Todesschlaeger - Ein Golferkrimi
Norbert die Aktien vor ihrem Ableben komplett veräußert hätten, dann wäre das Testament doch ausgehebelt worden?«
»Stimmt. Der alte Wetzlar nahm aber vor seinem Ableben seinen Söhnen das Ehrenwort ab, die Aktienanteile nicht zu veräußern. Was hierbei das Versprechen Norberts wert war, wissen wir ja. Trotzdem ist das Testament ein Knaller, denn genau genommen erben auf diesem Weg sämtliche derzeitigen Aktionäre den Anteil Norberts, indem die Firma genau genommen die Aktien Norberts ohne geldwerte Gegenleistung einzieht. Das Stammkapital verringert sich, da aber der Wert des Unternehmens sich nicht ändert, erhöht sich automatisch der Wert und der Stimmanteil der verbleibenden Aktien.«
»Uff. Dann hat also wieder Leona Wetzlar ihr Vermögen indirekt gewaltig erhöht? Ist das richtig?«
»Ja, das gilt natürlich auch, wenn auch in erheblich geringerem Umfang für den Kleinaktionär Georg Walden.«
»Herr Walden hat dieses Jahr von Norbert Wetzlar neun-Komma-neun Prozent der Aktien, bezogen auf sämtliche Aktien der Gesellschaft, übereignet bekommen ohne dafür Geld bezahlt zu haben. Es handelte sich um einen mündlichen Vertrag. Kann der jetzt angefochten werden?«
»Wenn die Übertragung mit der Unterschrift der beiden im Unternehmen formal ordnungsgemäß eingetragen wurde, also in das Aktienregister der Firma, dann war alles in Ordnung. Es ist unanfechtbar. Höchstens das Finanzamt kann noch Steuern nachfordern.«
»Halten Sie es für möglich, dass Georg Walden der Täter sein könnte?«
Er registrierte ein tiefes Durchatmen des Notars am anderen Ende der Leitung, ehe ihm geantwortet wurde:
»Nein, das gäbe nicht viel Sinn. Walden läuft doch am stärksten Gefahr, dass er als ungeliebter Mindergesellschafter abgesägt wird und Stellung und Einfluss verliert. Es ist für ihn alles viel zu unkalkulierbar. Nein, das würde wenig Sinn machen, Herr Hauptkommissar.«
»So, so. Hand aufs Herz, Herr Anwalt, trauen Sie der derzeitigen Frau Wetzlar einen, nein, besser gesagt gleich drei Morde zu?«
»Ganz ehrlich gesagt: Was ich so an Menschen aus der Halbwelt, aus der diese Leona bekanntlich hervorgekommen ist, erlebt habe – Ja!«
»Das war deutlich, Herr Grodert. Gibt es irgendwelche Gründe, warum es nicht zum Vollzug des Testaments kommen könnte. Die ersten beiden Ehefrauen zum Beispiel?«
»Nein, da gibt es keine Möglichkeit. Im Gegenteil. Im Firmeninteresse wird das Testament ziemlich schnell vollstreckt werden müssen. In einem Monat dürfte alles geregelt sein.«
»Wenn nun der Sohn aus erster Ehe, Frederik Meinert mit Namen, der vor gut zwei Jahren in den Alpen tödlich verunglückt sein soll, plötzlich doch noch aus der Versenkung auftauchen würde, wäre das dann ein direkter Nachkomme im Sinne des Testaments und würde dieser dann alles erben?«
»Ja, das würde er. Es wurden keinerlei Einschränkungen diesbezüglich gemacht.«
»War das Testament ein großes Geheimnis oder im Familienkreis mehr oder weniger allgemein bekannt?«
Schlosser hörte den Anwalt kurz auflachen.
»Bekannt, Herr Hauptkommissar, bekannt. Der alte Wetzlar hat es jedem in der Familie richtiggehend unter die Nase gerieben.«
»Vielen Dank für Ihre Auskünfte, Herr Grodert« verabschiedete sich Michael Schlosser und schon legte der Anwalt schnell und grußlos auf.
Zeitsparer.
Mit wenigen Worten gab Schlosser das Gespräch mit dem Anwalt wieder. Genko jubelte auf:
»Das nährt meine Theorie beträchtlich, Chef. Wenn ich sie doch nur beweisen könnte.«
»Wir haben etwas übersehen, Genko, glaub’ mir das. Wir haben etwas übersehen«, wiederholte er und lief nun ruhelos, leicht humpelnd im Raum auf und ab, während Genko in seinem Bürosessel wippte und mit einem Zahnstocher in seinen Zähnen pulte.
Plötzlich blieb er abrupt stehen, schaute seinen Mitarbeiter an, als wäre dieser aus Glas und begann monoton Anweisungen zu geben:
»Wir laden für morgen früh zehn Uhr Leona Wetzlar, Peter Wolf und die beiden Sullers vor. Mach’ alles fertig und sorg’ bitte dafür, dass sie davon noch heute erfahren. Es ist mir egal, ob irgendwelche windigen Anwälte mitgebracht werden. Es handelt sich um reine Zeugenvernehmungen. Die Sitzung von heute Nachmittag wird um genau einen Tag verschoben. Ich bin morgen rechtzeitig wieder hier.«
Er wollte jetzt allein sein und er würde jetzt in den nächsten Park gehen und, wenn es sein musste, stundenlang dort herumlaufen und nachdenken. Jedenfalls so lange, wie
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