TODESSAAT
Gefährten zu halten, darüber hinaus nach jedwedem fremden mentalen Impuls zu lauern – wenn Ihr bei jeder Gelegenheit den größtmöglichen Aufruhr verursacht?! Wollt Ihr den Feind unbedingt vor uns warnen?«
Beschämt hielt Arkis die Stimme gesenkt: »Hölle, wenn er da ist, dann weiß er jetzt, dass wir kommen!«
Sie hasteten weiter; und kaum, dass Arkis es sich versah, ging nun er voran. Es behagte ihm nicht. Und dann hauchte er unvermittelt: »Irgendetwas ist hier nicht geheuer ...«
Sie spürten es zur gleichen Zeit: Plötzlich griffen ihre Sinne ins Leere, sie befanden sich in einer Höhlenregion, die frei war von jeder fühlbaren Ausstrahlung, gleich ob gut oder böse, an einem Ort, so reglos wie die Wasserfläche eines uralten, unterirdischen toten Gewässers. Ihnen war klar, was das zu bedeuten hatte: Dieser Bereich war steril gemacht worden, denn selbst die Dunkelheit und kaltes Gestein verströmten Informationen zuhauf. Jemand wollte sie glauben machen, dass hier nichts sei, absolut nichts ... gerade weil hier etwas war .
Shaithis’ Fleisch prickelte, und er wusste, dass es den anderen genauso ging. Arkis stand, die Füße fest in den Boden gestemmt, an der Spitze der Gruppe und gurgelte unartikuliert; aber es war zu spät für jedes Gegurgel. Shaithis fühlte, wie der schwere Brokat eines mentalen Vorhangs zerrissen und aufgetan wurde – fühlte den Brodem von Angst und Grauen wie etwas Leibhaftiges hinter sich ins Leben explodieren, und schon brauste und huschte etwas um ihn herum ...
Ein nebelhafter Fleck, etwas Graues, Bleiches, schnellte an Shaithis vorbei, was dem Ende von Arkis Leprasohn, genannt Schrecktod, gleichkam. In der Tat war sein Tod voller Schrecken!
Woher das Ding über sie kam, war schwer zu sagen – aus einer Nische in der Felswand, einem Seitentunnel, einem Versteck im Schutz der Lavaauswüchse? Doch es kam mit ungeheurer Geschwindigkeit und in absolut mörderischer Absicht. Es sah genauso aus, wie der Ferenc es beschrieben hatte. Ein Schemen aus Weiß und Grau, gesprenkelt wie Marmor, schien es sich abzuspulen, zu wirbeln, zu huschen und ins Leben hineinzubrechen, als sei ein im Boden halb begrabener Felsblock erwacht und schon dabei, sich eine neue Gestalt zu geben. Seine Beine waren ein Huschen; Klauen kratzten und scharrten, und schon sprang es Arkis an. Ein fischgleicher Schädel, der sich zu einer mit Dornen oder Haken versehenen spitzen Knochenlanze verjüngte, zuckte nach vorn; Augen, so groß wie Untertassen, hefteten sich ohne jedes Gefühl auf das Opfer.
Arkis’ Handschuh bot seiner Rechten Schutz, er war trotz allem bereit; doch als er den Arm hob, prallte das Ding dagegen, schneller als das Auge zu folgen vermochte. Die Lanze riss eine klaffende Wunde an seinem gedrungenen Hals – und wurde zurückgerissen. Beinahe gleichzeitig schlossen sich nadelspitze Zahnreihen um den Waffenarm. Der Arm war verloren, durchtrennt und verschwand samt Hand und Kampfhandschuh in einem einzigen gierigen Schlingen. Der Schädel, die Lanze, raste zurück, und wiederum fetzten Dornen und Haken durch Arkis’ Hals – aus der zerfetzten Luftröhre pfiff und gurgelte es entsetzlich. Dann wurde die Lanze zum zweiten Mal nach unten gerammt, Arkis direkt in den Leib. Das knöcherne Ding fuhr ihm bis ins Herz. Der Sohn des Aussätzigen zappelte und schlug um sich und wurde doch nur noch von diesem Spieß auf den Beinen gehalten. Seine Hauer färbten sich unter einem Blutstrahl rot, und alles Schnappen und Fletschen nützte nichts mehr.
Fess wirbelte herum (Shaithis meinte schon, er werde abermals fliehen), doch die Augen des Riesen waren groß und scharlachrot und in ihnen flackerte weit mehr als nur Angst. In ihnen lag auch tobsüchtiger Zorn! Der Gigant packte Shaithis mit einer Krallenhand und riss die andere gleich einem Bündel schwarz glühender Sicheln zurück. »Verräterischer Bastard!«, fletschte er. »Das Ei deines Vaters war verrottet, und diese Eiterjauche trägst du noch heute in dir!«
»Was?« Fiebernd zwang Shaithis das metamorphe Fleisch seiner Hand, zu wuchern, zu wachsen, sich zum Kriegshandschuh hin auszudehnen. »Bist du verrückt?«
»Nur als ich dir vertraute! Da muss ich es gewesen sein!« Der Ferenc machte sich bereit für den tödlichen Stoß gegen Shaithis; ihm diese Sichelklaue durch die Rippen zu jagen und das lebende Herz zu ergreifen und noch im Herausreißen zu zerquetschen. Doch etwas hielt ihn zurück. Etwas, was er hinter Shaithis
Weitere Kostenlose Bücher