Todesschrei
konnte sich nicht erinnern. Sie war so müde, und die Furcht schnürte ihr die Kehle zu.
»Sag mal, was hältst du von Marie Antoinette? Mit Kopf natürlich.« Er strich ihr mit den Fingern über die Kehle. Sie zuckte zusammen, und er lachte. »Mach die Augen auf, Sophie.«
Sie gehorchte und betete, dass es nicht Ted war. Ein Gesicht hing dicht über ihr, breitknochig, hart. Der kahle Schädel glänzte. Er hatte keine Augenbrauen. »Buh«, flüsterte er, und sie zuckte erneut zusammen. Aber es war nicht Ted. Gott sei Dank.
Aber die Erleichterung war nur von kurzer Dauer. »Dein Spielchen ist jetzt vorbei, Sophie. Interessiert es dich denn nicht, was ich mit dir vorhabe?« Er schnallte sie vom Tisch ab, löste aber die Fesseln nicht.
Sie hob das Kinn und blickte sich um. Entsetzen packte sie. Da stand der Stuhl, wie sie ihn im Museum gesehen hatte. Sie sah die Streckbank und einen Tisch mit all den antiken Gerätschaften, die der Mann benutzt hatte, um so viele Menschen grausam zu ermorden. Als sie an sich herabblickte, entdeckte sie, dass sie ein Kleid trug, cremeweißer Samt, purpurfarben gesäumt. Der Gedanke, dass er sie angefasst, ausgezogen hatte ... sie musste sich zusammenreißen, um nicht das Gesicht zu verziehen. »Gefällt's dir? Das Kleid?«
Sie sah auf und begegnete seinem Blick, in dem amüsierte Geduld zu lesen war. Er schien keinerlei Angst, keine Sorge zu haben, dass man ihn stören würde. »Auf dem hellen Samt macht sich Blut besonders gut.« »Es ist zu klein«, sagte Sophie kalt, stolz auf sich, dass ihre Stimme nicht zitterte.
Er zuckte die Achseln. »Es war für jemand anderen gedacht. Ich musste es ändern, aber ich hatte nicht viel Zeit.«
»Sie können nähen?«
Er lächelte. »Ich habe sehr viele Talente, Dr. Johannsen, und eines davon ist mein enormes Geschick, mit Nadeln und anderen spitzen und scharfen Instrumenten umzugehen.«
Sie presste die Kiefer zusammen, ließ aber das Kinn erhoben. »Was haben Sie mit mir vor?«
»Nun, im Grunde hast du mich darauf gebracht. Ich hatte etwas ganz anderes geplant, bis ich dich und deinen Chef im Museum reden hörte. Über Marie Antoinette, falls du dich erinnerst.«
Sophie musste sich anstrengen, ihre Stimme kalt klingen zu lassen. »Oh, überspringen wir plötzlich ein paar Jahrhunderte?«
Er lächelte. »Mit dir wird es mir besonderen Spaß machen, Sophie. Eine Guillotine habe ich nicht bekommen, da hast du quasi noch einmal Glück gehabt. Und natürlich ziehe ich es vor, das Ganze etwas mittelalterlicher zu gestalten.« Sein Lachen ließ Sophie das Blut in den Adern gefrieren. Es war ein hässliches Geräusch, heiser und ... bösartig. Bösartig.
Anna.
»Sie haben versucht, meine Großmutter umzubringen.«
»Aber, Sophie. Es gibt keinen Versuch. Es gibt nur Sieg oder Niederlage. Sicher habe ich deine Großmutter getötet. Ich schaffe immer, was ich mir vorgenommen habe.« Die Woge des Kummers, der sie zu überschwemmen drohte, war kaum zurückzudrängen. »Sie mieses Schwein.« »Na, na, bitte kontrolliere doch dein Vokabular. Du bist die Königin.« Er trat zurück, und sie sah ein sauberes weißes Tuch, das über zwei Pfählen drapiert war. Er zupfte ein wenig daran, und sie erkannte, dass die Pfähle eigentlich Mikrofonständer waren. Mit dramatischer Geste zog er das Tuch ganz beiseite und enthüllte ein Podest, das von einem niedrigen weißen Zaun eingegrenzt war. In der Mitte der Plattform stand ein Block, der oben eine Mulde besaß. Und mit Blut befleckt war. »Na?«, sagte er. »Wie findest du das?« Einen Moment lang konnte sie nur darauf starren. Ihr Gehirn weigerte sich zu verarbeiten, was sie sah. Das war doch Wahnsinn. Konnte nicht wirklich geschehen. Nicht mit ihr geschehen. Aber das hatten die anderen sicher auch gedacht - Warren, Brittany, Bill ... und Greg. Sie hatten unter Simon Vartanians Händen gelitten. Und er würde seinen schrecklichen Plan in die Tat umsetzen, daran bestand kein Zweifel.
Sie versuchte sich zu erinnern, was sie über Vartanian erfahren hatte, doch nur Gregs Schreie hallten in ihrem Kopf wider. Der Block war blutig. Er hatte Greg die Hand abgeschnitten. Ein Schluchzen stieg in ihrer Kehle auf, und sie biss sich auf die Zunge, um es zu unterdrücken. Simon Vartanian war kein Mensch - er war eine Bestie. Ein Psychopath, der nach Macht gierte. Nach Dominanz. Sie konnte sein Spiel nicht mitspielen. Sie würde seine Gier nicht stillen. Sie würde die Coole spielen, auch wenn sie glaubte, sich vor
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