TODESSAAT
nebenbei mit verfolgt – zu seinem Besten, wirklich. Ich wusste genau, was ich tat und wonach ich suchte.
Zuerst war bei ihm alles völlig normal. Ich erhielt ein klares Bild von ihm in seinem Haus bei Edinburgh oder wo immer er sich aufhielt. Doch in letzter Zeit war sein Bild unscharf, verschwommen, und seit gestern Abend habe ich nur noch eine Art von Nebel gesehen. Ich wollte das morgen in meinem Bericht erwähnen.«
»Früher haben wir so etwas als Hirnsmog bezeichnet«, sagte Trask, »was man empfängt, wenn man versucht, einen Vampir zu scannen.«
»Ich weiß.« Chung wirkte nun beherrschter. »Das war es auch, zumindest teilweise. Paxton sagte, Harry könne Tote aus ihrer Asche wiedererwecken. Das hat mich am meisten getroffen.«
»Wieso?« Der Minister runzelte die Stirn.
Chung blickte ihn an. »Ich habe auch Gegenstände, die Trevor Jordan gehörten«, sagte er mit schwacher Stimme. »Und heute Morgen habe ich zufällig einen davon berührt. Es war, als befinde sich Trevor hier – im Nebenzimmer oder unten auf der Straße. Ich glaubte, es sei nur eine starke Erinnerung, die mich überfallen hatte. Es war da und dann wieder weg. Aber es war so real! «
Der Minister hatte noch nicht begriffen, aber Trask – totenbleich – flüsterte: »Mein Gott! Jordan wurde auf Rhodos eingeäschert, weil das Risiko bestand, dass er sich bei den Vampiren infiziert haben könnte. Aber, ich erinnere mich noch deutlich: Es war Harry Keogh, der auf dieser Verbrennung bestand!«
TEIL ZWEI
(vier Jahre zuvor)
ERSTES KAPITEL
Die Großen Wamphyri-Lords Belath, Lesk der Vielfraß, Menor Malmzahn, Lascula Langzahn und Tor Stachelleib existierten nicht mehr. Sie – und mit ihnen zahlreiche unbedeutendere Wamphyri-Führer, deren Statthalter und Kampfkreaturen – waren allesamt in der Schlacht um den westlichen Garten ausgelöscht worden – vom Herrn des Gartens und dessen Vater! Der Kampf war verloren; die massenhaften Explosionen der Methan speienden Gasbestien hatten die kilometerhohen Felsenhorste der Wamphyri (alle bis auf den der Lady Karen) zerschmettert und nur mehr Schutthalden aus Stein und Knochen und Knorpelmasse übrig gelassen, und die Wamphyri-Herren von Starside höchstselbst bewirkten in den Nachwehen der demütigenden Niederlage nur wenig.
Indessen zwang Shaithis, einstiger Führer der Vampir-Armee, den Schädel seines Flughybriden in den aus dem grimmigen Norden heranpfeifenden Wind, und nahm, von kraftvollem Flügelschlag getragen, Kurs auf die Eislande. Er war nicht der erste der Wamphyri, der dieses Wagnis einging. Im Lauf der Jahrhunderte hatten andere desgleichen getan, sei es auf der Flucht oder auf dem Weg in die Verbannung, und nach der Schlacht um den Garten waren Überlebende seiner Armee gewiss ebenfalls dorthin aufgebrochen. Besser die Eislande, was auch immer dort drohen mochte, als die furchteinflößenden Waffen des Herrn und dessen Vaters. Diese beiden, Vater und Sohn, waren nichts als Menschen. Allerdings Menschen mit gewissen Fähigkeiten; Menschen, die aus den Höllenländern jenseits des Sphärentores kamen. Und die Kraft der Sonne selbst nutzten, um das protoplasmische, metamorphe Fleisch der Wamphyri in die Luft zu blasen – als bis aufs Äußerste erhitztes Gas und stinkenden Dunst!
Harry Keogh und sein Sohn, genannt der Bewohner oder Herr des Gartens: Sie hatten Shaithis’ Armee vernichtet, hatten alle seine Pläne zunichte gemacht und ihn auf nur wenig mehr als nichts reduziert. Doch wenig mehr als nichts ist immer noch etwas, und die Schöpfung kennt nichts Zählebigeres als einen Vampir. Shaithis würde selbst jene kümmerliche Macht zu nutzen verstehen, die ihm noch verblieben war; würde auch die allergeringste Chance ergreifen, um wieder etwas zu werden. Und falls und wenn jener Tag kommen sollte, so würden die Bewohner der Höllenländer bezahlen. Ja, und all jene, die in der Schlacht um den Garten an ihrer Seite gekämpft hatten.
Lady Karen beispielsweise, diese verräterische läufige Wamphyri- Hündin! Shaithis ruckte so hart an den ledernen Zügeln, dass die goldene Kandare im Maul des Geflügelten das Fleisch zerfetzte. Die Kreatur – einst ein Mensch, ein Traveller, doch nun durch Shaithis’ mutative Kunstfertigkeit aufs Scheußlichste verändert – stieß durch struppig gefiederte Nüstern ein klagendes Grunzen aus; die gewaltigen Mantaschwingen peitschten noch rasender die frostige Luft, und so wurden Hybrid und Reiter immer noch höher emporbefördert,
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