Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
Vom Netzwerk:
»Der Whirlpool war abgedeckt, und unten ist er auch nicht.«
    »Kann es sein, dass er im Wohnzimmer ist?« Ægir sprach schnell, wie immer bei unangenehmen Themen. »Ich habe da eben jemanden rumlaufen hören.«
    Halli schüttelte den Kopf.
    »Das war er nicht. Und in seiner Kabine ist er auch nicht«, sagte er und leckte sich unaufhörlich über die Lippen. »Vielleicht sind wir auch nur aneinander vorbeigelaufen, oder er ist draußen an Deck.«
    »Was zum Teufel hätte er da zu suchen?«, tönte Þráinn und erhob sich von seinem Stuhl. Er ging zu den Steuerinstrumenten und hantierte daran herum, während er ihnen den Rücken zuwandte. Ægir wich Hallis Blick aus und fixierte stattdessen den Rücken des Kapitäns. Als er fertig war, drehte Þráinn sich wieder zu ihnen.
    »Wir müssen ihn suchen«, sagte er und sah sie abwechselnd an. »Aber wir teilen uns nicht auf, wir gehen zusammen.«
    Keiner protestierte. Schweigend folgten sie Þráinn von der Brücke, und ihre ungelenken Bewegungen zeugten davon, dass das Vertrauen zwischen ihnen erloschen war. Ihre Paranoia wurde noch größer, als sie Loftur schließlich fanden: in dem heißen, abgedeckten Whirlpool, vollständig bekleidet und ertrunken.
    Damit war die Geschlechterverteilung an Bord ausgeglichen.

21. Kapitel
    Der Lichtschein von der Straße spaltete die Dunkelheit. Staub glitzerte in der Luft, schwebte durchs Zimmer und verschwand dort, wo das Licht endete. Es roch muffig, und Dóra wunderte sich, wie schnell man Räumen anmerkte, dass niemand mehr darin wohnte. Ihr eigenes Haus hatte sie und ihre Familie letztes Jahr nach drei Wochen Sommerurlaub mit trockener Kälte und einem undefinierbaren Geruch willkommen geheißen. Erst als sie alle Fenster sperrangelweit aufgerissen und die Heizung hochgedreht hatten, hatte Dóra das Gefühl gehabt, wieder zu Hause zu sein. Ægirs und Láras Haus hatte ungefähr ebenso lange leergestanden, und obwohl Dóra es nicht kannte, war sie sich ziemlich sicher, dass die beiden auch im Flur die Nase gerümpft hätten.
    »Soll ich das Licht einschalten?« Margeir stand verloren in der Tür und war wie Dóra fasziniert vom Schauspiel des Staubs in dem Lichtstrahl. »Oder soll ich lieber die Vorhänge aufziehen?«
    »Schalten Sie das Licht ein, das ist besser.« Dóra zog ihren Strumpf hoch, der ihr über den Fuß gerutscht war, als sie ihre Lederstiefel ausgezogen hatte. »Wir sollten zwar so wenig wie möglich anfassen, müssen aber natürlich in Schubladen und so was schauen. Vielleicht ist das auch nicht nötig, und wir haben Glück und finden sofort Kontoauszüge.«
    »Sie waren so froh, als sie das Haus gekauft haben«, sagte Margeir wehmütig und tastete nach dem Lichtschalter. »Ich habe ihnen noch beim Streichen geholfen.«
    Dóra nickte. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Die Situation war so beklemmend, dass Worte ein armseliger Trost waren. Und sie konnte Ægirs Vater ja schlecht für seine Malerkünste loben. Das Haus war so eingerichtet wie bei vielen jungen Leuten, überwiegend in schwarz und weiß. Es unterschied sich jedoch insofern von vielen ähnlichen Häusern, die derzeit zum Verkauf standen, als dass nicht viel in die Einrichtung investiert worden war. Die Möbel waren fast alle von IKEA, an den Wänden hingen keine Gemälde, nur ein paar Graphiken, wahrscheinlich Hochzeitsgeschenke. Dóra war froh, dass nichts darauf hindeutete, dass die beiden über ihre Verhältnisse gelebt hatten.
    Als Erstes sortierten sie die Post und die Tageszeitungen, die sich im Flur stapelten, fanden aber nichts Nützliches außer einer neuen Kreditkartenabrechnung. Die Familie war zum Monatswechsel abgereist, und der nächste war erst in einer Woche. Dann würden massenweise Auszüge kommen, aber Dóra wollte nicht darauf warten. Sie konnte auch mit älteren Finanzübersichten etwas anfangen.
    »Haben Sie einen Vorschlag, wie wir es am besten angehen? Sollen wir oben oder unten anfangen?«, fragte sie und löste ihren Blick von einer welken Topfpflanze, die nach Wasser schrie. Es war sinnlos, die arme Pflanze zu gießen und ihren Todeskampf dadurch um ein paar Tage zu verlängern.
    »Ich würde lieber hier unten anfangen. Ich weiß nicht, ob ich mir zutraue, rauf in die Schlafzimmer zu gehen. Ob ich es aushalte, das leere Bett der Zwillinge zu sehen.« Margeir schaute auf seine Zehen. »Das ist alles so schrecklich.«
    »Ja, das verstehe ich.« Dóra überlegte. »Sollen wir zuerst in die Küche? Vielleicht hängen

Weitere Kostenlose Bücher