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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Minuten von seiner Wohnung entfernt.
    Max recherchierte weiter, weil er ein Foto von Rudi Milk sehen wollte.
    Er suchte.
    Und suchte. Vor ihm ging die Sonne unter, und während die Nacht hereinbrach, entzündeten sich die Lichter der Stadt. Über die Brücken wanden sich die Autoschlangen, und mit jedem gelbsüchtigen Scheinwerfer wurden mehr Wochenendgäste an den Strand gekarrt.
    Irgendwann landete er auf Phatboyzusa.com.
    Phatboy lebte in Nebraska und bezeichnete sich selbst als »Porno-Freak«. Seine »Helden« waren Larry Flynt, Hugh Hefner und Rudi Milk, seine Lieblingsdarstellerinnen Jenna Jameson, Tera Patrick, Midori, Crystal Knight und Sharona Bliss. Onanieren, schrieb er, tue er ohne Ansehen von Herkunft oder Hautfarbe. Er hatte eine Fotogalerie mit dem Titel »Meine Heroes & Heroinen und ich« eingerichtet, die über zweihundert Fotos von ihm in der Welt des Pornos zeigte, Arm in Arm mit den Größen des Fickfilms aus vielen Jahren. Max schaute sie alle durch. Phatboy beschäftigte sich schon lange mit diesem Thema. Es gab alte Fotos von ihm mit den »Legenden« John Holmes und Marilyn Chambers. Beide mit roten Augen und diesem wässrigen Heuschnupfen- in-excelsis -Blick des gewohnheitsmäßigen Koksers. Holmes trug eine Halskette in Form eines goldenen Suppenlöffels. Phatboy war damals um eine Million und einen Cheeseburger leichter gewesen.
    Seit dem Ende der Neunziger und dem neuen Jahrtausend bot sich passionierten Wichsern wie Phatboy die Möglichkeit, die Objekte ihrer glasfaservermittelten Fantasien auf so genannten Kongressen persönlich anzutreffen – ja, hässliche Loser wie er hatten endlich die Chance, mit einer heißen Frau zu reden, ohne dass die ihn zum Teufel jagte oder ihren breitschultrigen Freund aufforderte, ihm doch bitte die Faust ins Gesicht zu rammen. Die Welt, so sah es Max Mingus, war eindeutig am Ende, und wo er so darüber nachdachte, war er froh, eines nicht mehr allzu fernen Tages nicht mehr dabei zu sein.
    Nach dem letzten Foto kam ein Ordner mit dem Titel »Godz«. Noch mehr Fotos.
    Phatboy mit Hugh Hefner im seidenen Schlafrock; Larry Flynt im Rollstuhl, eine Seidendecke auf den Knien. Bob Guccione in seinem seidenen Krankenhausbett und, im schwarzen Seidenanzug, Rudi Milk.
    Max klickte auf das Foto, um es zu vergrößern.
    Er erkannte ihn auf Anhieb.
    »Emerson Prescott.«
    Er war nicht im Mindesten überrascht.
    Nur wütend.
    Sehr wütend.

    21
    Rudi Milks Empfangsdame wollte gerade einen Schluck von der unbekannten Mischung in ihrem Starbucks-Pappbecher nehmen, als Max durch die Milchglastüren gestürmt kam. In den zwei Sekunden, die sie brauchte, ihn wiederzuerkennen, sah sie erst erschrocken und dann wie versteinert aus. Ihre Hand erstarrte in der Luft, den Becher mit spitzen Fingern an seinem billigen Pappgriff haltend.
    »Wo ist Ihr Boss?«, fragte Max und stand mit vier schnellen Schritten vor ihrem Schreibtisch. Sie waren sich in der vermeintlichen Dentalpraxis mehrmals begegnet, dort hatte sie die gleiche Rolle gespielt wie hier. Sie war zuvorkommend und höflich gewesen, hatte übers Wetter und über Sport geplaudert, ihm Wasser angeboten und zwischendurch Anrufe entgegengenommen und angeblich Termine vergeben. Sie hatte immer Auf Wiedersehen gesagt, wenn er ging, was er für eine nette Angewohnheit gehalten hatte. Die meisten Empfangsdamen taten das nicht. Auch wenn das jetzt keine Rolle mehr spielte.
    »Er ist nicht da«, sagte sie. »Ich habe ihn die ganze Woche noch nicht gesehen. Und auch nicht von ihm gehört.«
    »Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?«
    »Vor ein paar Tagen.«
    »Ein bisschen genauer. Vor Halloween?«
    »Nein«, sagte sie. »Es war an Halloween. Er war morgens für ein paar Stunden hier und ging dann wieder.«
    »Hat er noch ein Büro irgendwo, ein echtes?«
    »Nein. Nur dies hier.«
    Max trat auf ihre Seite des Empfangstresens, baute sich wenige Schritte vor ihr auf und schaute auf sie hinunter, sah das gräuliche Gebräu in ihrem Becher und wie zierlich sie war. Er starrte sie unumwunden an, ohne zu blinzeln, mit einem Blick, der sagte: »Versuch nicht, mich anzulügen, mir machst du eh nichts vor.« Ihre Augen waren von einem tiefen Grün mit einem Hauch Gold darin, die Farbe von seichtem Meerwasser auf gelbem Sand. Sie konnte seinem Blick nicht standhalten. Sie schaute auf seine Nase, seinen Mund, die Kehle, überallhin, nur nicht in die harten, kühlen Augen, die er auf sie gerichtet hielt. Sie hatte eine Heidenangst –

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