Todesschlaf - Thriller
ja, mit trauernden Familien einfach nicht besonders gut kann und Mr. Abbot bereits im Endstadium war.«
»Wieso hat man ihn nicht zu uns verlegt?«, wollte Timmie wissen. »Ich dachte, das sei das übliche Verfahren: Jeder Restcrest-Patient, dem es wirklich schlecht geht, tritt seinen Weg in den Himmel über die Notaufnahme an.«
Ellen, deren Teint eigentlich gar nicht erröten konnte, errötete. Schuldbewusst. »Weil die versammelte Familie auf seiner Bettkante gesessen und sofort ›Rechts-an-walt, Rechts-an-walt‹ skandiert hat, sobald nur jemand eine Hand auf Mr. Abbots Brust gelegt hat.«
»Was für eine reizende Familie.«
Mattie grinste. »Heiße Anwärter auf den dieswöchigen Ehrenorden am goldenen Band.«
»Zumindest ist dadurch ein Bett frei geworden«, sagte Ellen ohne jede Ironie zu Timmie. »Schätzchen, ich wette, dass Alex deinen Dad aufnehmen könnte.«
Aber will Alex auch dafür bezahlen? Es lag Timmie auf der Zunge. Doch stattdessen lächelte sie der durch und
durch ernsthaften Ellen ins Gesicht und sagte, sie wolle sich darum kümmern. Dann legte sie den Sicherungshebel für die Hintertür um und ging hinaus, bevor irgendetwas sie aufhalten konnte.
Sie hatte nicht damit gerechnet, auch auf der anderen Seite der Tür belästigt zu werden. Er lehnte an der Hauswand, die Hände in die Jeanstaschen gestopft, als hätte er auf niemand anders als auf sie gewartet.
Dieser Journalist.
»Wissen Sie was?«, sagte Timmie zur Begrüßung. »Im L.A. County Hospital hatte ich Kolleginnen aus derselben Schicht, die ich seltener zu Gesicht bekommen habe als Sie.«
Er stieß sich von der Wand ab. »Die Notaufnahme des L.A. County Hospital ist ja auch größer als ganz Puckett.«
»Und kurzweiliger«, gestand Timmie ohne nachzudenken.
Das Lächeln des Journalisten war viel zu viel sagend. Timmie hätte es ihm am liebsten verboten. Zumal dieses Lächeln selbst auf einem heruntergekommenen, ramponierten Gesicht wie seinem verdammt sexy aussah. Sie war zu müde für »sexy« und viel zu intelligent für »heruntergekommen und ramponiert«.
»Was machen Sie denn hier?«, wollte sie wissen.
»Ehrlich gesagt, ich habe Sie gesucht. Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
Er hatte verdammt eindrucksvolle Augen. Tief liegende, blassgrüne Augen, wie Sonnenfänger in einem verschmutzten Fenster, mit Krähenfüßen und gekrönt von buschigen Augenbrauen, die in ein paar Jahren eine beeindruckend weiße Färbung annehmen würden.
Timmie schüttelte unmissverständlich den Kopf. »Nein. Ich muss meiner Rolle als gute Tochter gerecht werden und habe nicht viel Zeit.«
Er grinste wie ein Straßenräuber. »Ihr Vater. Toll. Ich begleite Sie.«
Sogar Grübchen hatte dieser unverschämte Kerl. Das passte genau ins Bild. Mit aller Kraft zwang Timmie sich zu einem Lächeln und ging an ihm vorüber. »Nein, ganz bestimmt nicht.«
Der Journalist ging rückwärts neben ihr her. »Sie sollen angeblich eine Drohbotschaft erhalten haben?«
Aus reiner Verachtung blieb sie stehen. »Offensichtlich hat wirklich schon jeder davon gehört. Sehr seltsam, da ich mich nicht erinnern kann, irgendjemandem davon erzählt zu haben. Zumindest niemandem mit einer Dienstmarke oder einem Notizblock.«
Er machte keinen besonders reumütigen Eindruck. »Hat sie so ausgesehen?«, sagte er, fasste in eine ausgeleierte Tasche seines Tweed-Jacketts und zog etwas hervor.
Timmie starrte das Ding unwillkürlich an. Das war ihre Karte. Die sie zusammen mit den Blumen bekommen hatte. Das gleiche Papier, die gleichen Buchstaben, die gleiche Drohung.
HÖR AUF DAMIT BEVOR DIR ETWAS ZUSTÖSST
»Woher haben Sie das?«, sagte sie und unternahm einen misslungenen Versuch, sie ihm aus der Hand zu nehmen.
Er steckte sie zurück in seine Tasche. »Aus meinem Postfach in der Redaktion.Wollen wir uns unterhalten?«
Timmie dachte an all die Fragen, die sie beschäftigten, und daran, was wohl geschehen würde, wenn sie diese Fragen mit einem Pulitzer-Preis-gekrönten Journalisten mit wachen grünen Augen teilte. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich will das Ganze einfach ignorieren, genau wie offensichtlich alle anderen in dieser Stadt auch. Macht Ihnen das was aus?«
»Normalerweise nicht. Aber ich habe das Gefühl, als
wäre ich ohne es zu wollen im selben Topf gelandet wie Sie, und es hat irgendetwas mit diesen ungeklärten Todesfällen zu tun.«
»Todes fälle ?«, sagte Timmie, noch bevor sie darüber nachdenken konnte. »Es sind mehrere?«
Da zog
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