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Todesritual: Thriller (German Edition)

Todesritual: Thriller (German Edition)

Titel: Todesritual: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Abhörens die gleichen geblieben waren: Man hefte das gute Stück an einen vollkommen alltäglichen Gegenstand, sodass es unbemerkt bleibt. Er spielte kurz mit dem Gedanken, das Zimmer zu durchsuchen, aber im Grunde war es der Mühe nicht wert. Es war ihm egal, ob sie ihn abhörten. Was gab es da schon zu hören? Atmen, Gähnen, Rülpsen, Schnüffeln, Pinkeln, Husten, Furzen? Tameka hatte ihm erzählt, dass er nicht nur schnarche, sondern auch im Schlaf rede. »Du wärst ein miserabler Ehebrecher«, hatte sie eines Morgens beim Frühstück gesagt. Was lustig war – wenn auch, wo er so darüber nachdachte, auf eine eher unlustige Art.
    Er trug seine Brieftasche und das Einbruchswerkzeug zum Safe, tippte den Code ein – sein Geburtsdatum von hinten – und öffnete die kleine Metalltür. Ihm fiel sofort auf, dass etwas fehlte. Nicht der Pass, der war noch da. Auch nicht das Geld. Das hatten sie nicht mitgenommen. Die Personen, die sein Zimmer betreten hatten, während er nicht da gewesen war, waren keine Diebe, und sie brauchten ganz bestimmt kein Geld. Sie hatten sich nur das geholt, was ihres war: Gwenvers Notizbücher, das rote und das schwarze.
    Dumpf starrte Max in den Safe, sein Kopf war leer, Schock und Angst hatten alle Gedanken vertrieben. Er fragte sich, ob der Abakuá beim nächsten Mal ihn holen würde.
    Er verstaute seine Sachen im Safe und schloss die Tür. Dann putzte er sich die Zähne und duschte heiß.
    Danach legte er sich aufs Bett und starrte in dem dunklen Fernsehbildschirm sein Spiegelbild an. Er war nicht müde. Er wusste, dass er nicht viel würde schlafen können, dass er grübeln und sich Sorgen machen würde. Er streckte die Hand nach der Fernbedienung aus, die auf dem Nachttisch lag, und stieß sie aus Versehen vom Tisch. Sie landete mit einem leisen Knacken auf dem Fußboden.
    Er beugte sich vom Bett, um sie aufzuheben, und sah, dass sich die rückwärtige Abdeckung gelöst hatte. Die Batterien waren herausgefallen, und ein aufgerolltes Kabel schaute heraus. Am Ende dieses Kabels hing ein kleiner Sender in Weiß und Silber, der direkt auf ihn zu zeigen schien, als wollte er ihn auffordern, etwas zu sagen, ein Statement abzugeben.
    Max sprang auf, packte die Fernbedienung wie ein Mikrofon und fing mit brüchiger und unmelodischer Stimme laut und sehr schief an zu singen. Er wollte sarkastisch klingen, heraus aber kam eine eher knurrende, atemlose Wut:
    »While the storm clouds gather far across the sea,
    Let us swear allegiance to a land that’s free!
    Let us be grateful for a land so fair!
    As we raise our voices in solemn prayer.«
    Er räusperte sich und grölte:
    »God Bless America!
    Land that I love!
    Stand beside her, and guide her
    Through the night with a light from above.
    From the mountains, to the prairies,
    To the oceans, white with foam,
    God bless America! My home … sweet home.«
    Am Ende verabschiedete er sich mit den Worten: »Dies war die Stimme der freien Welt. Wir wünschen Ihnen furchtbare Albträume und noch einen überaus schlechten Abend.«
    Er riss die Wanze heraus und schleuderte sie quer durchs Zimmer. Er hörte nicht, wie sie aufkam.
    33
    Am nächsten Morgen fuhr Max mit dem Taxi zu den Verlagsräumen von Cuban X-Press in Miramar. Seinen Pass und sein ganzes Geld hatte er bei sich, unauffällig in den Oberschenkeltaschen seiner Cargohose verstaut. Er wollte nicht riskieren, dass der Abakuá seinem Zimmer noch einen Besuch abstattete und alles mitnahm. In jeder anderen Großstadt wäre das eine riesige Dummheit gewesen, aber Havanna kam ihm sicher vor, eingesponnen wie es war in ein obrigkeitsstaatliches Netz aus Polizei und Geheimpolizei, die sich sofort auf alles stürzten, was sich bewegte.
    Miramar war eine völlig andere Welt als die Innenstadt von Havanna. Vor der Revolution war es ein nobler Vorort gewesen, das Millionärsviertel der Hauptstadt, in dem Gangster und Diplomaten und die gesellschaftliche Elite Seite an Seite und doch getrennt in prächtigen Villen lebten. Der Glanz der Exklusivität war dem Viertel erhalten geblieben. Die weitläufigen Villen beherbergten nun ausländische Konsulate, Ministerien und Thinktanks, ausländische Konzerne und Hotels. Nicht eine Wäscheleine, nicht eine schmückende Blumenampel weit und breit, keine rissigen Fassaden mit abgeblätterter Farbe, keine achtköpfigen Familien, die zusammen in einem Zimmer hausten. Die Straßen waren breit und sauber, in gutem Zustand und praktisch leer. Kein Verkehr, keine

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