Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
bin aber durch den Hintereingang hineingegangen, wo keine Kamera hängt, nur dass Sie das wissen.«
Rebekka sah Steffen an, der eine gefühlte Ewigkeit zurückstarrte, bevor er den Blick niederschlug.
»Mir macht das alles zu schaffen«, meinte Steffen und blickte sie gequält an. Was würde jetzt kommen? Ein Geständnis?
»Es macht mir zu schaffen, dass Fie verschwunden ist, schon allein wegen meiner Arbeit. Ich bekomme schließlich Geld dafür, dass ich auf die Jugendlichen hier im Kontra achtgebe, und dann versage ich an der Heimatfront. Ich kann nicht mal auf meine eigenen Kinder aufpassen.«
Steffens Stimme war belegt vor Erregung, und er verbarg das Gesicht in den Händen.
Rebekka und Reza warteten, bis er die Fassung wiedererlangt hatte, doch sein plötzlicher Stimmungsumschwung verwirrte Rebekka erneut. Warum verhielt er sich so? Ihr gingen allmählich die Ideen aus. Sofie war von Verdächtigen umgeben, und trotzdem fiel es den Ermittlern schwer, etwas Konkretes zu finden, womit sie sie festnageln konnten.
Steffen brachte sie zum Auto. Die jungen Männer standen noch genauso wie bei ihrer Ankunft in der Nachmittagssonne, die flimmerte und lange, dunkle Schatten auf den hellgrauen Asphalt warf.
—
Brodersen leitete die nachmittägliche Einsatzbesprechung. Sein kurzes, stahlgraues Haar war wie üblich streng nach hinten gekämmt, das Hemd sauber und faltenfrei und passte zu dem frisch gebügelten Jackett, doch trotz seines perfekten Äußeren konnte der Chef der Mordkommission die Müdigkeit in seinem Gesicht nicht verbergen. Rebekka hatte ein Gerücht gehört, dass Brodersens Frau wieder an Brustkrebs erkrankt und dass das der Grund dafür sei, dass er sich anderthalb Jahre früher als vorgesehen von seinem Posten als Chef der Mordkommission zurückziehen wollte. Das Gerücht war von Brodersen selbst nicht bestätigt worden, und Rebekka wollte ihn nicht fragen. Sie vertraute darauf, dass er sie und den Rest der Abteilung informieren würde, wenn und falls das notwendig sein sollte.
Gundersen stand neben Brodersen, sein rotwangiges Gesicht war verbissen, und Rebekka nahm an, dass er vor Wut kochte, weil er sowohl Allan Larsen als auch Bo Olsen hatte gehen lassen müssen. Die Ermittlung stagnierte mit anderen Worten, und unter den Ermittlern machte sich eine beginnende Erschöpfung breit. Es war jetzt zweieinhalb Tage her, dass Sofie Kyhn Larsen spurlos vom Naturspielplatz verschwunden war, und trotz der umfangreichen Berichterstattung seitens der Presse und den zahlreichen Hinweisen aus der Bevölkerung waren sie einer Aufklärung, wo das Kind steckte, keinen Schritt näher gekommen. Gleichzeitig wuchs die Angst, dass das Kind einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein könnte.
Rebekka beobachtete ihre Kollegen. Simonsen verschickte eifrig SMS , während er gleichzeitig in regelmäßigen Abständen seinem Kollegen Jonas etwas zuflüsterte, einem gut aussehenden, jungen Typen mit dunklem Haar und leuchtend blauen Augen, der, wie sie wusste, jedes Mal, wenn er das Vorzimmer betrat, die nicht mehr ganz jungen Sekretärinnen glücklich machte, die sich an ihm nicht sattsehen konnten. Reza wippte mit verschränkten Armen ungeduldig auf seinem Stuhl herum, während er seinen Chefs zuhörte, die sich dabei abwechselten, die ereignislosen Ereignisse des Tages zusammenzufassen. Er hatte abgenommen, dachte Rebekka plötzlich und ließ ihren Blick über den Körper ihres Partners wandern. Reza aß gern, genau wie sie selbst, und konnte sich richtiggehend für Essen begeistern. Er hegte eine besondere Vorliebe für die persische Küche und ließ sich gern mit Begeisterung darüber aus. Deshalb hatte er, so lange Rebekka ihn kannte, einen Bauch gehabt, der sich nicht verbergen ließ, obwohl er es mit lose sitzenden Hemden eifrig probierte. Doch jetzt war der Bauch weg, das Gesicht war schlanker, was die dunklen Augen noch größer erscheinen ließ.
Rebekkas Blick wanderte zurück zu Simonsen und Jonas, die über irgendetwas kicherten. Jonas drehte ihr das Gesicht zu, und einen kurzen Moment trafen sich ihre Blicke, bevor Rebekka in ihrer Tasche schnell nach etwas sehr Wichtigem suchte.
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Rebekka war todmüde, als sie das Präsidium verließ und in ihre Wohnung im Valbygårdsvej fuhr. Sie betrachtete sich kurz im Rückspiegel. Die Sonnenbräune, die sie sich im Sommerhaus in Veddinge Bakker zugelegt hatte, war in nur wenigen Tagen verschwunden. Stattdessen starrten sie ein Paar große, matte Augen aus einem
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