TODESSAAT
verschaffst mir lediglich eine Gelegenheit, mit ihm zu reden, sonst nichts. Wenn ich aber keine Chance dazu habe oder falls du selbst bedroht wirst, dann schießt du – und zwar wirklich! Ins Herz! Verstanden?«
Teale verstand.
»Still jetzt. Pass auf. Und sperre deine Ohren auf.«
Draußen im Garten krochen Nebelschleier durch die an rostigen Angeln in der Mauer hängende Pforte. Milchige Ranken zogen sich über die tiefer gelegenen Terrassen und leckten die Wege entlang. Trask wusste sehr wohl, was das zu bedeuten hatte.
Harry machte einen Möbiussprung vom Flussufer jenseits der Pforte und tauchte mit dem Rücken zur Hauswand direkt neben der offenen Verandatür wieder auf. Er lauschte, konnte die beiden Männer im Zimmer atmen hören, ihren Herzschlag spüren. Einer von ihnen war Ben Trask, doch Penny war nicht bei ihnen. Sie war oben ... und Paxton ebenfalls.
»Mein Gott!«, keuchte Teale. Seine Nackenhaare richteten sich auf. »Er ist da! Ich weiß, dass er da ist! Und ich habe gerade jede Menge Ärger gesehen, furchtbare Schmerzen für einen von uns.«
Trask lud seine Maschinenpistole durch, trat zwei Schritte vor die Verandatür und stand bis zu den Knöcheln im Nebel. Er ließ seine Blicke durch den nächtlichen Garten schweifen. Doch er versäumte es, nach oben zu sehen. Er ging rückwärts ins Zimmer zurück und sagte: »Ärger? Schmerzen? Für mich? Für dich? Für wen denn, verdammt nochmal?«
»Paxton!«, zischte Teale. »Für Paxton!«
Entsetzt blickte Trask zur Decke. Paxton, Robinson und das Mädchen befanden sich oben. Harry hatte mit Paxton noch eine Rechnung zu begleichen, vielleicht mehrere, und dieser heimtückische, kleine Bastard da oben hatte Harrys Freundin in seiner Gewalt. Mit vollkommen menschlicher Logik hatte Trask sich gedacht, dass der Necroscope wie jeder andere Gegner auch zunächst das untere Zimmer betreten würde. Hauptsächlich aus diesem Grund hatte er Paxton nach oben geschickt: um Harry zu schützen, jedenfalls für eine kleine Weile. Lange genug, dass Trask möglicherweise mit ihm reden und sicherstellen konnte, dass er jede ihm nur gebührende Chance bekam. Aber Harry war nicht irgendein Gegner, und Trask hätte sich denken können, dass er nicht so vorgehen würde. Er machte es auf seine Weise, und die suchte ihresgleichen. Doch da oben hatte Paxton das Sagen, und Robinson hatte einen gottverdammten Flammenwerfer!
»Nach oben!«, stieß Trask hervor. »Vorwärts, los!«
Auch Harry war der Ansicht, dass es soweit sei. Mit dem Kopf nach unten hing er über dem hohen Fenster seines Schlafzimmers. Anstelle seiner Hände gebrauchte er große, mit Schwimmhäuten versehene Saugnäpfe, um sich an der narbigen Wand festzuhalten. Er streckte den Kopf, um einen Blick nach innen zu werfen. Eine vor dem Mond dahinjagende Wolke verdeckte den unscheinbaren Schatten, den er dabei warf. Er sah kurz hinein, nur einen Augenblick, und wich wieder zurück. Doch wenn er das, was er gesehen hatte, und die Gedanken der Leute da drinnen zusammenzählte, konnte er sich ein klares Bild machen. Noch bevor irgendjemand oder ... etwas sich rühren oder etwas unternehmen konnte, um die Lage zu verändern, handelte er. Er lockerte seinen Griff an der Wand, beschwor ein Tor herauf und stürzte hindurch ...
... ins Schlafzimmer.
Robinson bemerkte ihn sofort. »Er ist hier!«, schrie der Lokalisierer auf, wirbelte auf dem Absatz herum, machte einen Satz und drehte sich im Kreis. Dabei versuchte er, die heiße Düse seines Flammenwerfers überallhin gleichzeitig zu richten, allerdings ohne etwas zu sehen oder jemanden im Visier zu haben.
Paxton war klar, dass es stimmte. Er spürte die Gedanken des Necroscopen förmlich wie eine schleimige Nacktschnecke über sein Bewusstsein tasten, so nah war er. Doch in dem Zimmer hatte sich nichts verändert. Von unten drangen Trasks und Teales heisere Stimmen herauf, als die beiden, ihre Warnungen rufend, durchs Haus und über die Treppe emporgeprescht kamen.
»Wo?« Paxtons Stimme war ein entsetztes Kreischen. »Wo ist der Bastard?«
Er und Robinson sahen einander an. Paxton blickte die glühende Mündung von Robinsons Flammenwerfer entlang in das Flackern der Zündflamme, und Robinson starrte auf die Spitze von Paxtons Armbrust. Beide fassten sie nach dem Lichtschalter.
Penny war im Bett, nackt, die Decke bis unters Kinn und rund um den Hals gezogen ... Und Harry war bei ihr unter der Decke, wo er sich wieder materialisiert hatte. Ohne zu wissen, wie
Weitere Kostenlose Bücher