Anfang fest war und sich zu einem schmerzenden Griff verstärkte, als er Max wortlos in die Augen schaute, sein Blick silbrig verschwamm und seine hängenden Wangen vor Erschütterung und aufgestauter Trauer bebten. Max vermutete, dass der Pfarrer schon den ganzen Abend da gewesen war, stoisch alle Trauer aufgesogen und so viel Trost gespendet hatte, wie er vermochte, und dabei seine eigenen Gefühle hatte unterdrücken müssen. Offensichtlich hatte er diesen Moment der Erholung gebraucht. Sie blieben zusammen in der Haustür stehen, bis der alte Mann sich wieder gefasst hatte. Dann nahm er Max beim Arm und führte ihn hinein.
    Alle hatten sich im Wohnzimmer versammelt, über dreißig Menschen saßen und standen dort, sodass der sonst so große und offene Raum klein wirkte, Wände und Decke wie geschrumpft. Max kannte sie alle vom Sehen, wenn auch nicht dem Namen nach: Cousins, Freunde und Kollegen, die er bei Partys und geselligen Zusammenkünften kennengelernt hatte. Die schleppenden, pietätvoll geführten Gespräche verstummten gänzlich, als sich alle Köpfe nach ihm drehten. Niemand konnte ihm in die Augen sehen. Nicht aus Scham oder Feindseligkeit. Sondern weil jeder Einzelne im Raum wusste, dass er dabei gewesen war, als Joe ermordet wurde, dass Max es gesehen hatte, dass es stattdessen auch ihn hätte treffen können, dass der Tod ihn nur um wenige Zentimeter verfehlt hatte. Niemand fand die richtigen Worte dafür. Und niemand wollte der Erste sein, das Falsche zu sagen.
    Max suchte das Zimmer nach Lena und den Kindern ab. Er durchquerte den Raum, als müsste er über einen schmalen, windgepeitschten Felsvorsprung laufen, unter sich den gähnenden Abgrund. Die Menschen traten zurück und aus dem Weg. Er sah Joes La-Z-Boy-Sessel aus braunem Leder, der groß genug war für zwei, aber leer, im Fernsehen lief stumm die Wahlberichterstattung auf CNN. Seine Augen wanderten über die eichengetäfelten Wände mit den Plaketten und Urkunden, den Belobigungen und den vielen Fotos. Eines der größten zeigte Joe und Bruce Springsteen, backstage in der AmericanAirlines-Arena vor drei Jahren. Max hatte es geschossen. Er erinnerte sich noch genau, wie Joe keinen

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