Todessommer: Thriller (Rebekka Holm-Reihe) (German Edition)
der den Mord an Fie gestanden hat, ist freigelassen worden. Sie meinen, dass er es doch nicht war. Sie haben ihn einfach gehen lassen. In seine Wohnung zurückgehen lassen, damit er noch mehr Mädchen umbringen kann. Und jetzt ist wieder ein Mädchen verschwunden!«, rief Steffen.
»Was? Woher weißt du das?«
»Aus den Nachrichten. Ekstra Bladet hat bei mir angerufen. Die wollten einen Kommentar. Einen Kommentar. Ich sollte denen einen Kommentar dazu liefern, verdammt. Das Schwein muss kastriert werden, und das mach ich gern!«
Steffen lief der Speichel aus dem Mund, und seine Augen hatten denselben wilden Ausdruck, an den Bo sich von früher erinnerte. Sein Bruder stand kurz vor einem Kurzschluss, was ihn unberechenbar machte. Bo schluckte. Er war noch immer benommen von dem abrupten Aufwachen. Sein Bruder versetzte ihm einen Stoß.
»Zieh dir was an. Wir müssen los.«
»Wohin?«
»Wir statten dem Einfaltspinsel einen Besuch ab und geben es ihm.«
»Nein, Steffen.« Bo streckte die Hand nach seinem Bruder aus, bekam sein T-Shirt zu fassen und spürte den warmen, pulsierenden Körper unter der Baumwolle. »Nein, Steffen«, wiederholte er, »das ist zu gefährlich. Es ist doch gar nicht sicher …«
»Doch, das ist es. Komm jetzt. Du bist mein Bruder. Vergiss das nicht.«
Steffen schlug Bos Arm weg. Einen Augenblick standen sie einfach nur da und starrten sich an. Schließlich senkte Bo den Blick und ließ die Schultern hängen.
»Komm jetzt«, wiederholte Steffen. »Du siehst aus wie ein Junkie, so wie du da stehst. Und du stinkst.«
Bo nickte ernst. Er war in gewisser Weise ein Junkie. Vielleicht sogar ein stinkender Junkie. Aber er war kein Gewalttäter. Er trottete ins Schlafzimmer, fischte seine Jogginghose aus einem Kleiderhaufen auf dem Boden, zog sie an und steckte die nackten Füße in die Sportschuhe. Er nahm seine Jacke vom Haken und vergewisserte sich, dass die Schlüssel in der Tasche steckten und die Zigaretten ebenfalls. Dann nickte er Steffen kurz zu, bevor sie zusammen aus der Tür verschwanden.
Unten vor dem Haus standen zwei junge Männer aus dem Klub Kontra und warteten auf sie. Bo erkannte sie nicht gleich, ihre Gesichter waren zum Teil von Schirmmützen verdeckt. Sie begrüßten ihn mit einem kurzen Nicken. Der eine trug eine Adidas-Tasche über der Schulter. Sie sah schwer aus. Entschlossen gingen sie die Straße hinunter. Bo ging einfach mit. Es brachte nichts, Fragen zu stellen, er wollte ohnehin nichts wissen, nicht mehr als nötig involviert werden.
Die Straßen waren dunkel und glänzten in der Nacht, es hatte geregnet, und die Luft fühlte sich kühl auf der Haut an. Zehn Minuten später erreichten sie ein größeres, älteres Mietshaus. Steffen blieb stehen und zeigte zu ein paar Fenstern hoch, die alle dunkel waren.
»Da oben wohnt er. Dritter Stock links. Mit seiner alten, kranken Mutter. Er ist leicht zu überwältigen. Er ist klein und fett. Ich habe Handschuhe für uns alle.« Steffen gab jedem von ihnen ein Paar, das sie schnell überzogen. Dann nickte er einem der jungen Männer zu. »Und, Hassan, kommst du mit dem Schloss klar?« Der Typ, der Hassan hieß, nickte, und wenige Sekunden später war die Tür zum Treppenhaus offen.
Sie schlichen die Treppe hoch. Es roch schwach nach Schimmel und Essen. Auf dem Absatz öffnete der andere junge Mann die Tasche und zog ein paar keulenähnliche Gegenstände heraus. Steffen drückte ihm einen Hammer in die Hand, das Eisen fühlte sich durch den Handschuh kühl an. Dann war ein kratzendes Geräusch zu hören. Steffen schrieb etwas auf die Tür in der dritten Etage links. Bo kniff die Augen im Dunkeln fest zusammen. Der, der Hassan hieß, leuchtete mit einer Taschenlampe. Pädoschwein stand da. Bo spürte seinen Puls schneller werden. Währenddessen machte sich der andere Typ an der Tür zu schaffen, die kurz darauf lautlos aufglitt. Ein scharfer, stickiger Geruch schlug ihnen entgegen, als sie eintraten, und die beiden jungen Männer konnten es nicht lassen, Brechlaute von sich zu geben. Steffen wies sie an, still zu sein, woraufhin sie verstummten.
Unter Steffens lautlosen Anweisungen bewegten sie sich durch die Diele. Er wollte sich selbst um Søren kümmern, wenn Bo es richtig verstanden hatte, die jungen Burschen sollten nur das Inventar zerschmettern, und Bos Aufgabe bestand darin, sich zu vergewissern, dass die alte Mutter nicht per Telefon Hilfe orderte.
Steffen öffnete die erste Tür. Ein lautes Schnarchen war
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