Todesschrei
Allergie?« Sophies Augen blitzten zornig auf. »Wenn sie einmal ein wenig länger bei ihren Töchtern gewesen wäre, hätte sie es gewusst. Ich habe keine Ahnung, was Lena genau wusste, aber sie durfte Elle nicht nach Belieben durch die Gegend schleppen. Elle war
mein
Kind.«
Vito dachte daran, was Katherine am Sonntag gesagt hatte: »Es war ein Unfall.« Und obwohl Vito derselben Meinung war, war er klug genug, nicht denselben Fehler wie Katherine zu machen. »Es tut mir so leid, Liebes.« Sie holte tief Luft und stieß sie wieder aus. »Danke. Es hilft wirklich, darüber zu sprechen. Nach ihrem Tod war ich so deprimiert, dass ich nicht in dem Haus bleiben konnte. Alles erinnerte mich an Elle. Harry schickte mich zu meinem Vater. Alex überredete mich, zu bleiben und in Paris auf die Uni zu gehen. Er hatte die Verbindungen und das Geld, um mich dort unterzubringen. Ich sprach fließend Französisch, hatte beste Noten und eine doppelte Staatsbürgerschaft. Für Etienne Moraux, eine der führenden Archäologen in Frankreich, war ich die ideale Assistentin.« »Und wie passt Brewster ins Bild?«
»Anna wollte, dass ich nach Hause komme, also schrieb ich mich im Shelton College ein. Alan Brewster war damals schon eine Legende, und meinen Abschluss unter ihm zu machen, wäre meiner Karriere sehr förderlich gewesen.« Sie verzog das Gesicht. »Das war nicht doppeldeutig gemeint. Unter ihm.«
»Das habe ich auch nicht so aufgefasst«, sagte Vito. »Also hast du bei Brewster studiert und ... ?« »Mich unsterblich verliebt. Immer wenn ich versuchte, mich mit einem Kerl in meinem Alter zu verabreden, dachte ich an Mickey DeGrace und dann an Elle, und es ... ging nicht. Alan war der Erste, der mich nicht an Mickey erinnerte. Ich dachte, er liebt mich. Wir waren zu Ausgrabungen in Frankreich. Aber dann fand ich heraus, dass er verheiratet war, schon alle Assistentinnen in seinem Bett gehabt hatte und außerdem gern damit prahlte. Na ja, wenigstens hat er mir die Bestnote verliehen«, fügte sie verbittert hinzu. »Ich sei eine >überaus fähige Assistentin<.« Das hatte Vito auch von Brewster gehört, und nun wünschte er sich, er hätte dem Mann doch ein Veilchen verpasst, obwohl er jetzt vermisst wurde. Vito hätte das vermutlich etwas mehr kümmern sollen. »Wie ich schon sagte: Er ist ein Arschloch. Vergiss ihn. Schau nach vorn.« »Ja, das habe ich eigentlich auch. Ich kehrte reuig zu Etienne zurück, der mich in seinem Abschlussprogramm unterbrachte. Als ich den Abschluss in der Tasche hatte, bat Anna mich erneut, nach Hause zu kommen. Ich bekam eine Stelle an einem College in Philly, aber Anna und Amanda sorgten dafür, dass die Sache nicht vergessen wurde. Also verschwand ich wieder nach Frankreich, wo das alles kein Thema war, und arbeitete da. Bis Harry mich anrief und mir sagte, dass Anna einen Schlaganfall erlitten hatte. Ich ließ alles stehen und liegen und kam endgültig zurück. Hier bekam ich den Job bei Ted und das Seminar am Whitman. Und dann traf ich dich.« »Aber dein Vater war reich. Warum brauchst du das Geld denn so dringend?«
»Alex hat mir zwar etwas vererbt, aber das meiste ist für Pflegeheime draufgegangen. Tja, das war alles.« »Danke, dass du es mir erzählt hast.« Er streckte den Arm aus, und sie schmiegte sich hinein.
»Ich danke dir auch. Wie immer es mit uns weitergeht, Vito, ich erzähle niemandem von Andrea, obwohl ich nicht finde, dass du deswegen Schuldgefühle haben solltest. Sie hat ihre Wahl getroffen. Und du hast deinen Job gemacht.« Er zog die Brauen zusammen. Er wusste schon, wie es mit ihnen weitergehen sollte. Er hatte sie von Anfang an begehrt, aber er hatte erkannt, dass er sie dauerhaft an sich binden wollte, als er gesehen hatte, wie begeistert seine Neffen mit ihr Popcornmais per Katapult durch die Gegend geschleudert hatten.
Dass sie in dieser Hinsicht offenbar unsicher war, beunruhigte ihn. Aber darüber konnte er sich noch später Gedanken machen. Er küsste sie auf die Schläfe und schaltete das Licht aus. »Lass uns schlafen.«
»Och, Onkel Vitoooo«, maulte sie im Dunkeln. »Müssen wir wirklich?«
Er lachte leise. »Okay, aber nur noch fünf Minuten.« Und sog scharf die Luft ein, als ihre Hand seinen Bauch abwärts glitt. »Oder zehn.« Ihr Kopf tauchte unter die Decke, und er schloss die Augen. »Ach, lass dir so viel Zeit, wie du willst.«
Freitag, 19. Januar, 7.15 Uhr
»Hallo?« rief Sophie, als sie die Tür zum Albright aufschloss. »Jemand
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