Todesspiele
gerechnet werden?«, fragte Al.
»Wir werden natürlich keine Namen preisgeben«, sagte Chloe. »Ich nehme an, was Opfer von sexuellen Straftaten angeht, handhaben Sie es in New York ähnlich. Aber ein anderes Opfer, Gretchen French, hat eine Pressekonferenz angekündigt. Sie braucht wohl vor allem das Gefühl, die Initiative zu ergreifen.«
»Von ihr habe ich noch nie gehört«, sagte Susannah. »Nun, das wird sich jetzt ändern.« Sie stand auf und zupfte an ihrem engen kurzen Rock in der Hoffnung, ein paar Zentimeter mehr von ihren Schenkeln zu bedecken. »Wir sollten Agent Papadopoulos sein Büro zurückgeben. Und ich muss jetzt zu der Beerdigung aufbrechen. Ich wünschte, dass sie erst um zwölf stattfände, dann hätte ich noch Zeit gehabt, mir passende Sachen zu kaufen.« Chloe musterte sie prüfend. »Aber Sie sehen doch gut aus.«
»Ich sehe aus wie ein Teenager, aber ich habe nichts anderes, denn meine Sachen von gestern sind vollkommen ruiniert. Ich hätte gerne etwas Seriöseres. Ich meine, es ist immerhin eine Beerdigung, da fühle ich mich in diesem Outfit despektierlich.«
Chloe dachte nach. »Ich bin natürlich viel zu groß, daher kann ich Ihnen kein Kostüm von mir anbieten, aber ich habe ein kurzes, schwarzes Cocktailkleid, das Ihnen übers Knie reichen dürfte. Mit einem Gürtel sollte es gehen. Ich wohne nicht weit von hier. Wenn Sie wollen, laufe ich los und hole es Ihnen.«
Susannah setzte zu einer höflichen Ablehnung an, überlegte es sich dann aber anders. »Danke. Das wäre toll.« Als sie fort war, wandte sich Susannah an Al. »Vielen Dank, dass Sie da waren.«
»Ich wünschte, ich hätte wirklich alles gewusst. Dann wäre ich schon Jahre zuvor für Sie da gewesen.« »Entschuldigung.« Luke steckte den Kopf durch die Tür. »Ich sah Chloe gehen. Sind Sie fertig?« »Ja.« Sie erhob sich. »Luke, das ist mein Chef, Al Landers. Al, Special Agent Luke Papadopoulos. Er ist ein Freund meines Bruders Daniel.«
»Sie habe ich doch gestern im Hotelflur gesehen«, sagte Al, als sie sich die Hände gaben. »Was unternehmen Sie, um den Kerl in der schwarzen Limousine zu fassen?«
»Wir werden die Beerdigung videoüberwachen. Und wir werden uns mit dem Kerl unterhalten, der für den Mord an Darcy Williams verurteilt wurde.« »Ich kann ein Verhör arrangieren. Was ist mit dem anderen Kerl, Susannah?« Als Miene war grimmig. »Derjenige, der Ihnen das angetan hat? Kannte er Darcys Mörder?« Susannahs Wangen wurden rot. »Nein. Sie waren sich fremd.«
»Können Sie sich da sicher sein?«, fragte Luke, und die unausgesprochene Andeutung traf sie wie ein Schlag in die Magengrube.
»Das kann ich wohl nicht«, sagte sie. »Wie dumm sind wir nur gewesen?«
»Verdammt dumm«, sagte Al traurig. »Was haben Sie sich nur dabei gedacht?«
»Ich habe gar nicht gedacht.« Sie sah zur Seite und verschränkte die Arme vor der Brust. »Darcy arbeitete als Kellnerin im West Village, und ich war an der Uni. Einmal wollte ich in ihrem Laden etwas zum Mitnehmen holen, und wir kamen ins Gespräch. Bald merkten wir, dass wir eine ganze Menge gemein hatten. Beide hatten wir sehr negative Beziehungen zu unseren Vätern, beide hatten wir Mütter, die uns nicht beschützten. Darcy war mit vierzehn von zu Hause fortgelaufen, auf die schiefe Bahn geraten, hatte Drogen genommen - das ganze Programm.« »Und wessen Idee war es, sich mit den Männern zu treffen?«, fragte Al, und wieder wurden ihre Wangen heiß. »Darcys. Sie hasste Männer, und das tat ich schließlich auch. Darcy sah es als eine Art Rache. Sie wolle auch einmal die komplette Kontrolle haben, sagte sie. Sie wolle einmal diejenige sein, die mitten in der Nacht ohne ein freundliches Wort verschwand. Zuerst war ich von der Idee abgestoßen. Aber dann ... machte ich doch mit.« Das zweite Mal war es leichter gewesen. Das dritte Mal hatte ihr ein finsteres Vergnügen bereitet. Und ab dem vierten Mal ... allein der Gedanke daran beschämte sie. Al und Luke blickten sich an. »Was?«, fragte sie gereizt. »Vielleicht wurde Darcy auf Sie angesetzt«, sagte Luke, noch immer sanft. »Vielleicht sollte sie Sie kennenlernen.«
Susannah fiel die Kinnlade herab. »O mein Gott. Ich habe nie ...« Sie ließ die Arme an die Seiten sinken. »Das ist doch verrückt.«
»Fanden Sie es denn nie seltsam, dass beide Straftaten am gleichen Tag begangen wurden?«, fragte Al. Susannah stieß geräuschvoll den Atem aus. »Natürlich. Aber ich bin ja aus freien Stücken in das
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