Todesschlaf - Thriller
Berührung kommen.
Tja, Timmie watete jedes Mal, wenn sie die Notaufnahme betrat, bis zu den Hüften in der Wirklichkeit, und trotzdem ließ sie sie auch außerhalb der Automatiktüren nicht in Ruhe, genauso wenig wie alle anderen auch. Alle anderen mit Ausnahme von Joe Leary und Alex Raymond, offensichtlich.
»Hilf mir, Alex«, sagte sie »Beschütze die, denen du ein Leben lang zu helfen versucht hast.«
In jeder anderen Situation, bei jeder anderen Bedrohung, hätte sie ihn gebeten, an seine Mutter zu denken. Sie hätte ihn gefragt, ob er gewollt hätte, dass sie, nur aufgrund ihrer Krankheit, einer solchen Gefahr ausgesetzt wird. Aber sie war der Antwort auf diese Fragen selbst viel zu nahe gekommen, als dass sie sie jetzt hätte stellen können.
Er schüttelte erneut den Kopf. »Es muss doch eine andere Erklärung dafür geben.«
»Dann hilf mir, sie zu finden. Ordne eine Autopsie von Alice Hamptons Leichnam an. Lies die Akten der anderen noch einmal ganz genau durch. Ruf die Polizei an und verlange eine amtliche Untersuchung. Mach einen Höllenaufstand,
bevor es jemand anders macht, und alle Schuld auf dich und die Einrichtung zurückfällt.«
Er saß immer noch einfach nur da. Unglaublich. Genau wie sie selbst, erst gestern noch, und das hieß, dass sie ihm eigentlich keine großen Vorwürfe machen konnte, bloß weil sie endlich bereit war zu handeln. Was sie ihm aber auf jeden Fall vorwerfen konnte, war, dass er vorsätzlich die Augen vor der Realität verschlossen hatte. Allerdings wäre das zum jetzigen Zeitpunkt alles andere als hilfreich gewesen.
»Lass mich nachdenken«, bat er sie und rieb sich mit den Handballen die Augen. »Ich muss nachdenken.«
»Wenn es sein muss, bitte«, sagte Timmie. »Aber ich kann nicht länger warten.«
Und das tat sie auch nicht. Noch bevor Alex ganz zur Tür draußen war, rief sie Micklind an. Als sie um drei Uhr zur Arbeit ging, hatte sie Conrads Zusicherung, dass er die Medikamente aus dem Behälter mit Hilfe des Gaschromatographen und des Massenspektrometers so schnell wie möglich analysieren und außerdem auf Fingerabdrücke untersuchen lassen wollte. Darüber hinaus wurde Murphy von Ginny über Dr. Davies informiert, und Detective Micklind versuchte seinen Vorgesetzten davon zu überzeugen, dass eine Untersuchung des seltsamen Todes von Alice Hampton sinnvoll war.
Somit blieb für Timmie nur noch die große Frage, was Alex wohl unternehmen würde. Doch sie sollte keine Antwort darauf bekommen. Zwanzig Minuten nach ihrer Ankunft in der Notaufnahme wurde die gesamte Umgebung vom ersten ausgewachsenen Eissturm des Jahres heimgesucht, dem unumgänglichen Auftakt für das Puckett-County-Unfallfestival.
Erst, als er in Charlie Clevelands Straße einbog und seitwärts gegen einen Briefkasten schlidderte, merkte Murphy,
was auf den Straßen los war. Der Briefkasten - eines dieser kunsthandwerklich wertvollen Exemplare, die aussahen wie eine Scheune auf einer Milchkanne - fiel um. Der Porsche blieb ohne sichtbare Verletzung stehen. Murphy fluchte, bis er blau im Gesicht wurde. Nachdem er den Briefkasten wieder aufgestellt hatte, ließ er den Wagen am Straßenrand stehen und schlidderte die restliche Strecke bis zu Charlies bergab gelegenem Haus.
Die ersten beiden Stunden dieses Nachmittags hatte er damit verbracht, der Nachtdienst-Telefonistin des Krankenhauses, die Peter Davies an zwei aufeinanderfolgenden Abenden im Krankenhaus gesehen hatte, obwohl er um diese Zeit dort eigentlich nichts verloren hatte, eine fünfminütige Aussage zu entlocken. Die Telefonistin hatte gesagt, er hätte irgendetwas vor sich hin gemurmelt - ein Mann, der voll und ganz auf sein Vorhaben konzentriert war.
Oder ein Mann in tiefer Angst, dass alles auffliegen könnte.
Auf das Gespräch mit der Telefonistin hatte Murphy ein Telefonat mit seinem Freund bei der Post über den Stand von Peter Davies Forschungen folgen lassen.
»Gut«, hatte der gesagt und etliche Namen in seinen Computer eingegeben, der noch altertümlicher war als Murphys. »Kriegt zurzeit eine Menge Anerkennung. Um ge nau zu sein ist er in der Schlussauswahl für eine riesige Fördersumme des Gesundheitsministeriums, die ihm gut und gerne den Weg ins nächste Jahrhundert ebnen könnte.«
»Ist er das, hmm?«
»Ja, genau. Die Kandidaten sind vorige Woche bekannt gegeben worden.«
»Wann fällt die Entscheidung?«
»In den nächsten Wochen. Die Presseabteilung der Price University hat mich in den letzten zwei
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