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Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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liefen rum wie aufgescheuchte Hühner und wedelten mit den Armen, bis dann schließlich die Feuerwehr kam …«
    »Rosalind Welsh arbeitet bei der National Security Agency«, unterbrach LuEllen ungeduldig meine ausufernde Schilderung. »Sie ist Sicherheitsexpertin, kein Computerfreak. Sie hat fünfzehn Pfund zu viel um die Taille, und sie glaubt, Kidds Name sei Bill Clinton.«
    »Hmmm«, grunzte John. »Klingt großartig …«
    Wir entschlossen uns, die Sache gleich zu erledigen – ich besaß alle Telefonnummern von Rosalind Welsh, sofern sie nicht inzwischen umgezogen oder verstorben war, und ich war sicher, dass sie sich freuen würde, von mir zu hören. Aber zuerst mussten wir einen »Radio-Shack« finden – einen Laden für Rundfunkzubehör.
    Wenn es solche Läden nicht gäbe, wäre ich wahrscheinlich kein abgebrühter Krimineller und leidlich begabter Maler geworden, sondern ein sanftmütiger Seelenhirte oder so was. Aber es gibt Radio-Shacks, und am Ende unserer entmutigenden Lagebesprechung sah ich auf die Uhr und erkannte, dass ich noch zwanzig Minuten Zeit bis zum Ladenschluss hatte.
    Glücklicherweise gibt es in New Orleans und Umgebung so viele Radio-Shacks wie Bluessänger; ich marschierte fünf Minuten vor der Schließung durch die Tür meines Lieblingsladens aus den Zeiten der Aufenthalte in meiner Eigentumswohnung, und ich bekam alles, was ich brauchte: ein aufschraubbares Grundplatten-Verbindungsstück Typ N mit einer angeflanschten Schraubenmutter für den Anschluss, eine kleine Rolle Zwölfer-Kupferdraht, eine Stange Lötmetall, ein geflochtenes Verbindungskabel Typ N mit Verbindungsschraube
an einem Ende sowie, jeweils in der billigsten Ausgabe, einen Lötkolben, eine Drahtschere und ein Maßband. Schließlich schleppte ich alles zur Kasse.
    Der Verkäufer erkannte mich als ehemaligen Stammkunden. Er warf einen Blick auf meinen Einkauf, tippte die Preise ein, fragte fröhlich: »Sie geh’n ein bisschen auf Kriegspfad, hmm?«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte ich und schob ihm das Geld hin.
    »Na, Sie wissen doch …« Der junge Mann war zu schnell gewachsen und dabei zu dünn geblieben, und er hatte zu Tagesbeginn allerhöchstens zwölf Sekunden für die Morgentoilette aufgewendet. »Na ja, vielleicht brauchen Sie ja keine goldene Lucent-Karte …«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
    »Ich meine neunzig Dollar«, antwortete er.
    Ich nahm zwei Fünfziger-Scheine aus der Brieftasche. Lucent-Karten sind Spezialchips für den Laptop, mit denen man kabellos ins Internet gehen und bei Wi-Fi-Funkverkehr eine erhöhte Empfangsempfindlichkeit erreichen kann. Der junge Mann verschwand kurz durch eine Tür, kam dann mit einer Lucent-Karte zurück; sie steckte in einem Reißverschlussbeutel, in dem bestimmte Leute meines Wissens Marihuana oder Kokain aufbewahren – andere vielleicht auch Erdnusskerne oder getrocknete Himbeeren oder sonstige gesunde Dinge. Er gab mir den Beutel, ich gab ihm die beiden Scheine, sagte: »Behalten Sie den Rest«, und er steckte die Scheine in seine Hemdtasche.
    »Neun Blocks weiter die Straße runter liegt ein durchgehend geöffneter Supermarkt, dort gibt’s Dosen-Rindfleischgulasch von der Firma Dinty Moore«, gab er mir für die zehn Dollar Trinkgeld noch einen Spezialtipp. »Ich kann Ihnen diese Dosen nur empfehlen. Sie sind bestens als Transmissionskörper
geeignet. Und in der Gegend von Tulane finden Sie die besten Funkbedingungen.«
    »Sie sind ein edler Fürst unter den Adligen dieser Welt«, sagte ich. »Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.«
    Habe ich schon erwähnt, wie großartig der Service in Radio-Shacks ist?
     
    Ich fuhr zu dem Supermarkt, kaufte eine Dose Dinty-Moore-Rindergulasch und einen Dosenöffner, fuhr zurück zum Motel und begann mit dem Bau der Funkantenne. Der schwierigste Teil bestand dabei darin, das kalte Gulasch durchs Klo zu spülen: Es wollte und wollte nicht in der Kanalisation verschwinden. John stand vor dem Klo, starrte mit verzerrtem Gesicht auf die Gulaschmasse in der Schüssel, drückte wieder und wieder auf die Spülung, knurrte: »Mann, ist das eklig . Sieht aus, als ob’s jemand echt schlecht geworden wär’.« Noch am nächsten Morgen zeigte sich ein breiter orangefarbener Ring in der Schüssel.
    Nachdem ich die Gulaschdose gesäubert hatte, ging ich online zu einer Antenne in der Nähe, machte mit dem Taschenrechner ein paar Berechnungen, und dann baute ich mithilfe des Lötkolbens eine hübsche kleine Wi-Fi-Antenne

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