Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
von drinnen zu hören. Bo nahm an, dass es Sørens Zimmer war. Er spürte in der Dunkelheit Steffens Erregung, spürte seinen massigen Körper vibrieren. Hassan und der andere Typ gingen weiter ins Wohnzimmer und begannen, die Möbel umzuwerfen. Es wurde laut. Bo eilte zu der Tür gegenüber, öffnete sie einen Spalt breit und hätte sich beinahe übergeben, als ihm ein Gestank nach Urin und etwas anderem Undefinierbaren entgegenschlug. Eine Gestalt drehte sich im Dunkeln im Bett und grunzte leicht. Bo hielt den Atem an und lauschte. Bald darauf wurde der Atem der Person wieder regelmäßig.
Bo ließ das Licht der Taschenlampe durch das Zimmer wandern, er sah kein Telefon. Er wartete kurz, schlich sich hinaus und schloss die Tür leise hinter sich. Aus dem ersten Zimmer war eine Reihe halb erstickter Schreie zu hören und aus dem Wohnzimmer ein lautes Scheppern. Bo sah durch den Türspalt. Möbel waren umgeworfen, DVD s lagen durcheinander auf dem Boden, der Fernseher war zertrümmert und das Sofa aufgeschnitten. Als er einen Schritt vorwärts machte, knirschte eine DVD unter seinen Schuhen. Hassan sprayte in großen, schwarzen Buchstaben Schwein auf die Tapete. Als er ihm das Gesicht zuwandte, leuchteten Hassans Augen in den Löchern der Mütze wie die eines Raubtiers, und Bos Herz schlug hart und schnell unter seinem T-Shirt.
Plötzlich zerriss ein lauter Schrei die Luft, und Steffen kam aus dem ersten Zimmer gestürzt, während er mit etwas herumfuchtelte, das wie ein Kuhbein aussah. Die Schreie drinnen hielten an, laut und klagend.
»Beeilt euch, verdammt. Die Nachbarn hören uns. Wir hauen ab.«
Alle liefen zur Wohnungstür, polterten die Treppe hinunter und sprinteten über die Straße zum Park. Sie liefen weiter, bis sie bei Bos Wohnung waren.
»Meine Fresse, dem hab ich’s aber gegeben.« Steffen lachte laut. Sie waren gerade zur Tür herein, noch immer außer Atem, und das Adrenalin pumpte durch ihre Körper. Bo schaltete das Licht an und bekam einen Schock. Steffens Gesicht war nass von Blutspritzern, genau wie sein T-Shirt und seine Jacke. Bo stützte sich einen Augenblick an der Wand ab, der zweite junge Mann lachte laut und sagte auf Arabisch etwas zu Hassan. Der nickte und klopfte Steffen auf die Schulter. Bo schwieg und starrte das Blut und seinen großen Bruder an, der in dem ganzen Rot weiß lächelte.
»Hast du nichts, was du den Jungs anbieten kannst?« Steffen sah ihn auffordernd an, und Bo zuckte mit den Schultern, ging in die kleine Küche, öffnete den Kühlschrank und starrte in die kühle Leere. Dann holte er ein paar Bier und zwei Gramm Hasch aus dem Besenschrank und drehte einen Joint. Die jungen Typen zogen begierig daran, während Bo ihnen zusah. Nach einer Weile trat Steffen ins Wohnzimmer, er hatte sich gewaschen und eins von Bos T-Shirts angezogen.
»Ich habe meine Sachen in die Sporttasche zu dem anderen Zeug gesteckt und die Tasche ganz oben in deinem Schlafzimmerschrank versteckt. Du musst sie so schnell wie möglich loswerden.«
»Warum machst du das nicht selbst?«, erdreistete Bo sich zu fragen.
Steffen sah ihn höhnisch an. »Das verstehst du doch wohl, oder? Als Fies Vater bin ich am ehesten verdächtig. Sag mal, muss ich dir alles haarklein erklären, damit du es kapierst?«
Bo ballte die Fäuste, als Steffen sich als Vater von Sofie bezeichnete. »Du hast doch kein Alibi«, machte er weiter. »Sie werden dich verhaften.«
Steffen klopfte ihm hart auf die Schulter. »Entspann dich, Bruderherz. Ich habe alles unter Kontrolle. Vibs gibt mir ein Alibi. Das haben wir abgesprochen, die Polizei weiß von unserem Verhältnis. Komm, lass uns auch mal an dem Joint ziehen, bevor sie ihn aufgeraucht haben.«
Die Musik spielte leise, und das Wohnzimmer war mittlerweile neblig von Rauch. Der Joint ging herum, und bald wurde auch Bo ruhiger. Die Morgensonne ging hellrot zwischen den Dächern auf, die Dunkelheit verzog sich langsam.
Erst als die anderen gegangen waren und Bo auf seiner Matratze lag, kehrten die Ereignisse der Nacht zurück. Er schloss die Augen fest und versuchte die Bilder zu verbannen, was ihm auch gelang, nur der Klang von Søren Thomsens Schreien ließ sich nicht fortschieben und hallte in seinen Ohren wider, endlos.
—
»Søren Thomsen ist zusammengeschlagen worden. Er liegt auf der Intensivstation. Es sieht ganz so aus, als ob ein Schlägertrupp ihn sich vorgenommen hätte. Die gesamte Einrichtung ist zertrümmert, und auf der Tür und in der Wohnung
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