Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todessaat

Titel: Todessaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Arnout Smith
Vom Netzwerk:
über den Tisch und schrieb sich die Daten ab.
    »Er ging mit einer Kellnerin namens Janey aus und verließ sie, als er in den Bann von Nates Mutter, Jewel, geriet.«
    Zsloski zog die Augenbrauen hoch. »Wurde dieses Gefühl erwidert?«
    Grace schüttelte den Kopf. »Sie tolerierte ihn nur, weil sie dachte, es könnte vielleicht ein Weg sein, ihren Sohn besser zu verstehen.«
    Sie beugte sich nach vorn. »Jewel hat mir erzählt, dass Bartholomew ein Problem damit hatte, Gesichter wiederzuerkennen. Er versuchte mit allen Mitteln, diese Schwäche zu
verbergen. Deshalb hatte er das Zimmer voller Fotos und Namen. Er prägte sich jedes Jahr die neuen Schüler und Studenten anhand von Fotos ein; so lernte er, sie auseinanderzuhalten. Sie sagte auch, dass Nate mal mit Bartholomew auf dem Campus aneinandergeraten war, als dieser sich eine Aufstellung von Namen und Gesichtern einprägte.«
    »Wo ist dieses Blatt jetzt?« Zsloski beugte sich vor und rieb sich die Knie.
    »Sie berichtete, dass Nate es nach seinem Tod vernichtet hätte. Den Spickzettel mit den Gesichtern. Ich habe von dieser Krankheit im Rahmen meines Medizinstudiums gehört. Prosopagnosie . Eine von rund vierhundert neurologischen Zuständen, die wir im Laufe unseres einwöchigen Examens identifizieren mussten.«
    Sie sah auf, um zu überprüfen, ob die beiden Männer wollten, dass sie weitererzählte. Sie unterbrachen sie nicht.
    »Wie bei allem gibt es bei der Krankheit unterschiedliche Stufen. Es kann nach einer Kopfverletzung einsetzen, schon von Geburt an da sein, oder die betroffene Person bemerkt die Krankheit erst allmählich. Für gewöhnlich geht ein gewisses Maß an Scham damit einher. Niemand möchte bei einer Party eine Stunde lang mit jemandem reden, der eine Woche später seinen Gesprächspartner auf der Straße nicht mehr erkennt.«
    »So sehen die Folgen aus?« Mike Zsloskis Gesicht schien sich aufzulösen.
    »Sie können so aussehen. Der Punkt ist, dass es unseren Verdächtigenkreis vergrößert. Selbst Nate könnte unser Mann sein. Als ich ihn getroffen habe, verhielt er sich wie ein Sträfling, der endlich Freigang bekommen hat. Ich vermute, dass Nate jahrelang die Drecksarbeit für Bartholomew gemacht und ihn gedeckt hatte. Ein anderer Aspekt ist Frank Waggamans Foto in Bartholomews Brieftasche. Es könnte sein, dass Bartholomew sich das Gesicht einfach
nicht merken konnte, sodass er sich einen visuellen Spickzettel gemacht hatte. Und seine Vergesslichkeit machte wohl auch nicht vor Namen halt.«
    »Aber warum hat er sich an Ihren Namen erinnert?«
    Nein, Zsloskis Gesicht hatte sich nicht aufgelöst, sondern hatte eher die Farbe einer Leber angenommen.
    »Der Artikel in der Desert Sun . Er hing an der Wand. Aufgeschriebene Namen konnte er sich merken. Er hatte ja nicht versucht, mich in einer Gruppe oder in einer Reihe portugiesischer Frauen um die dreißig ausfindig zu machen. Er hatte nur den Namen.«
    Sie nahm einen Schluck Wasser.
    »Das heißt also, er hat mich wegen meiner Arbeit hinzugerufen. Etwas, das ich in meiner Vorlesung erwähnt habe, ist der Schlüssel zu diesem Fall. Wir müssen es nur finden.«
    Ihr Onkel verschränkte die Arme und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Es waren Hände eines Machers, breit und beweglich.
    »Jeanne hat mir versichert, dass sie niemanden umgebracht hat«, begann Grace. »Das ist alles, was ich weiß.«
    Ihr Onkel zog einen Beweisbeutel aus seiner Hemdtasche hervor und hielt ihn Grace hin.
    Sie griff danach.
    Darin befand sich ein altes Farbfoto mit Eselsohren.
    Sie starrte einen langen Augenblick darauf.
    »Du erkennst, wer zu sehen ist, nicht wahr?« Seine Stimme klang sanfter als vorher, ganz so, als spreche er mit einem Kind.
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er nahm ihr den Beutel ab und erklärte es ihr.

30
    G race fand einen freien Platz an einem Konferenztisch, schenkte sich ein Glas Wasser ein und musterte die Delegierten am Tisch, die sich Notizen machten. Auf der Bühne stand ein afrikanischer Delegierter aus Somalia und sprach darüber, dass der Kampf gegen Hunger nicht durch genetisch manipuliertes Getreide, sondern nur durch die Bekämpfung der Ursachen der Armut gewonnen werden könne. Aus diesem Grund war alles, was die USA nach Übersee schickten, kategorisch verdorben.
    Ein amerikanischer Abgeordneter aus Iowa saß neben diesem Delegierten auf der Bühne. Er hatte die Hände unter die Beine gelegt. Anscheinend war das für ihn die einzige Möglichkeit, um nicht aufzuspringen und

Weitere Kostenlose Bücher