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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Wirklichkeit gehabt. Und weißt du, das Allerletzte, was für die Lebenden auf dieser Insel Bedeutung hätte, sind Zahlen! Oder, nun, das stimmt nicht ganz. Ich bin sicher, sie interessieren sich dafür, wie viele Drachmen sie für ein Pfund Sterling oder für einen Dollar bekommen.« Dann erklärte er, was er damit meinte.
    Die Welt ist so klein geworden!
    Harry hatte seinen Hut und die Sonnenbrille aufgesetzt und war aus dem Schatten in den Sonnenschein getreten. Die Hände in den Taschen vergraben, machte ihm die Sonne nicht viel aus; aber auf den felsigen Pfaden nach Tigani musste er vorsichtig gehen, um nicht zu stürzen. Pythagoras hatte ihn im Geist begleitet; sobald der Kontakt einmal hergestellt war, spielte die Entfernung keine große Rolle mehr.
    Ich werde die Bruderschaft vollständig auflösen. Es gibt so vieles zu lernen!
    »Menschen sind mittlerweile auf dem Mond gelandet«, sagte Harry.
    Pythagoras war verwirrt.
    »Sie haben die Geschwindigkeit des Lichts errechnet.«
    Die Gedanken des Mystikers formten ein einziges großes Fragezeichen.
    »Und dennoch gibt es unter den Toten Mathematiker, die von deinem Wissen noch profitieren könnten.«
    Was? Von meinem? Ich bin wie ein Kleinkind!
    »Keine Spur! Du hast dich an die reinen Zahlen gehalten, hast gerechnet und gerechnet. Nach zweieinhalb Jahrtausenden Übung müsstest du der schnellste Rechner der Welt sein! Darf ich dir ein paar Fragen stellen?«
    Natürlich, aber bitte etwas Einfaches. Nicht diese Schwindel erregenden Kalkulationen in deinem Verstand, die du mir gezeigt hast!
    »Dann nenne mir die Summe aller Zahlen von eins bis einschließlich einhundert!«
    Fünftausendundfünfzig, kam augenblicklich die Antwort.
    »Ein Blitzrechner«, konstatierte Harry zufrieden. »Unter den weniger praktisch veranlagten Mathematikern – den reinen Theoretikern – wärst du wie ein sprechender Computer. Ich glaube, für einen Toten hast du eine große Zukunft, Pythagoras!«
    Aber das war doch so einfach, hatte der Grieche geschmeichelt gesagt. Das weiß ich ohnedies auswendig. Multiplikation, Division, Addition und Subtraktion, ja, und auch Trigonometrie – das habe ich alles so oft benutzt. Es gibt keinen Winkel, den ich nicht errechnen kann.
    »Siehst du?« Harry hatte gelächelt. »Wer kann das schon von sich behaupten?«
    Und du, Harry? Bist du auch ein Blitzrechner?
    Harry hatte ihn nicht niederschmettern wollen. »Vielleicht, aber bei mir ist das eher intuitiv.«
    Dann die Summe aller Zahlen zwischen eins und einer Million!
    »500.000.500.000«, hatte der Necroscope beinahe nebensächlich geantwortet. » Magie für die einen, Intuition für mich.«
    Pythagoras war bedrückt. Wozu brauchen sie mich, wenn sie dich schon haben?
    »Weil ich, wie ich schon sagte, vielleicht nicht mehr lange da bin. Wie du ja festgestellt hast: Die Welt ist klein geworden. Und es ist schwer, auf ihr ein Versteck zu finden.«
    In einem Außenbezirk von Tigani fand er eine kleine Taverne, setzte sich in den Schatten einiger alter Bäume und bestellte Ouzo mit einem Schuss Zitrone. Englische Touristinnen plätscherten im blauen Wasser der kleinen felsigen Bucht. Harry roch den Duft nach Kokosöl, der von ihren Körpern ausging, bis zu seinem Platz hinauf.
    Pythagoras hatte dieses Bild aus Harrys Geist entnommen und kommentierte finster: Vielleicht ist es doch gut, dass ich keinen Körper mehr habe. Sie saugen einen Mann aus wie ein Vampir.
    Der Necroscope wurde durch diese Bemerkung überrumpelt. Dann fasste er sich und antwortete: »Ach, es gibt solche und solche Vampire, musst du wissen ...«

VIERTES KAPITEL
    Der Vampir des Necroscopen – im Augenblick noch eine bloße Kaulquappe – war noch lange kein ausgewachsener Parasit. Er verspürte keinerlei Drang nach internen oder externen Auseinandersetzungen, sondern wollte sich in Ruhe entwickeln und in dem langen Prozess der Umwandlung seines Wirts weiterkommen. Deshalb war sein Einfluss zunächst lediglich nervtötend, aber nicht mehr. Wenn er Harry mental und körperlich auslaugte, war die Wahrscheinlichkeit geringer, dass dieser sich selbst gefährdete. Daher rührten jene gelegentlich aufblitzenden Momente des Wamphyri-Bewusstseins und auch der innere Zwang, sich zu streiten, zu diskutieren, sich andauernd selbst zu hinterfragen, worauf für gewöhnlich nach innen gerichtete Zornesausbrüche und geistige Erschöpfung folgten.
    Doch vom Verstand des Necroscopen völlig abgesehen, war sich sogar sein Blut darüber im Klaren,

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