Todesschrei
hier?«
»Ganz schön unheimlich im Dunkeln«, flüsterte Vito. »Die ganzen Schwerter und Rüstungen. Man wartet förmlich auf irgendeinen kopflosen Geist.«
Sie stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen, dass er grunzte. »Sch.«
Daria kam aus dem Büro und riss die Augen auf, als sie Vito sah. »Wer sind Sie?«
Sophie öffnete ihre Jacke und schaltete das Licht ein. »Daria, Detective Ciccotelli. Vito, Daria Albright, Teds Frau. Bitte sag ihr, dass ich
keinen
Ärger mit dem Gesetz habe.« Vito schüttelte Daria die Hand. »Freut mich.« Er beugte sich verschwörerisch vor. »Sophie hat keinen Ärger. Sie
bedeutet
Ärger.«
Daria grinste. »Hab' ich's nicht immer gesagt? Sophie, warum fahren die Leute dich durch die Gegend?« »Probleme mit dem Auto«, sagte Sophie, und Daria musterte sie so zweifelnd wie Ted am Tag zuvor. »Aha. Nun, es war nett, Sie kennenzulernen, Detective. Sophie, du hast ein Päckchen bekommen. Es lag vorn, als ich reinkam.« Sie deutete auf die Empfangstheke und kehrte in ihr Büro zurück.
Sophie sah von dem braunen Päckchen zu Vito. »Ich hatte diese Woche ein gemeines und ein nettes Päckchen. Soll ich die Schachtel nehmen oder lieber nachsehen, was sich hinter Tür Nummer zwei verbirgt?«
»Ich mache es auf.« Er zog sich Latexhandschuhe über, klappte das Kärtchen auf und blinzelte. »Entweder ist das ein raffinierter Code oder Russisch.« Sophie lächelte, als sie die Karte las. »Kyrillisch. Das Päckchen ist von Yuri Petrowitsch. >Für Ihre Ausstellung<. Mach es bitte auf.« Vito tat es, und Sophie schnappte entzückt nach Luft. »Vito.« »Eine Puppe?«
»Eine Matrjoschka. Eine Schachtelpuppe.« »Ist sie wertvoll?«
»Vom Geldwert her nein.« Sie hob die oberen Hälfte der Puppe ab und fand eine weitere Nachricht darin, die ihre Kehle eng werden ließ. »Aber emotional betrachtet ist sie unbezahlbar. Sie hat seiner Mutter gehört. Sie ist eines der wenigen Dinge, die er aus Georgien mitgebracht hat, und er möchte sie mir für meine Kalter-Krieg-Ausstellung leihen. Er war gestern hier, um mir zu danken, aber ich hätte nie gedacht, dass er mir das hier überlassen würde.« »Wieso wollte er dir danken?«
»Ich habe ihm durch Barbara aus der Bücherei einen sehr guten Wodka geschickt. Die Flasche stand in Grans Bar und war noch ungeöffnet. Ich dachte, er könnte eher etwas damit anfangen als ich.«
»Du hast ihn damit anscheinend beglückt, Sophie Alexandrowna.« Er küsste sie sanft. »Und mich beglückst du auch.«
Sie schob die Puppe lächelnd in die Schachtel zurück. »Brauchst du eine Führung?«
»Leider keine Zeit. Aber«, sagte er, wieder ernst, »du solltest mir zeigen, wo du Simon gesehen hast.« Sophie führte ihn zu der Wand mit den Fotos des ersten Ted Albright. »Hier hat er gestanden.« Vito nickte. »Und was genau hat er gesagt?« Sie wiederholte es. Und schüttelte dann nachdenklich den Kopf. »Was ist?«
»Ich musste gerade an etwas denken.« Er wartete, und sie fuhr fort. »Eine Geschichte über Annie Oakley, die Kunstschützin. Einmal hat sie für die gekrönten Häupter Europas eine Vorführung gegeben, sich einen Freiwilligen aus dem Publikum gesucht und ihm von der Zigarre in seinem Mund die Asche abgeschossen. Das war der Mann, der später Kaiser Wilhelm wurde. So weit die Tatsachen. Weiter erzählt man, dass Annie später behauptete, sie hätte am liebsten daneben geschossen, denn dann hätte sie vielleicht den Ersten Weltkrieg verhindern können.« »Eher nicht«, sagte Vito. »Den Krieg hat nicht nur ein einzelner Mensch begonnen.«
»Nein, sicher nicht. Aber ich kann mir in etwa vorstellen, wie Annie sich gefühlt haben muss. Als ich diesem Simon begegnete, war ich gerade mit der Wikingerführung fertig«, sagte sie leise. »Ich hatte die Streitaxt auf der Schulter, und als er mich ansah, habe ich die Axt automatisch fester gepackt. Ich hatte plötzlich Angst. Natürlich habe ich den Impuls unterdrückt, aber ich wünschte, ich hätte es nicht getan.«
Vito nahm sie an den Schultern und drehte sie zu sich. »Die Morde, die er schon begangen hat, kannst du nicht rückgängig machen. Und stell dir vor, du hättest mit dem Bild von der Axt in seinem Kopf leben müssen. Wir kriegen ihn schon. Und dann kannst du ihn dir hinter Gittern ansehen, okay?«
»Okay«, murmelte sie. Aber sie fand den Gedanken an die Axt im Kopf dieses Ungeheuers ganz und gar nicht so abstoßend.
Freitag, 19. Januar, 8.00 Uhr
Vito warf die Schachtel mit Donuts
Weitere Kostenlose Bücher